Die Kultur­sze­ne erkennt erste Hoffnungs­schim­mer am Ende des ziemlich dunklen Corona­tun­nels. Doch die kultu­rel­le Durst­stre­cke ist noch nicht überwun­den. Deswe­gen gibt es auch harsche Kritik.

BERLIN (dpa) — Nach trüben Zeiten kultu­rel­len Still­stan­des in der Corona-Pande­mie zeich­net sich eine langsa­me Wieder­be­le­bung ab. Mit den Beschlüs­sen von Bund und Ländern kann die Kultur­sze­ne in mehre­ren Schrit­ten auf Öffnung hoffen — sofern es das Infek­ti­ons­ge­sche­hen zulässt.

Der Zeitplan löst bei Museen und Theatern vorsich­ti­ge Zustim­mung aus, während etwa Kinos und die Veran­stal­ter deutlich mehr erwarten.

«Bisher kam die Kultur ganz am Schluss», sagte Marc Grand­mon­tagne, Geschäfts­füh­ren­der Direk­tor beim Deutschen Bühnen­ver­ein, am Donners­tag der dpa in Berlin. Mit dem aktuel­len Konzept werde «bei jedem Öffnungs­schritt die Kultur wieder mitgedacht».

Nach den Verein­ba­run­gen können die Bundes­län­der jeweils abhän­gig vom Pande­mie­ver­lauf von Montag an (8. März) Museen und Galerien öffnen, bei Verschär­fung der Lage mit Zeitti­cket. Vom 22. März an könnte eine Öffnung von Theatern, Konzert- und Opern­häu­sern sowie Kinos folgen, im Zweifel mit Covid-19-Test. Dann soll auch über das weite­re Vorge­hen beraten werden.

«Das ist ein Schritt in die richti­ge Richtung», sagte Grand­mon­tagne. «Die Theater haben viel geleis­tet in den letzten Monaten, um sich auf so einen Moment vorzu­be­rei­ten.» Nun gelte es, möglichst viel zu öffnen, ohne die Kontrol­le zu verlie­ren. Er setze auf noch zahlrei­che Auffüh­run­gen bis zum Saison­ende im Sommer.

Der Deutsche Museums­bund will im Verbund mit den Ländern Öffnungs­mög­lich­kei­ten nutzen. «Wir appel­lie­ren an die Bundes­län­der, den Austausch mit den Museen und Landes­mu­se­ums­ver­bän­den zu suchen, damit man die Chancen auch nutzen kann», sagte Präsi­dent Eckart Köhne der dpa. Die Häuser erfüll­ten in vielen Berei­chen bereits Vorga­ben wie etwa Vorab­bu­chun­gen. «Wir glauben, dass das ein gangba­rer Weg ist.» Es lohne sicher­lich nicht wirtschaft­lich, aber es gebe die Chance, «endlich wieder Museums­er­leb­nis­se zu bieten und die Tore zu öffnen».

In Berlin wollen die ersten Häuser der Staat­li­chen Museen auf der Museums­in­sel vom 16. März an wieder öffnen. Nach dpa-Infor­ma­tio­nen ist dann am 1. April die Öffnung aller Häuser vorge­se­hen. Zu den Staat­li­chen Museen Berlin gehören 15 Sammlun­gen mit 4,7 Millio­nen Objek­ten an 19 Stand­or­ten. Die Museen besuch­ten 2019, dem letzten Jahr vor Corona, fast 4,2 Millio­nen Menschen.

Der Börsen­ver­ein des Deutschen Buchhan­dels freut sich über die nun bundes­wei­te Öffnungs­per­spek­ti­ve für Buchhand­lun­gen. Indem die Politi­ker «Buchhand­lun­gen den Geschäf­ten des tägli­chen Bedarfs zuord­nen, erken­nen sie den wichti­gen Beitrag an, den diese für unsere Gesell­schaft leisten», sagte der Haupt­ge­schäfts­füh­rer, Alexan­der Skipis. In einigen Bundes­län­dern sind Buchhand­lun­gen vom aktuel­len Lockdown nicht betroffen.

Kultur­staats­mi­nis­te­rin Monika Grütters sieht ein «wichti­ges Hoffnungs­zei­chen für die durch die Pande­mie schwer getrof­fe­ne Kultur». Öffnun­gen seien verant­wort­lich, gut umsetz­bar und für Kreati­ve wie Publi­kum notwen­dig, sagte die CDU-Politi­ke­rin in Berlin. «Deutsch­land braucht gerade in diesen Zeiten die Kultur, weil sie Raum für Debat­ten und Demokra­tie, Empathie und Energie schafft.»

In der Kino-Branche werden die Beschlüs­se als unzurei­chend kriti­siert. «Letzt­lich wurde die Wieder­eröff­nung der Kultur weiter vertagt», sagte Chris­ti­an Bräuer von der AG Kino–Gilde der dpa. Es gebe «einfach viel zu viele offene Fragen». So seien Aufla­gen ungeklärt, etwa die Umset­zung von Schnell­tests. «Kultu­rel­le Teilha­be darf kein Luxus­gut sein», sagte Bräuer. «Es braucht dringend kosten­freie und prakti­ka­ble Lösun­gen. Das ist noch offen.»

Dem Verband HDF Kino fehlt eine bundes­weit einheit­li­che Perspek­ti­ve. «Dies ist in Anbetracht der wirtschaft­li­chen Lage der Filmthea­ter ein schwe­rer Schlag und eine große Hürde für den Start neuer Filme», sagte Vorstand Chris­ti­ne Berg in einer Mitteilung.

Hefti­ge Kritik kommt auch aus der Veran­stal­tungs­bran­che: Der Deutsche Event­ver­band zeigt sich «fassungs­los». Es fehle «weiter­hin jegli­che Öffnungs­per­spek­ti­ve für die Kultur- und Veran­stal­tungs­in­dus­trie», hieß es. «Nach den anhal­tend schlep­pen­den und unzurei­chen­den Hilfs­pro­gram­men stehen mit jeder weite­ren Woche Lockdown viele Unter­neh­mer vor dem Trümmer­hau­fen ihrer Existenz, unzäh­li­ge Arbeits­plät­ze gehen verlo­ren.» Es müssten endlich Pilot­pro­jek­te gestar­tet werden, um vorlie­gen­de Öffnungs­kon­zep­te testen zu können.

Auch für das Forum Veran­stal­tungs­wirt­schaft bleibt eine bundes­län­der­über­grei­fen­de Öffnungs­stra­te­gie aus. Die Verei­ni­gung #Alarm­st­ufeRot sieht «ohne Nachbes­se­rung keine Veran­stal­tun­gen bis Jahres­en­de». Umfas­sen­de Hygie­nestra­te­gien erlaub­ten bereits infek­ti­ons­si­che­re Veranstaltungen.