Bayern und Baden-Württem­berg dringen auf stren­ge­re Corona-Regeln, die Kanzle­rin auch. Jetzt dreht auch Laschet bei. Doch was ist mit seinem «Brücken-Lockdown» gemeint?

BERLIN (dpa) — Die Forde­rung des nordrhein-westfä­li­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Armin Laschet nach einem schnel­len und harten «Brücken-Lockdown» in Deutsch­land hat ein geteil­tes Echo ausgelöst.

Berlins Regie­ren­der Bürger­meis­ter Micha­el Müller (SPD) lehnte den Vorschlag Laschets ab, schon diese Woche auf einer vorge­zo­ge­nen Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz über eine Verschär­fung der Corona-Regeln zu beraten. Dazu seien noch zu viele Fragen offen. Andere Länder signa­li­sier­ten zwar grund­sätz­lich Bereit­schaft zu einem schnel­len Treffen, verlang­ten aber, vorher müsse ein Konzept auf dem Tisch liegen, das alle mittra­gen wollten.

Laschet hatte am Oster­mon­tag überra­schend vorge­schla­gen, im Kampf gegen die dritte Corona-Welle einen «Brücken-Lockdown» zu beschlie­ßen. Damit solle die Zeit überbrückt werden, bis viele Menschen geimpft seien. Die Lage erfor­de­re es, «dass wir noch mal in vielen Berei­chen nachle­gen», sagte der CDU-Vorsit­zen­de. Er sei sich bei seiner Einschät­zung der Lage mit vielen Länder­chefs, Kanzle­rin Angela Merkel und Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (beide CDU) einig. Die für den 12. April geplan­te Runde von Merkel und den Minis­ter­prä­si­den­ten will er deshalb auf die kommen­den Tage vorziehen.

Ein «Brücken-Lockdown» sollte aus Sicht Laschets «zwei bis drei Wochen» dauern. Jetzt sei abseh­bar, «dass schon in ganz kurzer Zeit 20 Prozent, danach 30, 40 Prozent der deutschen Bevöl­ke­rung geimpft ist», sagte der CDU-Bundes­vor­sit­zen­de am Diens­tag im ZDF-Morgenmagazin.

Im Kreis seiner Länder­kol­le­gen löste Laschets Vorstoß Erstau­nen aus. Der Vorschlag werfe viele Fragen auf, sagte Müller dem ARD-Haupt­stadt­stu­dio. «Ein Brücken-Lockdown für eine Übergangs­zeit und dann mit welchen Maßnah­men? Und das soll so lange gelten, bis viele Menschen geimpft sind. Was heißt das alles?» Er glaube, da seien viele Überle­gun­gen bei Laschet noch nicht abgeschlos­sen, sagte Müller, zurzeit auch Vorsit­zen­der der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz (MPK). Insofern mache eine vorzei­ti­ge MPK jetzt auch keinen Sinn.

Thürin­gens Minis­ter­prä­si­dent Bodo Ramelow sagte dem «Spiegel», man könne gerne jeder­zeit zusam­men­kom­men. «Aber da muss auch vorher was auf dem Tisch liegen, was wir dann auch wirklich gemein­sam beschlie­ßen und vor allem auch alle umset­zen», beton­te der Linken-Politi­ker. «Die aktuel­len Wortmel­dun­gen sind wieder Stück­werk und von Hektik geprägt.» Hessens Minis­ter­prä­si­dent Volker Bouffier (CDU) zeigte sich bereit, das Bund-Länder-Treffen vorzu­zie­hen, es müsse dann aber als Präsenz­ver­an­stal­tung statt­fin­den. «Ziel muss eine Verstän­di­gung der Länder sein», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND/Dienstag).

Bayern ist laut CSU-General­se­kre­tär Markus Blume nur dann für ein Vorzie­hen der Gesprä­che, wenn alle Bundes­län­der grund­sätz­lich zu einer Verschär­fung der Corona-Regeln bereit sind. Blume sagte am Montag­abend im Politik-Talk «Die richti­gen Fragen» auf «Bild live»: «Eine neue MPK bringt ja nichts, wenn danach wieder jeder Seins macht. Deshalb ist ganz entschei­dend, dass die Bereit­schaft der Länder da ist zu weiter­ge­hen­den Maßnahmen.»

Auch SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lauter­bach äußer­te sich skeptisch: Solan­ge sich einzel­ne Bundes­län­der gegen Ausgangs­be­schrän­kun­gen sperr­ten, nutze auch ein neues Treffen nichts, sagte er bei «Bild live». FDP-Vize Wolfgang Kubicki bezeich­ne­te Laschets Vorstoß als «Verzweif­lungs­tat». Die Menschen sollten noch stärker einge­schränkt werden, «um das Schei­tern der Impfstra­te­gie der CDU-geführ­ten Bundes­re­gie­rung zu überde­cken», sagte er den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe (Diens­tag). Grünen-Gesund­heits­exper­te Janosch Dahmen sagte der «Rheini­schen Post» (Diens­tag): «Ein neuer Name bedeu­tet noch lange kein konse­quen­tes Handeln.»

Die Minis­ter­prä­si­den­ten von Bayern und Baden-Württem­berg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretsch­mann (Grüne), hatten schon vergan­ge­ne Woche in einem gemein­sa­men Brief an ihre Kolle­gen eine strik­te Anti-Corona-Politik mit einer konse­quen­ten Umset­zung der Notbrem­se in Hotspots gefor­dert, auch mit nächt­li­chen Ausgangs­be­schrän­kun­gen. Härte­re Maßnah­men fordert auch Merkel. Bisher war der Ruf jedoch vieler­orts ungehört verhallt — auch in CDU-geführ­ten Bundesländern.

Das Saarland will an diesem Diens­tag trotz steigen­der Infek­ti­ons­zah­len sogar mit einem Ausstieg aus dem Lockdown begin­nen. Viele Einrich­tun­gen und Häusern dürfen wieder öffnen, neben der Außen­gas­tro­no­mie zählen auch Kinos, Theater, Konzert­häu­ser, Fitness­stu­di­os und Tennis­hal­len dazu. Wer das Angebot nutzen möchte, braucht in der Regel einen negati­ven Corona-Schnell­test, der nicht älter als 24 Stunden sein darf.

Damit geht erstmals ein ganzes Bundes­land als Corona-Modell­pro­jekt an den Start. «Es muss uns nach einem Jahr Pande­mie mehr einfal­len als nur zu schlie­ßen und zu beschrän­ken», hatte Saarlands Minis­ter­prä­si­dent Tobias Hans (CDU) gesagt. Merkel bezeich­ne­te die Ankün­di­gung als «sehr gewagt». Am Oster­mon­tag wurde für das Saarland eine Inzidenz von 91,3 gemeldet.