PRISTINA (dpa) — Barri­ka­den und Berich­te über Schüs­se auf Polizis­ten: Militan­te Serben wehren sich gegen neuen Einrei­se­re­geln des kosova­ri­schen Staates. In der aufge­heiz­ten Lage inter­ve­nie­ren inter­na­tio­na­le Diplomaten.

Die Regie­rung des Kosovos hat auf Druck von US-ameri­ka­ni­schen und europäi­schen Diplo­ma­ten die Umset­zung neuer Einrei­se­re­geln für Serben vorerst um einen Monat verscho­ben. Militan­te Serben im Norden des Landes began­nen am Montag, die Barri­ka­den zu entfer­nen, die sie am Vortag aus Protest gegen die neue Regelung an den Zufahrts­stra­ßen zu zwei Grenz­über­gän­gen nach Serbi­en errich­tet hatten.

Verord­nung hätte heute in Kraft treten sollen

Die entspre­chen­de Verord­nung hätte am Montag in Kraft treten sollen. Demnach hätten sich Perso­nen, die sich an der Grenze mit serbi­schen Perso­nal­do­ku­men­ten auswei­sen, eine zusätz­li­che Beschei­ni­gung der kosova­ri­schen Grenz­po­li­zei ausstel­len lassen müssen. Auch serbi­sche Kfz-Kennzei­chen sollten nicht mehr anerkannt werden. Pristi­na verstand dies als Gegen­maß­nah­me dafür, dass das Nachbar­land Serbi­en seit mehre­ren Jahren kosova­ri­sche Dokumen­te nicht anerkennt. Kosova­ri­sche Staats­bür­ger erhal­ten bei der Einrei­se ein ähnli­ches Dokument, wie es das Kosovo nun für Reisen­de mit serbi­schen Dokumen­ten einfüh­ren wollte.

Militan­te Aktivis­ten hatten am Sonntag im überwie­gend von Serben bewohn­ten Norden des Landes die Straßen zu den Grenz­über­gän­gen Jarin­je und Brnjak mit schwe­ren Bauma­schi­nen verbar­ri­ka­diert. Unbekann­te hätten zudem Schüs­se in Richtung kosova­ri­scher Polizis­ten abgege­ben, verletzt worden sei dabei niemand, sagte die Polizei in Pristi­na am späten Sonntag­abend. Bei der Polizei in Pristi­na melde­ten sich vier Bürger, die behaup­te­ten, im Nord-Kosovo von militan­ten Serben festge­hal­ten und misshan­delt worden zu sein.

Vucic ruft zur Zurück­hal­tung auf

Unter­stüt­zung erhiel­ten die Kosovo-Serben von der Führung in Belgrad. Serbi­ens Staats­prä­si­dent Aleksand­ar Vucic hatte in einer Fernseh­an­spra­che am Sonntag­vor­mit­tag — also noch vor Errich­tung der Barri­ka­den — Albaner und Serben zur Zurück­hal­tung aufge­ru­fen. Zugleich beton­te er aber auch: «Es wird keine Kapitu­la­ti­on geben, und Serbi­en wird gewin­nen, wenn sie es wagen, Serben zu verfol­gen, Serben zu töten.» Hinwei­se dafür, dass die kosova­ri­schen Behör­den ethni­sche Serben physisch attackie­ren wollten, lagen zu dem Zeitpunkt nicht vor.

Wegen der angespann­ten Lage traten inter­na­tio­na­le Diplo­ma­ten auf den Plan. Der EU-Außen­be­auf­trag­te Josep Borrell sowie der US-Botschaf­ter im Kosovo, Jeff Hoveni­er, traten an den kosova­ri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Albin Kurti heran, um einen Aufschub für das Inkraft­tre­ten der Einrei­se­re­geln zu erwir­ken. Der kosova­ri­sche Regie­rungs­chef teilte schließ­lich in der Nacht zum Montag auf Twitter mit, dass die Maßnah­me für 30 Tage ausge­setzt werde, sobald die Serben die Barri­ka­den im Nord-Kosovo besei­ti­gen würden.

Nato-Missi­on beobach­tet die Lage

Die Nato-Missi­on KFOR hatte am Sonntag­abend mitge­teilt, dass sie die Situa­ti­on genau beobach­te. Gemäß ihrem Mandat sei sie «bereit, einzu­grei­fen, sollte die Stabi­li­tät gefähr­det sein.» Der seit 1999 im Kosovo statio­nier­ten Schutz­trup­pe gehören knapp 4000 Solda­ten an. Darun­ter sind auch mehre­re Dutzend Angehö­ri­ge der Bundeswehr.

Das heute fast ausschließ­lich von Albanern bewohn­te Kosovo gehör­te bis 1999 zu Serbi­en. Nach einem bewaff­ne­ten Aufstand der Kosovo-Albaner zwang die Nato den serbi­schen Staat mit Luftan­grif­fen zum Rückzug. Von 1999 bis 2008 regier­te die UN-Verwal­tung Unmik die Provinz. Serbi­en erkennt die von den Kosova­ren im Jahr 2008 ausge­ru­fe­ne Unabhän­gig­keit nicht an.