Seit wenigen Tagen werden die ersten Corona-Impfdo­sen im Land verteilt. Die Nachfra­ge ist groß, die Menge an Impfstoff gering. Nun hagelt es Kritik aus Opposi­ti­on und Bevölkerung.

Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) sieht sich Vorwür­fen im Zusam­men­hang mit der Organi­sa­ti­on der Corona-Impfun­gen ausge­setzt. Sowohl aus der Opposi­ti­on als auch aus der Bevöl­ke­rung kommt Kritik. Lucha sei vollstän­dig überfor­dert, habe zu wenig Impfstoff bestellt und bekom­me die Verga­be von Impfter­mi­nen nicht in den Griff, sagte FDP-Frakti­ons­chef Hans-Ulrich Rülke am Mittwoch.

Der Gesund­heits­mi­nis­ter vertei­dig­te sich mit bissi­gen Worten. «Wer nicht am Steuer sitzt und seit Jahren keine Verant­wor­tung trägt, kann von der Sofakan­te aus leicht schimp­fen», sagte der Grünen-Politi­ker in Richtung von Rülke. «So wenig Fachkennt­nis und so viel Ahnungs­lo­sig­keit hätte ich selbst bei Herrn Rülke nicht erwar­tet», sagte Lucha der Deutschen Presse-Agentur. Den Impfstoff bestel­le nicht das Land, sondern die EU bezie­hungs­wei­se der Bund. Es könnten zudem nur nur so viele Impfter­mi­ne verge­ben werden, wie Impfdo­sen vorhan­den seien.

Doch auch SPD-Frakti­ons­chef Andre­as Stoch äußer­te grund­le­gen­de Kritik an Lucha. Er sieht das Manage­ment der Corona-Krise gar am falschen Ort. Das Minis­te­ri­um unter Lucha sei auf so eine Sonder­si­tua­ti­on überhaupt nicht vorbe­rei­tet und auch perso­nell zu schwach aufge­stellt, sagte Stoch dem «Reutlin­ger General-Anzei­ger». Die Aufga­be hätte aus Sicht von Stoch vom Innen­mi­nis­te­ri­um übernom­men werden müssen, weil es dort ein Lagezen­trum gebe und auch die Einrich­tung eines Krisen­sta­bes leich­ter zu bewerk­stel­li­gen sei.

Neben der Kritik aus der Opposi­ti­on mehren sich kriti­sche Stimmen aus der Bevöl­ke­rung. Insbe­son­de­re die Anmel­dung und Termin­ver­ga­be für die Corona-Impfun­gen ist aus Sicht von Impfbe­rech­tig­ten oder ihren Angehö­ri­gen verbes­se­rungs­wür­dig. Nach mehre­ren überein­stim­men­den Medien­be­rich­ten gibt es Beschwer­den darüber, dass die Rufnum­mer zur telefo­ni­schen Anmel­dung zum Teil über länge­re Zeit nicht erreich­bar gewesen sein soll. Zudem sind viele Senio­ren mit der Anmel­dung über das Online-Portal überfordert.

Vom Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um heißt es dazu, es sei bekannt, dass es am Telefon zu langen Warte­zei­ten kommen könne. Dies liege nicht an der Hotline oder der Infra­struk­tur, sondern am hohen Anruf­auf­kom­men. Allein am Montag seien mehr als 35 000 Anrufe einge­gan­gen. Im Callcen­ter des Landes gebe es 500 Vollzeitstellen.

Haupt­pro­blem bei der Verga­be der Impfter­mi­ne sei der Mangel an Impfstoff. Hier gebe es «leider deutlich weniger als uns der Bund zunächst in Aussicht gestellt hatte», so ein Minis­te­ri­ums­spre­cher. Es könnten nur so viele Termi­ne verge­ben werden, wie Impfdo­sen vorhan­den seien. «Wir hoffen, dass sich die Situa­ti­on in den nächs­ten Wochen mit weite­ren Liefe­run­gen des Impfstoffs etwas entspannt.»

Verschärft wird die Situa­ti­on offen­bar durch Menschen in Rhein­land-Pfalz, die sich im Baden-Württem­berg impfen lassen wollen. Nach Angaben des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums melden sich viele Menschen aus dem angren­zen­den Bundes­land in Baden-Württem­berg zum Impfen an, weil das in Rhein­land-Pfalz noch nicht möglich sei. Minis­ter Lucha wandte sich deshalb in einem Brief an seine rhein­land-pfälzi­sche Amtskol­le­gin Sabine Bätzing-Lichtent­hä­ler (SPD) und forder­te sie auf, die Bürger dort auf die Termin­ver­ga­be in Rhein­land-Pfalz zu verwei­sen. «Sollte sich dauer­haft ein Ungleich­ge­wicht etablie­ren, müssten wir aus meiner Sicht auch über einen Ausgleich ins Gespräch kommen», so Lucha in dem Schrei­ben, das der dpa vorliegt.

Auch aus Bayern hätten sich Bürger gemel­det, die sich in Baden-Württem­berg impfen lassen wollten, bestä­tig­te eine Spreche­rin des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums. Für die nächs­ten sechs Wochen seien die Termi­ne im Land weitge­hend vergeben.