STUTTGART (dpa/lsw) — Nach Ansicht des Landes­schü­ler­bei­rats darf die Verwen­dung geschlech­ter­ge­rech­ter Sprache in schrift­li­chen Prüfun­gen nicht als Fehler gewer­tet werden.

Jeder Schüler und jede Schüle­rin solle selbst entschei­den können, ob er oder sie gendert, teilte das Gremi­um am Diens­tag in Stutt­gart mit. Es sei nicht mehr zeitge­mäß, wenn Lehrkräf­te Stern­chen, Unter­strich oder Doppel­punkt negativ markier­ten. Vielmehr müsse die Akzep­tanz für das Gendern steigen; Ziel sei, dass dieje­ni­gen, die gendern wollen, dies auch tun könnten, ohne dabei belächelt oder verur­teilt zu werden oder sich recht­fer­ti­gen zu müssen, beton­ten die Schülervertreter.

Das Kultus­mi­nis­te­ri­um verwies auf das amtli­che Regel­werk für die deutsche Ortho­gra­fie, für das der Rat für deutsche Recht­schrei­bung die maßge­ben­de Instanz sei. «Er sieht bisher keine verkürz­ten Formen zur Kennzeich­nung mehrge­schlecht­li­cher Bezeich­nun­gen vor», teilte ein Sprecher mit. Dem Minis­te­ri­um sei es zwar ein Anlie­gen, dass Schüler und Schüle­rin­nen im Südwes­ten auf geschlech­ter­ge­rech­te Sprache aufmerk­sam gemacht werden. So sollten in der Regel durch­gän­gig die weibli­che und die männli­che Form oder neutra­le Formen wie «Lehrkräf­te» und «Studie­ren­de» verwen­det werden. Es gebe aber keine abwei­chen­den Empfeh­lun­gen. Die Beurtei­lungs- und Korrek­tur­richt­li­ni­en für die Abschluss­prü­fun­gen enthiel­ten keine Aussa­gen zum Gendern. Weiter hieß es, das Minis­te­ri­um wisse von keinen konkre­ten Fällen, in denen gender­neu­tra­le Sprache in Klausu­ren angestri­chen wurde.

Die Lehrer­ge­werk­schaft GEW befür­wor­tet einen diffe­ren­zier­ten Ansatz: Bei einem Diktat, bei dem die Recht­schreib­re­geln des Duden im Vorder­grund stehen, müsse das Gendern anders bewer­tet werden als bei einer Textauf­ga­be in Mathe­ma­tik oder in einem mehrsei­ti­gen Essay, bei dem kreati­ve Freiheit möglich sein müsse. Das Thema sei auch nicht für die erste Klasse Grund­schu­le geeig­net, sondern eher für weiter­füh­ren­de Schulen, erläu­ter­te ein GEW-Sprecher. «Wenn sich die Sprache verän­dert, muss sich auch die Schule damit ausein­an­der­set­zen.» Die Lehrer seien Profis genug, die richti­gen Maßstä­be zu setzen.