KIEW (dpa) — Für Teheran ist es ein schwe­res Einge­ständ­nis, «einige» Drohnen an Russland gelie­fert zu haben — doch der ukrai­ni­sche Präsi­dent sieht darin immer noch ein Auswei­chen. Die News im Überblick.

Die irani­sche Führung hat nach Einschät­zung Kiews Unwahr­hei­ten in eine offizi­el­le Stellung­nah­me gepackt. Nach dem Einge­ständ­nis Teherans, Kampf­droh­nen an Russland gelie­fert zu haben, warf der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj dem Iran Lügen vor.

«Selbst bei diesem Geständ­nis lügen sie», sagte der ukrai­ni­sche Staats­chef gestern in seiner tägli­chen Video­bot­schaft. Die Zahl der von der ukrai­ni­schen Luftab­wehr abgeschos­se­nen irani­schen Kampf­droh­nen überstei­ge die vom Iran genann­ten «wenigen» Drohnen, begrün­de­te Selen­skyj seinen Vorwurf.

Der Iran hatte gestern erstmals Drohnen­lie­fe­run­gen an Russland einge­räumt. Außen­mi­nis­ter Hussein Amirab­dol­la­hi­an sagte, die Islami­sche Republik habe Russland vor dem Krieg in der Ukrai­ne eine begrenz­te Anzahl von Drohnen zur Verfü­gung gestellt, wie die staat­li­che Nachrich­ten­agen­tur Irna berich­te­te. Weite­re Waffen­lie­fe­run­gen nach Beginn des russi­schen Angriffs­kriegs sowie Bereit­stel­lung von Raketen demen­tier­te der Chefdi­plo­mat jedoch.

Das ukrai­ni­sche Militär hat nach eigenen Angaben bereits Hunder­te Kamika­ze-Drohnen vom irani­schen Typ Schahed-136 abgeschos­sen. «Allein gestern wurden elf Schahed-Drohnen abgeschos­sen», sagte Selen­skyj. Die ukrai­ni­sche Militär­füh­rung vermu­tet, dass Russland 2400 solcher Drohnen bestellt hat, mit denen das russi­sche Militär zuletzt verstärkt die ukrai­ni­sche Energie­ver­sor­gung angegrif­fen hat.

Scholz fordert von Russland klares Nein zu Atomschlag

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz hat Russland aufge­for­dert, den Einsatz von Atomwaf­fen im Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne eindeu­tig auszu­schlie­ßen. «Es ist nicht erlaubt, es ist unver­tret­bar, in diesem Konflikt Nukle­ar­waf­fen einzu­set­zen», sagte Scholz gestern beim SPD-Debat­ten­kon­vent in Berlin. «Wir fordern Russland auf, dass es klar erklärt, dass es das nicht tun wird. Das wäre eine Grenze, die nicht überschrit­ten werden darf.»

Am Freitag hatte Scholz bei seinem Peking-Besuch gemein­sam mit dem chine­si­schen Präsi­den­ten Xi Jinping vor einer nuklea­ren Eskala­ti­on gewarnt. Scholz nannte nuklea­re Drohge­bär­den Russlands «unver­ant­wort­lich und brand­ge­fähr­lich». Xi sagte: «Der Einsatz von nuklea­ren Waffen oder die Drohung damit muss abgelehnt werden.»

Schwe­re Kämpfe rund um Cherson

Rund um die südukrai­ni­sche Stadt Cherson haben sich ukrai­ni­sche Truppen und russi­sche Besat­zer gestern schwe­re Kämpfe gelie­fert. Nach russi­scher Darstel­lung seien verschie­de­ne Front­ab­schnit­te in der Region unter schwers­ten Artil­le­rie­be­schuss geraten. An einigen Stellen seien größe­re Truppen­ver­le­gun­gen und Bewegun­gen ukrai­ni­scher Panzer­ver­bän­de regis­triert worden. «Offen­bar berei­ten die ukrai­ni­schen Truppen einen neuen Angriff vor», speku­lier­te der von Russland einge­setz­te Vize-Verwal­tungs­chef der besetz­ten Region, Kirill Stremoussow.

Auch das ukrai­ni­sche Militär hatte zuvor von schwe­ren Kämpfen und Artil­le­rie­du­el­len in der Umgebung von Cherson berich­tet. Die ukrai­ni­sche Führung will die Region im Süden des Landes nach ersten Erfol­gen noch komplett befreien.

Kühlsys­te­me des AKW Saporischschja wieder am Stromnetz

Die exter­ne Strom­ver­sor­gung des ukrai­ni­schen Atomkraft­werks Saporischschja ist nach zwei Tagen Unter­bre­chung wieder herge­stellt worden. Wie die Inter­na­tio­na­le Atomener­gie­be­hör­de (IAEA) in Wien gestern Abend berich­te­te, wurden zwei Leitun­gen repariert. Das von Russland besetz­te AKW ist zwar derzeit nicht im Betrieb, doch die Anlage braucht weiter­hin Elektri­zi­tät, um Kernma­te­ri­al zu kühlen und einen Atomun­fall zu verhindern.

Die zwei Leitun­gen waren nach einem Beschuss auf ukrai­nisch kontrol­lier­tem Gebiet in rund 60 Kilome­ter Entfer­nung von dem AKW beschä­digt worden. Die Strom­ver­sor­gung des größten europäi­schen Atomkraft­werks wurde bis zur Repara­tur mit Notge­ne­ra­to­ren sicher­ge­stellt, die über genug Treib­stoff für rund 15 Tage verfügen.

Selen­skyj will Crowd­fun­ding für Seedrohnen-Flotte

Nach dem Überra­schungs­an­griff ukrai­ni­scher Seedroh­nen gegen die russi­sche Schwarz­meer­flot­te in deren Kriegs­ha­fen bei Sewas­to­pol auf der Krim will die Ukrai­ne weite­re Waffen dieser Art kaufen. «Wir werden in der kommen­den Woche noch eine Fundrai­sing-Aktion starten, wir wollen Mittel für eine ganze Flotte von Seedroh­nen sammeln», kündig­te der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj gestern Abend in seiner Video­an­spra­che an. Sinn und Zweck dieser Drohnen sei klar. «Wie das funktio­niert, haben alle schon gesehen.»

Nach ukrai­ni­scher Darstel­lung wurden bei dem Angriff auf Sewas­to­pol am vergan­ge­nen Wochen­en­de drei russi­sche Kriegs­schif­fe getrof­fen, darun­ter das neue Flagg­schiff «Admiral Makarow». Das russi­sche Militär hat ledig­lich einige leich­te­re Schäden einge­stan­den, ohne genaue­re Angaben zu machen.