STUTTGART (dpa/lsw) — Die Impfzen­tren sind seit langem bereit, die Hausärz­te wollen sich engagie­ren. Es fehlt allein der Impfstoff. Deshalb versam­melt Gesund­heits­mi­nis­ter Lucha Politi­ker und Verbän­de nun an einem Tisch. Alle schwö­ren sich ein auf Fairness, Tempo und besse­re Zeiten.

In der Hoffnung auf steigen­de Impfstoff­lie­fe­run­gen haben sich das Land, Ärzte, Sozial­ver­bän­de und die Kommu­nen auf eine gemein­sa­me Linie und eine faire Vertei­lung der Impfdo­sen im Land verstän­digt. Beim sogenann­ten Impfgip­fel beriet Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) am Freitag mit den rund 100 Konfe­renz­gäs­ten vor allem die prakti­sche Umset­zung des Impfens für die Zeit, in der die ersehn­ten Mengen an Impfstoff auch tatsäch­lich in den Regalen liegen werden. In ersten Reaktio­nen zeigten sich Ärzte und Kommu­nal­ver­bän­de zufrie­den mit den Gesprä­chen und zuversichtlich.

«Unser Ziel ist, bis zum Herbst jedem Erwach­se­nen in Baden-Württem­berg ein Impfan­ge­bot zu machen. Dafür brauchen wir alle Kräfte beim Impfen», sagte Lucha nach dem digita­len Austausch. In einem gemein­sa­men Papier verstän­di­gen sich die Gipfel-Teilneh­mer auf die wichtigs­ten drei Säulen der Kampa­gne: die Impfzen­tren, Arztpra­xen und Betriebs­ärz­te. «Ab Sommer sollen alle Teile der Impfkam­pa­gne unter Volllast laufen», versprach der Minis­ter. Arztpra­xen würden ab Mai «zu einer gleich­be­rech­tig­ten Säule» neben den Impfzen­tren ausge­baut. Um Betriebs­ärz­te in das Impfen einzu­be­zie­hen, sei zudem im Mai ein Modell­pro­jekt in den Justiz­voll­zugs­an­stal­ten geplant.

In der Erklä­rung verstän­dig­ten sich die Teilneh­mer des Gipfels auch darauf, den Impfstoff fairer zu vertei­len. Bislang werden die Impfzen­tren im Land gleich­mä­ßig belie­fert, also unabhän­gig von der Einwoh­ner­stär­ke eines Kreises. Dadurch sei in Zeiten des Mangels eine Unwucht entstan­den, hieß es. Die zentra­len Impfzen­tren sollten dies fair ausglei­chen, indem sie «im Rahmen des Mögli­chen» Impfdo­sen abgeben und ihre Mobilen Impfteams (MIT) einset­zen. Ziel sei es, die Impfquo­ten in allen Landes­tei­len anzugleichen.

«Maßgeb­li­che Krite­ri­en für diesen fairen Ausgleich können insbe­son­de­re Einwoh­ner­zahl, Impfquo­ten und das schnel­le und vollstän­di­ge Verimp­fen der gelie­fer­ten Dosen sein», heißt es in der Erklä­rung weiter. «Neben dem Bevöl­ke­rungs­an­teil soll dabei auch die vollstän­di­ge Verimp­fung der Impfstof­fe eine Rolle spielen», sagte Lucha. In den Impfzen­tren sollten keine unnöti­gen Vorrä­te angelegt werden. Als wahrschein­lich gilt auch eine stufen­wei­se Verlän­ge­rung des Betriebs in den Impfzen­tren bis August oder September.

Der Präsi­dent des Städte­tag, Peter Kurz, zeigte sich zufrie­den. «Wir haben jetzt eine gute Basis für die Koope­ra­ti­on», sagte der Mannhei­mer SPD-Oberbür­ger­meis­ter. «Wir brauchen den paral­le­len Hochlauf von Hausärz­ten und Impfzen­tren, auch um den unter­schied­lich guten Zugang zu den jewei­li­gen Quellen für die Impfstof­fe auszu­glei­chen.» Gemein­de­tags-Präsi­dent Steffen Jäger sprach von einer «Grund­la­ge für einen Schub in der Impfkam­pa­gne». «Jetzt brauchen wir aller­dings noch den dringend nötigen Impfstoff», fügte er hinzu. Das Land müsse vorbe­rei­tet sein auf die Zeit steigen­der Impfdo­sen. «Deshalb war es wichtig, dass man klare Zusagen abgibt für ein gemein­sa­mes Vorge­hen, ein Mitein­an­der und kein Gegeneinander.»

Auch der Präsi­dent des Landkreis­ta­ges, Landrat Joachim Walter aus Tübin­gen, äußer­te sich angetan. Vom Gipfel gehe ein deutli­ches Signal der Geschlos­sen­heit und Entschlos­sen­heit aus. Die Teilneh­mer und das Land hätten sich unter anderem auf eine stufen­wei­se Verlän­ge­rung der Impfzen­tren geeinigt. Außer­dem sollen Impfstof­fe in den Regio­nen fairer und der Einwoh­ner­stär­ke angemes­sen verteilt werden, sagte Walter mit Verweis auf das Gipfel­do­ku­ment. Der Chef des Klini­kums Stutt­gart, Jan Steffen Jürgen­sen, bezeich­ne­te das Ergeb­nis als «Schul­ter­schluss und wertschät­zen­de, gute Kommu­ni­ka­ti­on zur Motiva­ti­on aller Beteiligten».

Dagegen warf die opposi­tio­nel­le FDP dem Minis­ter vor, von seinem bishe­ri­gen Missma­nage­ments ablen­ken zu wollen. «Lucha selbst hat sich immer damit gebrüs­tet, wie gut alles organi­siert sei. Dann müsste jetzt nicht die Vertei­lung mit dem Ziel geändert werden, dass es keine unnöti­gen Vorrä­te mehr gibt», sagte der FDP-Gesund­heits­exper­te Jochen Haußmann. Die Erklä­rung zum Gipfel sei eine Ansamm­lung von Selbst­ver­ständ­lich­kei­ten und längst Bekann­tem. Auch Rainer Hinde­rer, der gesund­heits­po­li­ti­sche Sprecher der SPD-Frakti­on, zeigte sich enttäuscht: «Für mich brach­te das Ergeb­nis des Impfgip­fels wenig Neues», sagte er.

Bislang kommen Corona-Impfstof­fe nur stockend nach Baden-Württem­berg. Im April wird der Südwes­ten nach Angaben des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums pro Woche rund 300 000 Dosen Corona-Impfstoff erhal­ten. Es ist zudem unklar, welchen Umfang die Impflie­fe­run­gen ab Mai haben werden. Das Minis­te­ri­um hofft aber, dass die Progno­sen zutref­fen und deutlich mehr Impfstoff gelie­fert wird.