BIBERACH – Die über hundert­jäh­ri­ge Sammlungs­ge­schich­te des Museums Biber­ach birgt zahlrei­che kunst­his­to­ri­sche Schät­ze. Nicht alle können in der ständi­gen Sammlung präsen­tiert werden und so lohnt sich ein Blick in das umfang­rei­che Magazin, um den Wert und die Bedeu­tung der Sammlung des Museums im Ganzen zu erfassen.

Zu den beson­de­ren Schät­zen gehört die Alumi­ni­um­ar­beit „Weißes Relief“ (1968) von Mária Bartus­zo­vá, die 1936 in Prag geboren wurde. Nach ihrem Kunst­stu­di­um an der Akade­mie für Kunst, Archi­tek­tur und Design Prag zog die Künst­le­rin in den 1960er-Jahren nach Košice in der heuti­gen Slowa­kei und arbei­te­te dort in relati­ver Isola­ti­on abseits der osteu­ro­päi­schen Kunst­zen­tren. Erschwe­rend hinzu kam das Leben in einem totali­tä­ren System. Dennoch nahm Bartus­zo­vá an zahlrei­chen Gruppen­aus­stel­lun­gen teil und war Mitglied in der inter­na­tio­nal koope­rie­ren­den Künst­ler­grup­pe „Klub der Konkre­tis­ten“. Ihre formel­len Experi­men­te im Bereich Skulp­tur und Plastik reich­ten von geome­trisch-elemen­ta­ren Formen aus Alumi­ni­um bis zu organisch-abstrak­ten Skulp­tu­ren aus weißem Gips, deren biomor­phe Formen von der Natur und der mensch­li­chen Gestalt beein­flusst wurden. Obwohl die Künst­le­rin nach ihrem Tod 1996 mehr als 400 Arbei­ten hinter­ließ, wurde sie von der Nachwelt zunächst beina­he verges­sen. Erst die Documen­ta 12 in Kassel warf 2007 ein Schlag­licht auf die Pionier­leis­tung Mária Bartus­zo­vás für die moder­ne Kunst­ent­wick­lung nach 1960. Seither war ihr Werk vermehrt in inter­na­tio­na­len Ausstel­lun­gen zu sehen und erhält mit einer geplan­ten großen Retro­spek­ti­ve in der Tate Modern in London und dem Belve­de­re 21 in Wien die längst überfäl­li­ge kunst­his­to­ri­sche Würdigung.

Doch was hat die slowa­ki­sche Künst­le­rin Mária Bartus­zo­vá nun mit unserem Museum zu tun? Wie kam die Alumi­ni­um­ar­beit hierher? Die Archiv­un­ter­la­gen verra­ten, dass das „Weißes Relief“ das erste Werk war, das die Künst­le­rin inter­na­tio­nal verkauf­te – und das an die Stadt Biber­ach. Daran schließt sich die Frage an: Wieso hat die Stadt Biber­ach dieses Werk im Jahr 1969 angekauft? Hinter­grund war eine Ausstel­lung zu moder­ner und naiver Kunst aus der Slowa­kei, die vom 26. Januar bis 2. März 1969 im Wechsel­aus­stel­lungs­raum des Braith-Mali-Museums im Rahmen der Biber­acher Veran­stal­tungs­rei­he „Theater, Litera­tur, Musik, Bilden­de Kunst aus der Tsche­cho­slo­wa­kei“ präsen­tiert wurde. Die kultu­rel­len Bestre­bun­gen dieser Veran­stal­tungs­rei­he durch den Eiser­nen Vorhang hindurch waren im Zuge des Prager Frühlings 1968 und dessen gewalt­sa­mer Nieder­schla­gung durch am 21. August 1968 einmar­schie­ren­de Truppen des Warschau­er Paktes politisch hochak­tu­ell. Entspre­chend formu­lier­te der damali­ge Oberbür­ger­meis­ter von Biber­ach, Claus-Wilhelm Hoffmann, in seiner Eröff­nungs­re­de die Dring­lich­keit für Frieden und kultu­rel­len Austausch. Da sich im Laufe der Zeit die Klebun­gen der Arbeit „Weißes Relief“ von Mária Bartus­zo­vá gelöst haben, befin­det sich das Werk momen­tan in der Restau­rie­rung und wird im nächs­ten Jahr in der Sammlungs­prä­sen­ta­ti­on „Kunst 20. Jahrhun­dert“ im Museum Biber­ach gezeigt.