Die Corona-Krise zeigt die Verwund­bar­keit auch der Kultur. Auf Seiten der Politik gibt es düste­re Vorah­nun­gen: Leere öffent­li­che Kassen sind nach Ende der Pande­mie Vorbo­ten für das nächs­te Desaster.

Nach dem erhoff­ten Ende der Corona-Pande­mie rutschen Theater, Museen und Kultur­schaf­fen­de mögli­cher­wei­se direkt in die nächs­te Krise. Kultur­ex­per­ten auf Bund- und Länder­ebe­ne fürch­ten bereits mangeln­de Wertschät­zung und falsche Einsparungen.

Kultur­staats­mi­nis­te­rin Monika Grütters warnte die Kommu­nen vor einer Haushalts­sa­nie­rung auf Kosten der Kultur. «Die staat­lich geför­der­ten Insti­tu­tio­nen sind mehrheit­lich in kommu­na­ler Träger­schaft, viele Theater und Museen sind städti­sche Einrich­tun­gen», sagte die CDU-Politi­ke­rin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Die Kommu­nen seien an anderer Stelle mit mehre­ren Milli­ar­den entlas­tet worden, zudem helfe der Bund, nicht-staat­li­che Einrich­tun­gen wie Kinos, Buchhand­lun­gen, Galerien, Festi­vals und Privat­thea­ter zu finan­zie­ren. «Das schafft Bewegungs­spiel­raum für die Kommu­nen, so dass wir mit Fug und Recht erwar­ten können, dass sie beim Kassen­sturz am Jahres­en­de nicht ausge­rech­net die Kultur bluten lassen.»

Nach ersten negati­ven Signa­len von Kommu­nen wie München, wo drasti­sche Einspa­run­gen im Kultur­haus­halt anste­hen, hofft Grütters, dass nicht noch andere folgen. «Dann würde nämlich mehr wegbre­chen als man wieder­auf­bau­en kann. Denn jeder Ort, jede Kommu­ne lebt in vieler­lei Hinsicht von ihrer Kultur. Sie ist nicht nur ein wichti­ger Stand­ort­fak­tor, sondern sie ist vor allem eins: Sie ist Ausdruck von Humanität.»

Grütters sieht die Corona-Krise als Einschnitt. «Am Ende dieser Pande­mie werden wir uns alle ehrlich fragen müssen, was durch diese Krise noch deutli­cher ans Licht gekom­men ist und was wir ändern müssen.» So gebe es in der Kultur prekä­re Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nis­se. «Viele Künst­le­rin­nen und Künst­ler aller Sparten haben sehr beschei­de­ne Lebens­ver­hält­nis­se immer akzep­tiert und kaum Reser­ven aufbau­en können», sagte sie. Wertschät­zung und Unter­stüt­zung seien notwen­dig, «wenn wir das Kultur­le­ben in seiner Vielfalt weiter­hin genie­ßen wollen».

Berlins Kultur­se­na­tor Klaus Lederer, von Januar an auch Vorsit­zen­der der Kultur­mi­nis­ter­kon­fe­renz der Länder, fürch­tet grund­le­gen­de Folgen für die Kultur­sze­ne. «Selbst wenn die Pande­mie zu Ende ist, werden uns die sozia­len und wirtschaft­li­chen Auswir­kun­gen viel länger beschäf­ti­gen, als der unmit­tel­ba­re akute Krisen­fall, der jetzt eine stärke­re Verschul­dung der öffent­li­chen Hand ermög­licht», sagte der Linke-Politi­ker der dpa. «Deswe­gen kommt das dicke Ende hinterher.»

Lederer geht von Abwehr­kämp­fen bei der Frage über die Kosten der Pande­mie aus. «Es wird Ausein­an­der­set­zun­gen geben um die knapper werden­den Haushalts­mit­tel.» Gleich­zei­tig warnte der Politi­ker: «Man wird über keine stärke­re Resili­enz im Kultur­be­trieb reden, wenn am Anfang Vorga­ben für Abbau oder Kürzun­gen stehen. Dann ist die Debat­te beendet.» Lederer plädier­te für eine umfas­sen­de Diskus­si­on. «Etwa um die Frage, ob es mal eine beherz­te Besteue­rung großer Vermö­gen geben wird. Oder eine ernst­zu­neh­men­de Erbschafts­steu­er.» Solche Fragen müsse die Gesell­schaft diskutieren.

«Die Pande­mie zeigt, dass in einer solchen Situa­ti­on Freibe­ruf­ler und Selbst­stän­di­ge im Grunde sozial völlig schutz­los daste­hen», sagte Lederer. Für viele Soloselbst­stän­di­ge in der Kultur sei das, was sie gerade erleb­ten, eine absolu­ter sozia­ler Schock. «Das wirft existen­zi­el­le Fragen auf und wird vermut­lich auch dazu führen, dass einzel­ne sich entschei­den, in einen anderen, sozial abgesi­cher­ten Bereich zu wechseln, wenn sie es können.» Lederer befürch­tet Folgen: «Das wird einher­ge­hen mit einer Verar­mung im Kultur­sek­tor, denn Kultur, Kunst und Künst­ler sind etwas Kollaboratives.»

Nach dem Ende der Corona-Krise sollten Kultur­ein­rich­tun­gen aus Sicht des Präsi­den­ten der Stiftung Preußi­scher Kultur­be­sitz, Hermann Parzin­ger, ihre digita­len Fortschrit­te bewah­ren. «Wenn die Museen nach der Pande­mie wieder dauer­haft öffnen, dürfen wir das, was im digita­len Bereich inves­tiert und entwi­ckelt wurde, nicht wieder zurück­fah­ren», sagte Parzin­ger der dpa. Zur Stiftung, eine der inter­na­tio­nal größten Kultur­ein­rich­tun­gen, gehören unter anderem die Staat­li­chen Museen Berlins mit 15 Sammlun­gen an 19 Standorten.

«Es hat einen enormen Schub gegeben für die digita­len Angebo­te der Museen und ihrer Sammlun­gen.» Nun will Parzin­ger die Fortschrit­te sichern. «Im Social-Media-Bereich müssen wir für Nachhal­tig­keit sorgen.» Parzin­ger verwies auf Beispie­le. So gebe es auf Insta­gram digita­le Führun­gen durch Museen und Ausstel­lun­gen, oft nur mit einem Smart­phone gefilmt. «Das war enorm erfolg­reich und hat insbe­son­de­re ein junges Publi­kum erreicht.»