BERLIN (dpa) — Es klang nach einem guten Kompro­miss: Vermie­ter und Mieter sollten sich künftig die Mehrkos­ten für den CO2-Preis auf Öl und Gas teilen. Doch das ist nun passé.

Im Mai schien der große Durch­bruch gelun­gen zu sein. Eine gerech­te neue Auftei­lung der Zusatz­kos­ten durch den CO2-Preis auf Öl und Gas zwischen Mietern und Vermie­tern — dafür hatte die SPD wochen­lang gekämpft.

Jetzt ist alles wieder passé, vom großen Heizkos­ten­durch­bruch der Bundes­re­gie­rung bleibt vor allem eines: viel heiße Luft. Die Unions­frak­ti­on wollte nicht mitma­chen, wollte Vermie­ter nicht zusätz­lich belas­ten. «Eine Teilung der CO2-Mehrkos­ten zwischen Mieter und Vermie­ter wäre kontra­pro­duk­tiv, da mit dem CO2-Preis eine Verhal­tens­len­kung erzielt werden soll. Es soll sich also für den Verbrau­cher lohnen, wenn er weniger CO2 verbraucht», sagte Unions­frak­ti­ons­vi­ze Thors­ten Frei dazu am Diens­tag der Deutschen Presse-Agentur.

Vermie­ter sind nicht «Verur­sa­cher» von Heizkosten

Das sei der Grund gewesen, weshalb die Unions­frak­ti­on die hälfti­ge Auftei­lung abgelehnt habe. Vermie­ter seien schließ­lich nicht die «Verur­sa­cher» von Heizkosten.

Zugleich beton­te Frei, dass auch jetzt schon dafür gesorgt sei, dass es nicht zu «sozia­len Unwuch­ten» komme. «Wer Trans­fer­leis­tun­gen empfängt, erhält seine Wohnkos­ten vom Staat. Wer Anspruch auf Wohngeld hat, bekommt seit Anfang des Jahres zehn Prozent mehr, um den CO2-Preis abzufe­dern», argumen­tier­te Frei.

SPD zeigt sich enttäuscht

Die SPD-Seite äußer­te sich dagegen enttäuscht. Die Union habe es abgelehnt, bei den höheren CO2-Kosten beim Wohnen auch die Vermie­te­rin­nen und Vermie­ter zu betei­li­gen, sagte SPD-Frakti­ons­chef Rolf Mützenich. «Jetzt müssen die zusätz­li­chen Kosten allein die Miete­rin­nen und Mieter stemmen», sagte er. «So stellen wir uns sozia­len Klima­schutz nicht vor.»

Der Kabinetts­be­schluss vom 12. Mai hatte ursprüng­lich vorge­se­hen, dass bei Mietver­hält­nis­sen künftig Vermie­ter die Kosten des natio­na­len CO2-Preises zu 50 Prozent tragen sollen. Nach bishe­ri­ger Rechts­la­ge überneh­men Miete­rin­nen und Mieter die aus der CO2-Beprei­sung entste­hen­den Kosten alleine.

Zusatz­kos­ten von bis zu 79 Euro

Was in der Folge bedeu­tet: Wenn weiter­hin haupt­säch­lich fossil geheizt wird, wird es teuer. Wie das Portal Check24 errech­net hat, sorgt schon der CO2-Preis von 25 Euro bei einer Familie mit Mietwoh­nung und einem Verbrauch von 1000 Litern Heizöl pro Jahr für Zusatz­kos­ten von knapp 79 Euro. Eine Familie mit Haus muss demnach etwa das Doppel­te draufzahlen.

Ursprüng­lich war die nun geplatz­te Mieter­ent­las­tung im sogenann­ten Klima­schutz-Sofort­pro­gramm vermerkt. Das Sofort­pro­gramm wird an diesem Mittwoch nun ohne den Mieter-Passus ins Kabinett gehen. Es enthält im Wesent­li­chen den Plan für die Vertei­lung der acht Milli­ar­den Euro, die in den kommen­den Jahren zusätz­lich in Klima­schutz­maß­nah­men fließen sollen.

Umset­zung zieht sich hin

Umset­zen muss das aber die kommen­de Bundes­re­gie­rung. Auch SPD-Frakti­ons­vi­ze Matthi­as Miersch, der bis zuletzt die Details des Klima- und Energie­pro­gramms mit der Union verhan­delt hat, sprach am Diens­tag von einer «Brücke in die nächs­te Legislaturperiode».

Als Versäum­nis kriti­sier­te Miersch das Konzept für den Ausbau erneu­er­ba­rer Energien. Hier sei es nicht gelun­gen, den Bundes­län­dern verbind­li­che Ziele mit auf den Weg zu geben, etwa für den Ausbau der Windener­gie an Land. Wind- und Solar­ener­gie durch Geset­zes­än­de­run­gen einen Schub zu geben, sei nun die «Zukunfts­auf­ga­be der nächs­ten Regie­rung», erklär­te Miersch am Dienstag.

Bundes­kli­ma­schutz­ge­setz bildet den Rahmen

Den Rahmen aller Maßnah­men und Finanz­plä­ne bildet das Bundes­kli­ma­schutz­ge­setz, das an diesem Donners­tag und Freitag Bundes­tag und Bundes­rat passie­ren soll. Darin werden die neuen Klima­zie­le veran­kert, die sich die Bundes­re­gie­rung nur knapp zwei Wochen nach einem Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts im Mai gesteckt hatte.

Die Richter in Karls­ru­he hatten der Bundes­re­gie­rung aufge­tra­gen, den natio­na­len Pfad zur Reduk­ti­on von klima­schäd­li­chen Treib­haus­ga­sen auch über das Jahr 2030 hinaus näher zu regeln. Das wird nun mit dem Bundes­kli­ma­schutz­ge­setz gesche­hen. Deutsch­land strebt demnach bis 2045, also fünf Jahre früher als ursprüng­lich geplant, Treib­haus­gas­neu­tra­li­tät an. Dann soll nur noch so viel klima­schäd­li­ches Gas ausge­sto­ßen werden, wie wieder neutra­li­siert werden kann.

Kritik von Grünen und Linken

Über den richti­gen Weg dahin strei­tet die Politik seit Wochen — umso inten­si­ver im Wahlkampf. Grüne und Linke kriti­sier­ten das Klima­schutz­kon­zept der Bundes­re­gie­rung am Diens­tag als unzurei­chend. Die nötigen Maßnah­men würden einfach auf die kommen­de Bundes­re­gie­rung vertagt, ist immer wieder zu hören.

Auch Umwelt- und Sozial­ver­bän­de sind enttäuscht und sehen den nötigen sozia­len Ausgleich für höhere CO2-Preise bedroht. Olaf Bandt, Vorsit­zen­der des Bundes für Umwelt und Natur­schutz (BUND), beklag­te am Diens­tag, dass die Bundes­re­gie­rung Lösun­gen gefun­den habe, die vor allem Unter­neh­men und nicht Bürge­rin­nen und Bürgern zugutekämen.

Am Montag­abend hatten die Fraktio­nen unter anderem eine Einigung bekannt­ge­ge­ben, die es künftig mehr Unter­neh­men ermög­li­chen soll, eine staat­li­che Entschä­di­gung für bezahl­te CO2-Preise geltend zu machen.

Von Fatima Abbas, dpa