BIBERACH — Die Stadt Biber­ach hat einen Spenden­auf­ruf gestar­tet, um über die Kontak­te unserer polni­schen Partner­stadt Schweid­nitz zu dessen ukrai­ni­schen Partner­städ­ten, Iwano-Frankiwsk in der Westukrai­ne und Nischyn in der Nähe von Kiew, Hilfe vor Ort zu leisten. Und auch selbst­ver­ständ­lich Schweid­nitz bei der Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen aus der Ukrai­ne zu unterstützen. 

Am 12. März machte sich ein zweiter Hilfs­trans­port auf den Weg nach Schweid­nitz, mit dabei vier Feuer­wehr­män­ner, die die beiden Fahrzeu­ge souve­rän nach Schweid­nitz und zurück steuer­ten, und die Vertre­tern der Stadt Biber­ach, als auch Malgorza­ta Jasińs­ka-Reich, die Vorsit­zen­de des Schweid­nitz-Ausschus­ses im StäPa, und der StäPa-Vorsit­zen­de Hans-Bernd Sick.

Bewegen­de Eindrü­cke und tiefe Dankbar­keit der Schweid­nit­zer Freunde

Der Auftakt zum Hilfs­trans­port war ja schon während der Woche, bei der Abgabe der angefrag­ten Sachspen­den im Feuer­wehr­haus. Dort wurde für diese Sammel­ak­ti­on Platz angebo­ten. Zahlrei­che Freiwil­li­ge halfen mit, die Sachspen­den anzuneh­men und in die jewei­li­gen Boxen zu vertei­len. Die Hilfs­be­reit­schaft der Bevöl­ke­rung war riesen­groß, war gerade­zu umwer­fend. M. Jasińs­ka-Reich und H.-B. Sick waren am Freitag­nach­mit­tag zusam­men mit vielen anderen dort beim Helfen; im Minuten­takt brach­ten Bürge­rin­nen und Bürger und auch einige Unter­neh­men frisch gewasche­ne Decken und Schlaf­sä­cke, Isomat­ten, Luftma­trat­zen, Gäste- und Feldbet­ten, Verbands­käs­ten, Taschen­lam­pen, Batte­rien, Power­banks und Konser­ven. Das Materi­al türmte sich in der Feuer­wehr­hal­le. Im Hinter­grund berei­te­ten die Feuer­wehr­leu­te schon den Trans­port selbst vor.

Am Samstag ging es morgens um sechs Uhr mit zwei Fahrzeu­gen los, beladen mit 24 Palet­ten, zwei Rollwa­gen und die Zwischen­räu­me mit weite­ren Schlaf­sä­cken, Isomat­ten und Hygie­ne­ar­ti­kel aufge­füllt. Ohne Stau und Dank den erfah­re­nen Fahrern der Freiwil­li­gen Feuer­wehr ging es gut voran. Je mehr wir uns der polni­schen Grenze näher­ten, desto mehr andere Hilfs­fahr­zeu­ge, die an den entspre­chen­den Plaka­ten und Aufkle­bern erkenn­bar waren, sahen wir. Einmal überhol­te uns eine lange Kolon­ne von PKWs mit spani­schen Kennzei­chen, den Schil­dern nach freiwil­li­ge Helfer*innen auf dem Weg zu ihrem Einsatz­ort. Man winkte sich zu; ein solida­ri­sches Gefühl zwischen wildfrem­den Perso­nen, die sich zufäl­lig mit ihrem gemein­sa­men Ziel der Hilfe­leis­tung auf der Autobahn begeg­ne­ten, war zu spüren.

In Schweid­nitz steuer­ten wir die Eissport­hal­le an. Die Eislauf­sai­son ist beendet, und in der Halle gibt es ausrei­chend Platz für die Zwischen­la­ge­rung vor dem Weiter­trans­port in die Ukrai­ne bzw. der Verwen­dung in Schweid­nitz. Mit Schweid­nit­zer Unter­stüt­zung wurden die beiden Fahrzeu­ge rasch ausge­la­den. Im Anschluss daran führten Szymon Chojnow­ski, der Vizeprä­si­dent der Stadt Schweid­nitz, und Grzegorz Szweg­ler aus der Stadt­ver­wal­tung und Mitglied im dorti­gen Partner­schafts­ver­ein, die Biber­acher Gruppe zu zwei Flücht­lings­un­ter­künf­ten und infor­mier­ten über die momen­ta­ne Situa­ti­on. Schweid­nitz hat rund 60.000 Einwoh­ner, davon rund 5.000 Ukrai­ner. Eintau­send ukrai­ni­sche Flücht­lin­ge waren an dem Samstag in der Stadt Schweid­nitz regis­triert. Die reale Zahl dürfte ein Mehrfa­ches höher sein, da die privat Unter­ge­kom­me­nen wohl größten­teils noch nicht regis­triert sind. Da Schweid­nitz früher ein sowje­ti­scher Militär­stütz­punkt war, in dem viele Ukrai­ner statio­niert waren, vermu­tet Grzegorz Szweg­ler, dass es dadurch viele ukrai­ni­sche Flücht­lin­ge in die von früher her bekann­te Stadt zieht. Die Unter­stüt­zung durch die Bevöl­ke­rung ist riesen­groß, dürfte aber in Bälde an ihre Grenzen stoßen.

Von der Warschau­er Regie­rung wurden Schweid­nitz bereits weite­re dreihun­dert Flücht­lin­ge zugeteilt. Die Kosten für die Flücht­lings­hil­fe muss die Stadt bislang allei­ne stemmen, es gibt derzeit (noch) keine staat­li­chen Zuschüs­se. Die Verab­schie­dung des entspre­chen­den Geset­zes in Warschau zieht sich hin… Eine riesi­ge Heraus­for­de­rung für Biberachs Partnerstadt! 

Die erste Unter­kunft liegt über der dorti­gen Freiwil­li­gen Feuer­wehr. Auf zwei Stock­wer­ken verteilt wohnten zu diesem Zeitpunkt 22 Perso­nen, es soll auf 40 Perso­nen aufge­stockt werden. Noch während des Besuchs der Biber­acher Gruppe wurden bereits erste Betten aus der gerade ausge­la­de­nen Hilfs­lie­fe­rung in diese Unter­kunft gebracht. Die zweite Unter­kunft ist in einer Jugend­her­ber­ge, etwas außer­halb der Stadt gelegen. Hier sind 49 Perso­nen – 22 Frauen und 27 Kinder — unter­ge­bracht, auch hier wird aufge­stockt werden müssen. M. Jasińs­ka-Reich konnte sich mit einigen der ukrai­ni­schen Frauen unter­hal­ten. Sie erzähl­ten über ihre anstren­gen­de Flucht; dass sie froh seien, in Schweid­nitz so viel Hilfs­be­reit­schaft zu erfah­ren. Und sie sind sehr erfreut zu erfah­ren, dass nun Hilfe aus Biber­ach in Schweid­nitz einge­trof­fen sei. Aber ihr Ziel sei, möglichst bald wieder zurück in ihre Heimat zu reisen. Und natür­lich ihre Männer wieder zu treffen, ihre Famili­en in einer fried­li­chen Ukrai­ne wieder zu verei­nen. Aktuell steht in der Jugend­her­ber­ge nur eine einzi­ge Wasch­ma­schi­ne ohne Trock­ner zur Verfü­gung. Bei der Anzahl der oft sehr kleinen Kinder läuft sie ununter­bro­chen und deckt bei weitem den Bedarf nicht ab. Hier könnte mit den Biber­acher Spenden­gel­dern Abhil­fe geschaf­fen werden. Die Flücht­lin­ge können sich teils ihr Essen selbst kochen mit gespen­de­ten Lebens­mit­teln, teils wird Essen angeliefert. 

Vor Ort, aber auch noch am Sonntag­mor­gen vor der Abrei­se, wurde mit den Zustän­di­gen über die konkre­te weite­re Hilfe aus Biber­ach gespro­chen. Die Dankbar­keit für die Hilfe aus Biber­ach, für die Unter­stüt­zung durch die hiesi­ge Bevöl­ke­rung ist überwäl­ti­gend. Und höchst willkom­men, da dringend notwen­dig. Davon konnten sich die Biber­acher ein Bild machen.

Den herzli­chen Dank der Freun­de aus Schweid­nitz und der ukrai­ni­schen Flücht­lin­ge möchten die beiden StäPa-Vorstands­mit­glie­der gerne an alle Spender*innen weiter­ge­ben! Das Ausmaß der Dankbar­keit der Ukrai­ne­rin­nen ist schwer in Worte zu fassen.

Trotz des ernsten Anlas­ses für den Besuch war die Wieder­se­hens­freu­de groß. Der Schweid­nit­zer Partner­schafts­ver­ein lud die Biber­acher zum Abend­essen ein. Zum Abschied schenk­te Aleksan­dra „Ola“ Rokicka jeder und jedem Biber­acher einen lecke­ren, frisch gebacke­nen Mohnstru­del. Zwischen Frühstück und Arbeits­tref­fen gab es noch etwas Zeit für einen frühen Stadt­bum­mel zur Friedens­kir­che und durch Teile der histo­ri­schen Altstadt. Für die meisten war es der erste Besuch in Schweid­nitz bzw. Polen. Alle waren sich einig: Schweid­nitz ist ein Besuch wert! Aber zuerst hoffen alle gemein­sam auf baldi­gen Frieden!