BERLIN (dpa) — Die Grünen haben die Nachfol­ger von Annale­na Baerbock und Robert Habeck als Partei­chefs gekürt. Die neue Führung pocht in der neuen Rolle als Regie­rungs­par­tei auf Geschlossenheit.

Der designier­te neue Grünen-Chef Omid Nouri­pour hat bekräf­tigt, dass die neue Partei­spit­ze sich eng mit den Grünen-Minis­tern in der Ampel-Regie­rung Deutsch­lands abstim­men will.

«Geschlos­sen­heit ist natür­lich das Gebot, gerade in der Regie­rung», sagte Nouri­pour am Samstag­abend dem «heute journal» des ZDF. «Wir werden einhel­lig mitein­an­der sein. Es wird nicht darum gehen, dass die Partei jetzt irgend­wie gelbe Karten verteilt. Sondern wir werden gemein­sam in verschie­de­nen Rollen, aber abgespro­chen jetzt in dieser Regie­rung zum Erfolg kommen.»

Der Außen­po­li­ti­ker Nouri­pour und die Sozial­po­li­ti­ke­rin Ricar­da Lang waren am Samstag vom Online-Partei­tag der Grünen zum neuen Führungs­duo gewählt worden. Sie sollen als Partei­vor­sit­zen­de die Nachfol­ge von Annale­na Baerbock und Robert Habeck antre­ten, die seit Dezem­ber Minis­ter in der Ampel-Regie­rung sind. Die digita­len Voten müssen nun noch formal per Brief­wahl bestä­tigt werden, was bis zum 14. Febru­ar gesche­hen soll. Erst danach sind die beiden Neuen auch formell im Amt.

Blick auf langfris­ti­ge Perspektiven

Nouri­pour machte deutlich, dass die Situa­ti­on heute aus seiner Sicht anders ist als bei der ersten Regie­rungs­be­tei­li­gung der Grünen im Bund ab 1998. «Die Partei ist in ’nem anderen Modus, wir haben zehn Landes­re­gie­run­gen, in denen wir auch Kompro­mis­se schlie­ßen.» Das Entschei­den­de sei, «dass wir auch die langfris­ti­gen Perspek­ti­ven beschrei­ben. Und natür­lich erklä­ren, was wir denn für Kompro­mis­se warum geschlos­sen haben».

Als Beispiel verwies er auf das von den Grünen angestreb­te Tempo­li­mit für Autobah­nen, das sie in den Koali­tiosn­ver­hand­lun­gen mit SPD und FDP nicht durch­set­zen konnten: «Wir haben kein Tempo­li­mit, weil wir dafür den Kohle­aus­stieg vorzie­hen konnten. Trotz­dem wollen wir in vier Jahren spätes­tens ein Tempo­li­mit haben.»

Baerbock und Habeck hatten die Grünen im Tandem vier Jahre lang geführt und konnten nach den Regeln der Partei als Minis­ter nicht Partei­vor­sit­zen­de bleiben.

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf Twitter mit Blick auf die neuen Grünen-Vorsit­zen­den, er freue sich darauf, gemein­sam am Fortschritt für Deutsch­land zu arbeiten.

Online zugeschal­tet

Lang konnte wegen einer Corona-Infek­ti­on nicht auf der Bühne im Berli­ner Velodrom sprechen, wo ein überschau­ba­rer Kreis von Spitzen-Grünen versam­melt war. Die mehre­ren Hundert Delegier­ten waren online zugeschal­tet. Lang wird dem linken Flügel der Partei zugerech­net. Sie war bisher Vizeche­fin. In ihrer Bewer­bungs­re­de beton­te sie, die Regie­rungs­be­tei­li­gung sei für die Grünen eine riesi­ge Chance, auch wenn dabei Kompro­mis­se notwen­dig seien. «Regie­ren ist doch keine Strafe, das ist eine riesen­gro­ße Chance», sagte sie. Die Verbin­dung von Klima­schutz und sozia­ler Gerech­tig­keit müsse zur Grund­la­ge der Grünen-Politik gemacht werden.

Nouri­pour ist ein profi­lier­ter Außen­po­li­ti­ker und sitzt seit 2006 als Abgeord­ne­ter aus Frank­furt am Main im Bundes­tag. Er wurde im Iran geboren und kam im Alter von 13 Jahren mit seiner Familie nach Deutsch­land. Er ordnet sich dem Realo-Flügel zu. In seiner Bewer­bungs­re­de sagte er, sein Ziel sei es, die Partei voran­zu­brin­gen, um «wieder in der K‑Frage mitspie­len zu können». Mit seiner Kandi­da­tur wolle er Menschen mit Migra­ti­ons­ge­schich­te motivie­ren, sich politisch zu engagieren.