KIEW (dpa) — Kiew bittet Europa um Hilfe gegen den «Energie­ter­ror» Russlands. Die USA befürch­ten weite­re irani­sche Waffen­lie­fe­run­gen an die Kreml-Truppen. News im Überblick.

Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hofft noch vor Beginn des Winters auf Hilfe der EU bei der Wieder­her­stel­lung des durch russi­sche Angrif­fe schwer angeschla­ge­nen Energie­net­zes der Ukraine.

Vierzig Prozent des Energie­sys­tems seien «schwer beschä­digt», sagte der Staats­chef bei einem Treffen mit EU-Energie­kom­mis­sa­rin Kadri Simson in Kiew. «Wir werden alles tun, um die Menschen in diesem Winter mit Strom und Wärme zu versor­gen», versprach er in seiner tägli­chen Videoansprache.

«Die Positi­on der Terro­ris­ten ist absolut trans­pa­rent, und diese Heraus­for­de­rung sollte gerade als Heraus­for­de­rung für ganz Europa gesehen werden», sagte Selen­skyj weiter. Moskau werde die Schwie­rig­kei­ten des Winters propa­gan­dis­tisch als vermeint­li­chen Beweis für das Schei­tern des verein­ten Europas darstel­len. «Deshalb müssen wir gemein­sam den Terro­ris­ten bewei­sen, dass «Schei­tern» ein Wort über sie ist und nicht über Europa», so der Präsident.

Russland werde alles tun, «um die Norma­li­tät des Lebens zu zerstö­ren» und berück­sich­ti­ge dabei nicht die Kosten dieses «Energie­ter­rors». Selen­skyj rechne­te vor, dass der jüngs­te Raketen- und Drohnen­an­griff am Montag «den Gegen­wert von 2,3 Millio­nen durch­schnitt­li­chen russi­schen Renten gekos­tet» habe. «Und das nur für einen Angriff.»

Heute ist der 252. Tag des russi­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukraine.

Selen­skyj: EU-Kommis­si­on soll koordinieren

Bei der Wieder­her­stel­lung der Energie-Infra­struk­tur seines Landes sollte die EU-Kommis­si­on eine koordi­nie­ren­de Rolle spielen, regte Selen­skyj an. Er erinner­te an die Ukrai­ne-Kontakt­grup­pe, das sogenann­te Ramstein-Format, in dem die Unter­stüt­zer­län­der ihre Rüstungs­hil­fe koordi­nie­ren. Für Wirtschaft und Energie sollte es ebenfalls ein «Ramstein» geben, sagte er laut Medien­be­rich­ten. «Ich bin sicher, dass wir alles wieder­her­stel­len werden», so Selenskyj.

Der Brüsse­ler Behör­de zufol­ge werden in den kommen­den Tagen unter anderem die Kommis­si­on und das ukrai­ni­sche Energie­mi­nis­te­ri­um zusam­men eine Kampa­gne starten, um weite­re Unter­stüt­zung aus dem Privat­sek­tor zu mobilisieren.

Selen­skyj spricht mit Macron über Schutz gegen Angriffe

Mit dem franzö­si­schen Präsi­den­ten Emmanu­el Macron hatte Selen­skyj zuvor über einen verstärk­ten Schutz gegen russi­sche Raketen- und Drohnen­an­grif­fe gespro­chen. «Es muss einen Luftschutz für die Ukrai­ne geben — das wurde heute klar gesagt», beton­te der ukrai­ni­sche Präsi­dent, ohne dazu nähere Angaben zu machen.

Russi­sche Truppen kommen nur langsam voran

Die russi­schen Truppen kommen bei ihren Angrif­fen in der Ukrai­ne nach Einschät­zung briti­scher Geheim­diens­te nur äußerst langsam voran. Das Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­um in London verwies auf Aussa­gen des Chefs der Söldner­grup­pe Wagner, Jewge­ni Prigo­schin, wonach seine Einhei­ten täglich 100 bis 200 Meter vorrückten.

Prigo­schin habe zwar gesagt, dies sei in der moder­nen Krieg­füh­rung normal. Das briti­sche Minis­te­ri­um beton­te aber, die russi­sche Militär­dok­trin sehe Vorstö­ße von 30 Kilome­tern pro Tag vor.

USA fürch­ten weite­re Waffen­lie­fe­run­gen aus dem Iran

Die USA befürch­ten unter­des­sen mögli­che weite­re irani­sche Waffen­lie­fe­run­gen an Russland für den Krieg gegen die Ukrai­ne. Es bestehe weiter die Sorge, dass der Iran Moskau neben Kampf­droh­nen auch andere Waffen wie Boden-Boden-Raketen liefern könnte, sagte der Kommu­ni­ka­ti­ons­di­rek­tor des Natio­na­len Sicher­heits­ra­tes, John Kirby.

Ein Sprecher des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums kündig­te an, die USA würden offen­le­gen, sobald sie beobach­te­ten, dass solche Waffen aus dem Iran in der Ukrai­ne zum Einsatz kämen. Der Iran hat bislang Waffen­lie­fe­run­gen an Russland dementiert.

Die US-Regie­rung hatte im Oktober angepran­gert, dass Kampf­droh­nen aus dem Iran im Ukrai­ne-Krieg einge­setzt wurden — und dass Teheran eigens Militär­per­so­nal auf die Krim geschickt habe, um die Russen beim Umgang mit den Drohnen zu trainie­ren und techni­sche Hilfe zu bieten.

Präsi­den­ten­be­ra­ter Podol­jak: Iran als Konflikt­par­tei einstufen

Angesichts der Berich­te über neue Waffen­lie­fe­run­gen an Russland rief der ukrai­ni­sche Präsi­den­ten­be­ra­ter Mycha­j­lo Podol­jak dazu auf, den Iran in Europa als Konflikt­par­tei und Betei­lig­ten an der Aggres­si­on einzustufen.

«Wenn der Iran Russland Raketen übergibt, weiß er genau, dass damit unsere Städte angegrif­fen werden», schrieb Podol­jak auf Twitter. «Teheran ist ein Kompli­ze in der Aggres­si­on und muss offizi­ell auch als solcher erkannt werden.»

Was heute wichtig wird

Nach der Ausset­zung des Getrei­de­ab­kom­mens durch Russland haben die Verein­ten Natio­nen für heute die Einstel­lung des Schiffs­ver­kehrs im Schwar­zen Meer angekün­digt. «Das UN-Sekre­ta­ri­at und das Gemein­sa­me Koordi­nie­rungs­zen­trum berich­ten, dass die Delega­tio­nen der Ukrai­ne, der Türkei und der Verein­ten Natio­nen verein­bart haben, für morgen, den 2. Novem­ber, keine Bewegung von Schif­fen im Rahmen der Schwarz­meer-Getrei­de­initia­ti­ve zu planen», sagte Sprecher Farhan Haq in New York.

Der Sprecher beton­te, dass Moskaus Ausset­zung der Verein­ba­rung eine «vorüber­ge­hen­de und außer­ge­wöhn­li­che Maßnah­me» sei. Die Pause im Schiffs­ver­kehr sei ebenfalls eine «vorüber­ge­hen­de Maßnah­me» — es gehe bis auf weite­res nur um heute. «Wir erwar­ten, dass belade­ne Schif­fe am Donners­tag in See stechen», twitter­te UN-Koordi­na­tor Amir Abdulla.