«Bis zum bitte­ren Ende» wollten die Eltern des kranken Archie kämpfen. Nun ist der Rechts­weg ausge­schöpft und die Familie muss sich mit einem tragi­schen Schick­sal abfinden.

Nach einer weite­ren juris­ti­schen Nieder­la­ge steht die Abschal­tung der lebens­er­hal­ten­den Geräte im Fall des todkran­ken Archie unmit­tel­bar bevor. Der Europäi­sche Gerichts­hof für Menschen­rech­te (EGMR) in Straß­burg, den die Eltern einge­schal­tet hatten, erklär­te am Freitag­abend, dass der Antrag, Archie in ein Hospiz zu verle­gen, nicht in seinen Zustän­dig­keits­be­reich falle.

Ein Sprecher der christ­li­chen Organi­sa­ti­on Chris­ti­an Concern, die Archies Familie unter­stützt, sagte dem Fernseh­sen­der Sky News: «Alle recht­li­chen Möglich­kei­ten wurden ausge­schöpft. Die Familie ist am Boden zerstört und verbringt viel Zeit mit Archie.»

Archie liegt seit April im Koma. Bei einem Unfall zu Hause in Southend-on-Sea hatte er sich schwe­re Hirnver­let­zun­gen zugezo­gen, womög­lich bei einer Inter­net-Mutpro­be. Die behan­deln­den Ärzte sehen keine Chance auf eine Genesung.

Das höchs­te briti­sche Gericht hatte die Entschei­dung der Ärzte gestützt, Archie sterben zu lassen. Dies sei im besten Inter­es­se des Jungen. Auch ein letzter Appell der Eltern an den Europäi­schen Gerichts­hof für Menschen­rech­te in Straß­burg blieb erfolglos.

Insta­bi­ler Zustand

Archies Eltern versuch­ten darauf­hin, die Verle­gung von Archie in ein Hospiz erwir­ken, damit ihr Sohn in einer ruhige­ren, fried­li­che­ren Umgebung seine letzten Stunden erleben kann. Das Kranken­haus lehnte dies jedoch wegen seines insta­bi­len Zustands ab. Auch das Berufungs­ge­richt in London bestä­tig­te diese Entschei­dung: Es sei im besten Inter­es­se Archies, dass die lebens­er­hal­ten­den Maßnah­men im Kranken­haus statt in einer anderen Umgebung einge­stellt würden, sagte die Richterin.

Das Berufungs­ge­richt in London lehnte am Freitag­abend einen Antrag ab, mit dem die Familie die Verle­gung in ein Hospiz nach einer ersten Nieder­la­ge vor Gericht doch noch erwir­ken wollte. Die Geräte, die den Jungen derzeit noch am Leben erhal­ten, sollen am Samstag­vor­mit­tag ab 10.00 Uhr Ortszeit abgeschal­tet werden.

In ihrem «Kampf bis zum bitte­ren Ende» wird die Familie des Zwölf­jäh­ri­gen von der konser­va­ti­ven Organi­sa­ti­on Chris­ti­an Concern unter­stützt, die bei ausge­wähl­ten Fällen Rechts­bei­stand leistet und sich etwa gegen die Anerken­nung von Homo- und Trans­se­xua­li­tät ausspricht.

Das juris­ti­sche Tauzie­hen im Fall Archie war sogar bereits im Vatikan Thema. Auf der offizi­el­len Vatikan-Platt­form «Vatican News» erschien ein Meinungs­bei­trag, in dem gegen die Abschal­tung der Geräte im Fall Archie argumen­tiert wird. Eine Gesell­schaft müsse Leben — und auch die Schwa­chen und Zerbrech­li­chen — schüt­zen, heißt es darin.

Der Fall erinnert an ähnli­che Ausein­an­der­set­zun­gen um unheil­bar kranke Kinder in Großbri­tan­ni­en. Der finan­zi­ell stark unter Druck stehen­de briti­sche Gesund­heits­dienst neigt dazu, lebens­er­hal­ten­de Maßnah­men sehr viel früher zu entzie­hen, als das in Deutsch­land der Fall wäre. Zudem werden die Wünsche von Eltern und Angehö­ri­gen dabei nicht im selben Maße berück­sich­tigt. Was im besten Sinne des Patien­ten ist, entschei­den oft Richter auf Empfeh­lung von Medizinern.