BRIDGETOWN (dpa) — Das Herrschafts­ge­biet der Queen ist ein Stück kleiner gewor­den: Der Insel­staat Barba­dos hat sich von der briti­schen Krone verab­schie­det und ist eine Republik geworden.

Barba­dos hat sich zum 55. Unabhän­gig­keits­tag eine neue Staats­form verpasst — die Karibik­in­sel sagte sich von der briti­schen Monar­chie los und erklär­te sich zur parla­men­ta­ri­schen Republik.

Im Beisein des briti­schen Thron­fol­gers Prinz Charles wurde in der Nacht zum Diens­tag die Richte­rin Sandra Mason feier­lich als erste Präsi­den­tin und neues Staats­ober­haupt von Barba­dos verei­digt. Kurz nach Mitter­nacht gab es für Mason Salut­schüs­se und eine Parade der Staats­be­diens­te­ten auf dem Platz der Natio­nal­hel­den in der Haupt­stadt Bridgetown.

Protes­te gegen Kolonialismus

Nicht dabei war eine Statue des briti­schen Admirals Horatio Nelson, die dort gut 200 Jahre gestan­den hatte — bis vor einem Jahr. Inmit­ten von Protes­ten gegen Rassis­mus und Kolonia­lis­mus auf der ganzen Welt entfern­te die Regie­rung damals die Statue von dem zentra­len Platz, wo die Helden des Landes geehrt werden sollen. «Wenn wir nicht wissen, wer wir sind; wenn wir uns nicht darüber im Klaren sind, wofür wir kämpfen wollen, dann sind wir dazu verdammt, wieder ausge­beu­tet und kolonia­li­siert zu werden», sagte dazu Premier­mi­nis­te­rin Mia Mottley.

Zwei Monate zuvor war der Bruch mit der Krone verkün­det worden. «Es ist an der Zeit, unsere kolonia­le Vergan­gen­heit vollstän­dig hinter uns zu lassen», hieß es von Mottley in der jährli­chen sogenann­ten Thron­re­de. Die Anspra­che las Mason in ihrer bishe­ri­gen Rolle vor, als General­gou­ver­neu­rin des Insel­staa­tes — also Vertre­te­rin der Königin. Im Oktober wählte das Parla­ment von Barba­dos die 72-Jähri­ge in das neu geschaf­fe­ne Amt der Präsi­den­tin. Regie­rungs­chefin bleibt Mottley.

Briti­scher Palast zurückhaltend

Die Reakti­on des Bucking­ham-Palasts fiel zurück­hal­tend aus: Die Angele­gen­heit sei «Sache der Regie­rung und des Volkes des Commen­wealth-Staates», hieß es im Septem­ber 2020. Prinz Charles, der seine 95 Jahre alte Mutter in Barba­dos vertrat, beton­te dort: Auch wenn sich einiges ändere, werde manches gleich bleiben — etwa die «enge und vertrau­ens­vol­le Partner­schaft» und gemein­sa­me Werte. In einer Botschaft der Queen in der Nacht zum Diens­tag hieß es, die Königin übermitt­le Glück­wün­sche an die Barbadier.

Popstar Rihan­na war bei der Zeremo­nie dabei. Mottley verkün­de­te, dass die barba­di­sche Sänge­rin, die auch Sonder­bot­schaf­te­rin ihres Landes ist, in den Orden der Natio­nal­hel­den aufge­nom­men werde.

Das Common­wealth of Nations ist eine lose Verbin­dung von Staaten, die aus Großbri­tan­ni­ens ehema­li­gen Kolonien hervor­ge­gan­gen sind. An der Spitze der Organi­sa­ti­on steht Königin Eliza­beth II.. Barba­dos wurde am 30. Novem­ber 1966 unabhän­gig von Großbri­tan­ni­en, die Queen blieb aber bisher Staats­ober­haupt. Zuletzt hatte sich im Jahr 1992 mit Mauri­ti­us ein Common­wealth-Mitglied von der Monar­chie losgesagt.

Erbe der Sklaverei

Vor 394 Jahren kamen die ersten engli­schen Siedler nach Barba­dos. Bald berei­cher­ten sie sich am Zucker­an­bau durch afrika­ni­sche Sklaven. In seinem Buch «Die erste Gesell­schaft schwar­zer Sklaven» von 2016 beschrieb der barba­di­sche Histo­ri­ker Hilary Beckles die Insel zwischen 1636 und 1876 als «die syste­ma­tisch gewalt­tä­tigs­te, brutals­te und rassis­tisch unmensch­lichs­te Gesell­schaft der Neuzeit».

Wegen dieser Vorge­schich­te gibt es auf Barba­dos Forde­run­gen nach Repara­tio­nen und Stimmen gegen den Besuch von Prinz Charles, wie der Aktivist Sulei­man Bulbu­lia am Montag in der briti­schen Zeitung «The Guardi­an» schrieb. Zugleich wird das Land mit knapp 300.000 Einwoh­nern aufgrund des starken Einflus­ses briti­scher Kultur auch «Little England» (Klein-England) genannt. «Natür­lich wird Barba­dos eine enge Bezie­hung zum Verei­nig­ten König­reich aufrecht­erhal­ten», beton­te Bulbu­lia. Dies sei aber eine neue Ära. «Was “Little England” angeht, so erfor­dern diese Zeiten vielleicht einen neuen Kosenamen.»