BERLIN (dpa) — Ist sie zum Schutz von Hochbe­tag­ten und Kranken nötig — oder ist sie gar nicht umsetz­bar? Im Streit um die Impfpflicht in Heimen und Klini­ken schei­nen die Fronten verhärtet.

Im Streit um die Impfpflicht für Pflege- und Klinik­per­so­nal pocht Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) gegen den Willen Bayerns und der CDU auf Vollzug durch die Länder.

Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder hat seine eigenen umstrit­te­nen Äußerun­gen klarge­stellt. «Nach derzei­ti­gem Stand ist die Umset­zung kaum möglich», sagte der CSU-Chef in München. Generell stell­te Söder klar, auch Bayern stehe weiter zur einrich­tungs­be­zo­ge­nen Impfpflicht, der Bund müsse aber jetzt «nachbes­sern und nachle­gen», damit sie auch für die Länder und für die Einrich­tun­gen umsetz­bar sei. «Das Gesetz gilt, und wir werden mit allen daran arbei­ten, Umset­zungs­mög­lich­kei­ten zu erleich­tern», so Lauterbach.

Söder beton­te, sowohl die Kommu­nen als auch die Einrich­tun­gen würden Alarm schla­gen, es gebe eine tiefe Besorg­nis, wie die Vorga­ben umgesetzt werden sollten inklu­si­ve einer Reihe von arbeits­recht­li­chen Fragen. «So jeden­falls wie jetzt endet es im Chaos und schadet dem gesam­ten bemühen zu impfen», sagte er. Bayern werde deshalb alle Spiel­räu­me nutzen, die Umset­zung «vorläu­fig» auszusetzen.

Lauter­bach warf Söder indirekt vor, Konflik­ten mit den Gegnern der einrich­tungs­be­zo­ge­nen Impfpflicht aus dem Weg gehen zu wollen. «Das ist eine unbelieb­te Vollzugs­maß­nah­me, die dazu führt, dass in einigen Bundes­län­dern zeitwei­se Perso­nal ausfällt», sagte er. «Das macht niemand gerne. Und diesem Konflikt will man offen­bar auszu­wei­chen, weil man glaubt, die Omikron­va­ri­an­te ist so harmlos, dass man das nicht mehr braucht.» Dies sei aber abwegig.

Verhär­te­te Fronten bei der Einrichtungs-Impfpflicht

Lauter­bach sieht in dem Streit «nicht wirklich viele Kompro­miss­li­ni­en». «Entwe­der gilt das Gesetz auch für Bayern oder das Gesetz gilt nicht.» Es gehe um den Schutz der beson­ders verletz­li­chen Menschen, die den Beschäf­tig­ten anver­traut seien. Rücken­de­ckung für Söder kam von der Präsi­den­tin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hassel­feldt. «Wenn so eine Entschei­dung getrof­fen wird, müssen auch die Vollzugs­fra­gen geklärt sein», sagte die frühe­re Vorsit­zen­de der CSU-Landes­grup­pe im Infora­dio vom rbb.

Söder vertei­dig­te das Vorge­hen des Freistaats. Bayern stehe zur einrich­tungs­be­zo­ge­nen Impfpflicht, sie sei aber in der jetzi­gen Form nicht umsetz­bar, sagte der CSU-Chef in München. Der Bund müsse «nachbes­sern und nachle­gen», damit sie auch für die Länder und für die Einrich­tun­gen umsetz­bar sei. Söder beton­te, Kommu­nen und Einrich­tun­gen würden Alarm schla­gen, es gebe eine tiefe Besorg­nis, wie die Vorga­ben umgesetzt werden sollten inklu­si­ve einer Reihe von arbeits­recht­li­chen Fragen. «So jeden­falls wie jetzt endet es im Chaos und schadet dem gesam­ten bemühen zu impfen», sagte er. Bayern werde deshalb alle Spiel­räu­me nutzen, die Umset­zung «vorläu­fig» auszusetzen.

Bayerns Staats­kanz­lei­chef Flori­an Herrmann vertei­dig­te den Schritt des Freistaa­tes. «Der Bund hat eine Regelung geschaf­fen, die, wenn man sie laufen ließe, ins Chaos führen würde», sagte Herrmann nach einer Kabinetts­sit­zung in München. Der CSU-Politi­ker machte zugleich deutlich, Bayern halte die einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht generell für richtig, insbe­son­de­re, wenn sie wie von der Bundes­re­gie­rung angekün­digt im Paket mit der allge­mei­nen Impfpflicht einge­führt werde.

Der CDU-Gesund­heits­exper­te Tino Sorge sagte der «Bild»-Zeitung: «Die Bundes­re­gie­rung muss einse­hen, dass die einrich­tungs­be­zo­ge­ne Impfpflicht im Moment kaum umsetz­bar ist.» CDU-Chef Fried­rich Merz hatte die Ausset­zung in ganz Deutsch­land gefor­dert: Die CDU habe im Bundes­tag in der Annah­me zugestimmt, dass die Proble­me gelöst werden könnten. Die Parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­re­rin der SPD-Frakti­on, Katja Mast, warf Söder und Merz partei­po­li­ti­sche Spiel­chen auf dem Rücken der verletz­lichs­ten Gruppen vor. Baden-Württem­bergs Minis­ter­prä­si­dent Winfried Kretsch­mann (Grüne) äußer­te sein Unver­ständ­nis über die Ausset­zung in Bayern. Hessens Minis­ter­prä­si­dent Volker Bouffier (CDU) forder­te von der Bundes­re­gie­rung umgehend konkre­te Vorga­ben zur Umsetzung.

Spiel­raum bei der Umsetzung

Lauter­bach stell­te fest, der Vollzug des Geset­zes sei Länder­sa­che. Der Bund könne Hilfe­stel­lung bieten, etwa Muster­be­nach­rich­ti­gun­gen für Gesund­heits­äm­ter, mit denen sie die betrof­fe­nen Beschäf­tig­ten anschrei­ben könnten. «Aber ganz konkre­te Anfra­gen habe ich weder aus Bayern noch von der CDU gesehen.» Eine Frist zur Umset­zung, die verlän­gert werden könnte, sehe das Gesetz nicht vor.

Laut Infek­ti­ons­schutz­ge­setz müssen die Beschäf­tig­ten bis zum 15. März ihrem Arbeit­ge­ber einen Impf- oder Genese­nen­nach­weis vorle­gen oder ein Attest, dass sie nicht geimpft werden können. Laut Lauter­bach gibt es keine zeitli­chen Vorga­ben für den weite­ren Prozess: Nachdem die Einrich­tun­gen dem Gesund­heits­amt Beschäf­tig­te ohne Nachweis genannt haben, fordert das Amt die Betrof­fe­nen zunächst zur Vorla­ge auf — und «kann» am Ende ein Betre­tungs- oder Tätig­keits­ver­bot ausspre­chen. Dabei hat das Amt Ermessensspielraum.

Von Basil Wegener, Jörg Ratzsch und Gisela Gross, dpa