NEU DELHI (dpa) — Kurz nach der Bruch­lan­dung einer russi­schen Raumson­de auf dem Mond hat Indien eine sanfte Landung auf dem Erdtra­ban­ten geschafft. Nun will das Land die wenig bekann­te Südsei­te des Mondes erkunden.

Indien hat als viertes Land überhaupt eine sanfte Landung auf dem Mond geschafft. Die Mondson­de «Chandrayaan‑3» habe wie geplant auf dem Erdtra­ban­ten aufge­setzt, teilte die indische Weltraum­be­hör­de ISRO mit.

«Sanfte Landung auf dem Mond. Indien ist auf dem Mond», sagte der Chef der indischen Weltraum­be­hör­de ISRO, Sreed­ha­ra Panicker Somana­th, kurz danach. Es sei ein großer Sprung, sagte der vom BRICS-Gipfel in Südafri­ka zugeschal­te­te Premier­mi­nis­ter Naren­dra Modi. Eine sanfte Mondlan­dung war zuvor nur der Sowjet­uni­on, den USA und China geglückt.

Ziel: Südsei­te des Mondes

Die Sonde war am 14. Juli von der Satish Dhawan Space Stati­on im Bundes­staat Andhra Pradesh gestar­tet. Sie hatte zunächst die Erde umkreist und war dann in eine Mondum­lauf­bahn gewech­selt. Mit der unbemann­ten Missi­on will Indien die kaum unter­such­te Südsei­te des Mondes rund zwei Wochen lang erfor­schen. «Chandra­ya­an» bedeu­tet «Mondfahr­zeug» auf Sanskrit.

Trivi­al ist eine Mondlan­dung nicht: Der Erdtra­bant ist übersät mit Trümmern von Missio­nen, die schei­ter­ten. Zuletzt passier­te das auch der ersten russi­schen Mondmis­si­on seit rund einem halben Jahrhun­dert: Die Raumson­de «Luna-25» sei am Samstag auf dem Mond zerschellt, hatte die russi­sche Raumfahrt­be­hör­de Roskos­mos in Moskau mitge­teilt. Auch «Luna-25» hätte eine Region am Südpol unter­su­chen sollen.

Indiens erster Lande­ver­such auf dem Mond war ebenfalls misslun­gen: Vor vier Jahren krach­te das Lande­mo­dul bei der Missi­on «Chandrayaan‑2», die wie die jetzi­ge aus einem Orbiter, einem Lander und einem Rover bestand, auf die Oberflä­che des Erdtra­ban­ten. Später teilte die Weltraum­be­hör­de mit, dass es während der Annähe­rung an den Mond Proble­me mit dem Bremsen gab. Der Orbiter umkreist aber bis heute den Mond.

Für die jetzi­ge Missi­on seien Anpas­sun­gen vorge­nom­men worden, um die Proble­me der Vorgän­ger­mis­si­on zu beheben, hieß es von der ISRO. Die erste Sonde «Chandrayaan‑1» war 2008 gestar­tet und hatte den Mond umkreist, ohne auf ihm zu landen.

«Solche Missio­nen sind zukunftsgerichtet»

Mit der Missi­on «Chandrayaan‑3» will Indien unter anderem mehr über gefro­re­nes Wasser auf dem Mond heraus­fin­den, das auf und unter der Mondober­flä­che nachge­wie­sen wurde. Solches Eis könnte unter anderem bei künfti­gen bemann­ten Mondmis­sio­nen von Nutzen sein.

«Solche Missio­nen sind zukunfts­ge­rich­tet», sagte Ajey Lele vom Manoh­ar Parri­kar Insti­tu­te for Defence Studies and Analy­ses in der indischen Haupt­stadt Neu Delhi. «Man muss heute begin­nen, wenn man sein Ziel in zwei, drei Jahrzehn­ten errei­chen will.»

Indiens Weltraum­pro­gramm hatte in den 1960er Jahren begon­nen. In den ersten Jahrzehn­ten lag der Fokus vorwie­gend darauf, Satel­li­ten günstig ins All zu beför­dern. Inzwi­schen hat Indien ehrgei­zi­ge­re Ziele. Zuletzt wurde zudem bei einem Besuch von Indiens Premier­mi­nis­ter Naren­dra Modi bei US-Präsi­dent Joe Biden eine verstärk­te Zusam­men­ar­beit in Sachen Raumfahrt angekündigt.

Die Erfor­schung des Erdtra­ban­ten hatte in den 1950er Jahren während des Kalten Krieges als hitzi­ger Wettbe­werb zwischen den USA und der ehema­li­gen Sowjet­uni­on begon­nen. Die Sowjets lande­ten 1959 mit einer unbemann­ten Sonde auf der Mondober­flä­che. Den USA gelang zehn Jahre später mit «Apollo 11» die erste bemann­te Missi­on. Vor zwei Jahren schick­te China eine Kapsel zum Mond und holte Gesteins­pro­ben. Im Zuge des «Artemis»-Projekts der USA sollen demnächst wieder Menschen zum Mond fliegen.

Inzwi­schen versu­chen zudem nicht nur staat­li­che Raumfahrt­agen­tu­ren, sondern auch Privat­un­ter­neh­men, auf dem Mond zu landen. Eine solche privat finan­zier­te Mondlan­dung war im April geschei­tert: Die Sonde «Hakuto‑R» der japani­schen Raumfahrt­fir­ma Ispace stürz­te unkon­trol­liert auf den Mond. Zuvor waren andere priva­te Mondmis­sio­nen ebenfalls geschei­tert. Demnächst wollen sich zwei ameri­ka­ni­sche Firmen — Astro­bo­tic und Intui­ti­ve Machi­nes — unabhän­gig vonein­an­der an einer priva­ten Mondlan­dung versu­chen. Motiva­ti­on ist der poten­zi­ell gewinn­brin­gen­de kommer­zi­el­le Trans­port von Gütern zum Mond.