Die Zahl der Corona-Neuin­fek­tio­nen in Baden-Württem­berg ist so hoch wie nie. Daher kann die Landes­re­gie­rung aus ihrer Sicht nicht länger warten und greift zu weitrei­chen­den Maßnah­men. Minis­ter­prä­si­dent Kretsch­mann stellt ein wichti­ges Vorha­ben für Weihnach­ten infrage.

Wegen steigen­der Corona-Zahlen gilt in ganz Baden-Württem­berg ab diesem Samstag eine Ausgangs­be­schrän­kung. Für Ausnah­men müsse man «trifti­ge Gründe» haben wie die Arbeit oder einen Arztbe­such, sagte Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) am Freitag in Stutt­gart. Zugleich stell­te er die bundes­weit geplan­ten Locke­run­gen der Corona-Maßnah­men über Weihnach­ten wieder infrage.

Bisher ist vorge­se­hen, dass sich vom 23. bis zum 27. Dezem­ber zehn Perso­nen treffen dürfen, unabhän­gig vom Verwandt­schafts­grad und der Zahl der betei­lig­ten Haushal­te. Es stehe nun im Raum, das wieder auf Famili­en­an­ge­hö­ri­ge zu begren­zen oder den Zeitraum zu verkür­zen, sagte Kretsch­mann. Das wolle er mit den anderen Ländern bespre­chen. Wenn man etwas ändere, «sollten wir das auch wieder gemein­sam tun».

Landes­weit gilt bis zum 23. Dezem­ber, dass sich tagsüber — also von 5.00 bis 20.00 Uhr — ledig­lich bis zu fünf Perso­nen aus nicht mehr als zwei Haushal­ten treffen dürfen. Kinder unter 15 Jahren werden nicht mitge­zählt. Nachts ist auch das unter­sagt. Die Maßnah­men sollen vorerst für vier Wochen gelten. Nur über Weihnach­ten — vom 23. bis 27. Dezem­ber — sei auch nachts der Besuch von priva­ten Veran­stal­tun­gen erlaubt, sagte der Regierungschef.

Schulen, Kitas, Univer­si­tä­ten, Hochschu­len und auch der Einzel­han­del — nicht nur für Lebens­mit­tel — sollen bis auf weite­res geöff­net bleiben. «Wir haben ja keinen Lockdown beschlos­sen», sagte der Grünen-Politi­ker. Es könnte aber sein, dass Bund und Länder am Sonntag andere Regeln beschlie­ßen. Gerade weil die Infek­ti­ons­zah­len im Süden hoch seien, sei ein gemein­sa­mer Weg etwa mit Bayern denkbar.

Bei weite­ren Maßnah­men zur Eindäm­mung der Corona-Pande­mie will der Regie­rungs­chef die Gesprä­che zwischen Bund und Ländern abwar­ten. Davon betrof­fen sind unter anderem mögli­che Schlie­ßun­gen von Friseur­be­trie­ben, Barber­shops, Sonnen­stu­di­os und Sport­an­la­gen. Bei den Ausgangs­be­schrän­kun­gen sei er vorge­prescht, weil die Corona-Zahlen in Baden-Württem­berg so hoch seien, sagte Kretsch­mann. Hier habe man keine weite­ren drei Tage abwar­ten können.

Der Minis­ter­prä­si­dent geht fest davon aus, dass es nach Weihnach­ten bis mindes­tens zum 10. Januar einen bundes­wei­ten Lockdown im Kampf gegen das Corona­vi­rus geben wird. Es gebe nach seiner Wahrneh­mung einen Konsens unter den Länder-Regie­rungs­chefs. «Davon kann man also ausge­hen. Die Bevöl­ke­rung kann sich darauf einstellen.»

Mit mehr als 4200 Neuin­fek­tio­nen im Südwes­ten sei diese Zahl so hoch wie nie. «Man sieht also, dass da nochmal eine enorme Entwick­lung statt­ge­fun­den hat.» Die Zahl der Todes­fäl­le sei «erschre­ckend hoch». Vor allem über 80-Jähri­ge erkrank­ten überdurch­schnitt­lich häufig. «Wir müssen die Zahl der Neuin­fek­tio­nen schnell und radikal runter­drü­cken», sagte Kretsch­mann. «Es gibt keine klar erkenn­ba­ren Infek­ti­ons­her­de mehr, die wir gezielt bekämp­fen könnten.»

Auch Innen­mi­nis­ter Thomas Strobl (CDU) beton­te: «Die Lage ist nicht unter Kontrol­le.» Zwingend seien härte­re Schrit­te nötig. «Der Versuch mit dem Lockdown light ist geschei­tert.» Die Hoffnung war nach Kretsch­manns Worten, die zweite Welle nach jener im Frühjahr mit vergleichs­wei­se milden Mitteln zu brechen. «Doch von dieser Hoffnung müssen wir uns nun verab­schie­den.» Der Regie­rungs­chef sagte: «Mit dem Virus kann man leider nicht verhan­deln und Kompro­mis­se schließen.»