Die Zahl der Covid-19-Patien­ten steigt wieder. Dies bringt Inten­siv­sta­tio­nen an die Belastungsgrenze.

Deutsch­lands Inten­siv­ärz­te fordern angesichts steigen­der Corona-Zahlen eine sofor­ti­ge Rückkehr in den Lockdown. So könne eine starke dritte Welle verhin­dert werden, sagte Chris­ti­an Karagi­ann­idis von der Deutschen Inter­dis­zi­pli­nä­ren Verei­ni­gung für Inten­siv- und Notfall­me­di­zin am Montag.

Er forder­te im rbb, die Länder sollten vor allem die beschlos­se­ne Notbrem­se durch­set­zen, wenn es mehr als 100 Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner binnen sieben Tagen gibt. Dies würde etwa bedeu­ten, den Einzel­han­del und Friseu­re wieder zu schlie­ßen. Doch es gibt Abwei­chun­gen von dieser Vereinbarung.

Die Bundes­re­gie­rung rief die Länder ebenfalls eindring­lich zur Einhal­tung der beschlos­se­nen Notbrem­se auf. «Wir müssen den Beschluss vom 3. März umset­zen, nicht nur in seinen erfreu­li­chen Passa­gen, sondern eben auch in seinen schwie­ri­gen», sagte Regie­rungs­spre­cher Steffen Seibert. Zustän­dig seien die Länder. Die Bundes­re­gie­rung stehe zu diesem Beschluss. Unter anderem zwei Landkrei­se in Branden­burg hatten angekün­digt, trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 keine schär­fe­ren Corona-Regeln einführen.

Seibert sagte weiter: «Wir erken­nen als Bundes­re­gie­rung die Gefähr­lich­keit der jetzt herrschen­den Situa­ti­on an, und das sollte jeder. Steigen­de Inziden­zen, steigen­de Fallzah­len, insbe­son­de­re auch in der jünge­ren Bevöl­ke­rung, kein Rückgang mehr der Belegung der Inten­siv­bet­ten — das sind ungute Entwick­lun­gen, auf die wir alle zusam­men reagie­ren müssen.»

Zu Wochen­be­ginn stieg die Zahl der binnen sieben Tagen gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­ner zum fünften Mal in Folge deutlich — und lag bundes­weit bei 82,9 (Vortag: 79,1). Einen solchen Wert hatte es zuletzt am 3. Febru­ar gegeben. Danach war die Inzidenz noch einige Zeit gesun­ken, ein Tiefstand wurde mit 56,8 am 19. Febru­ar erreicht. Auch die Zahl der Neuin­fek­tio­nen lag am Montag mit 6604 regis­trier­ten Fällen deutlich höher als vor einer Woche, als 1600 Fälle weniger gemel­det wurden.

Auch die Entwick­lung der sogenann­ten Repro­duk­ti­ons­zahl berei­tet Sorgen. Der R‑Wert lag laut Lagebe­richt des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) vom Sonntag­abend bei 1,19. Das bedeu­tet, dass 100 Infizier­te rechne­risch 119 weite­re Menschen anste­cken. «Entschei­dend ist, dass die Anste­ckungs­ra­te nicht über den sogenann­ten R‑Wert von etwa 1,2 steigt», hatte Karagi­ann­idis zuletzt gesagt. Sonst werde es kritisch.

Vor dem Hinter­grund der steigen­den Zahlen hoffe Karagi­ann­idis, dass die Länder die beschlos­se­ne Notbrem­se ab dem Inzidenz­werts von 100 durch­set­zen. Bund und Länder hatten bei Überschrei­ten der Grenze eine Rückkehr in den Lockdown verein­bart. Aber: Nicht alle Städte halten sich an die Vereinbarung.

Auch das rhein­land-pfälzi­sche Pirma­sens etwa zog die Notbrem­se nur mit halber Kraft, obwohl die Sieben-Tage-Inzidenz dort seit mehr als drei Tagen bei über 100 liegt. Zwar gelten seit Montag stren­ge­re Regeln wie zum Beispiel eine Kontakt­be­schrän­kung im öffent­li­chen Raum und beim Einkau­fen, die Geschäf­te bleiben aber weiter geöff­net. «Bei der Entschei­dung über zusätz­li­che Schutz­maß­nah­men dürfen Inziden­zen allei­ne nicht isoliert betrach­tet werden», wird der Pirma­sen­ser Oberbür­ger­meis­ter Markus Zwick (CDU) in einer Mittei­lung der Stadt vom Sonntag zitiert. Es sei nicht ersicht­lich, dass der lokale Einzel­han­del und körper­na­he Dienst­leis­tun­gen am aktuel­len Infek­ti­ons­ge­sche­hen überhaupt einen maßgeb­li­chen Anteil hätten.

Angesicht einer drohen­den dritten Welle werden auch die Rufe nach mehr Tempo beim Impfen immer lauter. Bundes­kanz­le­rin Angela Merkel (CDU) will daher mit den Länder­chefs am Mittwoch über Impffra­gen beraten — unter anderem über den Start der Impfun­gen in Arztpraxen.