KIEW/MOSKAU (dpa) — Der ukrai­ni­sche Präsi­dent gibt sich zuver­sicht­lich bezüg­lich des Kriegs­ver­laufs. In Moskau wird derweil ein Straf­ver­fah­ren gegen einen bekann­ten Kriegs­kri­ti­ker eröff­net. Die Entwick­lun­gen im Überblick.

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat sich auch aufgrund der westli­chen Waffen­hil­fe für sein Land optimis­tisch über den weite­ren Verlauf des Krieges gegen Russland geäußert.

«Die Okkupan­ten haben bereits sehr gut zu spüren bekom­men, was moder­ne Artil­le­rie ist, und sie werden nirgend­wo mehr auf unserem Boden, den sie besetzt haben, ein siche­res Hinter­land haben», sagte Selen­skyj in seiner tägli­chen Video­an­spra­che am Diens­tag. Unter­des­sen wurde in Moskau gegen den libera­len Opposi­ti­ons­po­li­ti­ker und Kriegs­geg­ner Ilja Jaschin wegen angeb­li­cher Diffa­mie­rung der russi­schen Armee ein Straf­ver­fah­ren eingeleitet.

Selen­skyj: Russen fehlt «der Mut, eine Nieder­la­ge einzugestehen»

Nach anfäng­li­chem Zögern haben mehre­re westli­che Staaten der Ukrai­ne inzwi­schen auch moder­ne Raketen­sys­te­me und Artil­le­rie gelie­fert, mit denen Angrif­fe auf russi­sche Ziele aus größe­rer Distanz möglich sind. In den vergan­ge­nen Wochen wurden laut Medien­be­rich­ten mehre­re russi­sche Militär­ba­sen, Muniti­ons- und Waffen­la­ger weit hinter der Front zerstört. In der Nacht zum Mittwoch waren in der von prorus­si­schen Separa­tis­ten gehal­te­nen Großstadt Luhansk im Osten der Ukrai­ne mehre­re Explo­sio­nen zu hören.

Die Russen hätten auch dank der Parti­sa­nen­tä­tig­keit ukrai­ni­scher Agenten im besetz­ten Gebiet inzwi­schen Angst vor der ukrai­ni­schen Armee, sagte Selen­skyj. Es fehle ihnen aber auch «der Mut, eine Nieder­la­ge einzu­ge­ste­hen und Truppen vom ukrai­ni­schen Terri­to­ri­um abzuzie­hen». Weiter kämpfen könnten die russi­schen Truppen trotz der hohen Verlus­te nur dank der «unerschöpf­li­chen Bestän­de alter sowje­ti­scher Waffen», sagte er.

Straf­ver­fah­ren gegen russi­schen Opposi­tio­nel­len Jaschin

Wegen der Verbrei­tung angeb­lich diskre­di­tie­ren­der Falsch­mel­dun­gen zum Einsatz der russi­schen Armee haben die Behör­den in Russland ein Straf­ver­fah­ren gegen den Kreml­kri­ti­ker Ilja Jaschin einge­lei­tet. «Mich hat gerade der Ermitt­ler angeru­fen — in seinem Haus beginnt eine Durch­su­chung», teilte Jasch­ins Anwalt Wadim Procho­row am Diens­tag­abend auf seiner Facebook-Seite mit. Bei einer Verur­tei­lung drohen Jaschin bis zu zehn Jahre Haft.

Jaschin gehört zur libera­len Opposi­ti­on und war in Russland einer der letzten lautstar­ken Kriti­ker des Kriegs gegen die Ukrai­ne, der noch auf freiem Fuß war. Im Frühjahr war er bereits mehrfach mit Bußgeld wegen Verun­glimp­fung der Armee belegt worden. Derzeit sitzt er eine 15-tägige Ordnungs­haft wegen angeb­li­chen Wider­stands gegen die Staats­ge­walt ab. Jaschin sollte ursprüng­lich in der Nacht zum Mittwoch entlas­sen werden.

Auslö­ser der Straf­er­mitt­lun­gen soll ein Stream Jasch­ins auf Youtube sein, in dem er über die Morde an Zivilis­ten in der Klein­stadt Butscha in der Nähe von Kiew gespro­chen hatte. Während der russi­schen Besat­zung der Stadt sollen laut ukrai­ni­schen Angaben mehr als 400 Zivilis­ten zu Tode gekom­men sein, viele der Leichen waren gefes­selt und wiesen Kopfschüs­se auf. Russland bestrei­tet den Vorwurf, Kriegs­ver­bre­chen began­gen zu haben.

Zahl der Todes­op­fer in Tschas­siw Jar steigt auf 45

In der Klein­stadt Tschas­siw Jar im Osten der Ukrai­ne ist unter­des­sen die Zahl der Toten nach einem russi­schen Raketen­an­griff auf ein Wohnhaus auf 45 gestie­gen. Neun Menschen seien seit dem Angriff am Samstag aus den Trümmern geret­tet worden, teilte der Zivil­schutz in der Region Donezk am Diens­tag mit. Während die Behör­den in Kiew von einem zivilen Wohnge­bäu­de sprechen, behaup­tet die russi­sche Armee, ein militä­risch genutz­tes Gebäu­de attackiert zu haben. Unabhän­gig lassen sich die Angaben kaum überprüfen.

Separa­tis­ten heben Morato­ri­um für Todes­stra­fe auf

Die prorus­si­schen Separa­tis­ten in der Region Donezk haben ein Morato­ri­um für die Todes­stra­fe aufge­ho­ben. Separa­tis­ten­füh­rer Denis Puschi­lin unter­zeich­ne­te am Diens­tag einen entspre­chen­den Erlass, wie die staat­li­che russi­sche Nachrich­ten­agen­tur Tass berich­te­te. Im vergan­ge­nen Monat hatten die Separa­tis­ten drei Auslän­der in den Reihen der ukrai­ni­schen Armee als Söldner zum Tode verur­teilt. Es handelt sich um zwei Briten und einen Marokkaner.

Das wird heute wichtig

In Istan­bul begin­nen am Mittwoch Verhand­lun­gen über die Aufhe­bung der russi­schen Seeblo­cka­de im Schwar­zen Meer und die Wieder­auf­nah­me der ukrai­ni­schen Getrei­de­ex­por­te. Zur Lösung des Streits treffen sich Vertre­ter der UN und der Türkei mit Abgeord­ne­ten aus Moskau und Kiew. Russland und die Ukrai­ne sind große Weizen­ex­por­teu­re und spielen damit eine wichti­ge Rolle für die Ernäh­rungs­si­cher­heit in der Welt.

Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er besucht am Mittwoch die Kaser­ne und den Truppen­übungs­platz der US-Streit­kräf­te in Grafen­wöhr im Nordos­ten Bayerns. Er will nach Angaben des Bundes­prä­si­di­al­amts den Solda­tin­nen und Solda­ten für ihren Beitrag zur Freiheit und Sicher­heit Deutsch­lands und der Nato-Verbün­de­ten in Europa danken. Außer­dem wolle er deutlich machen, dass Deutsch­land voll und ganz zur Bündnis­so­li­da­ri­tät in der Nato stehe. Nach Angaben des Bundes­prä­si­di­al­amts handelt es sich um den ersten Besuch eines deutschen Staats­ober­haupts bei den in Deutsch­land statio­nier­ten US-Truppen seit mehr als 25 Jahren.