BERLIN (dpa) — Gerhard Schrö­der steht massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russi­schen Angriffs auf die Ukrai­ne nicht von seinen Posten bei russi­schen Firmen trennt. Ein Inter­view hat die Debat­te nun neu angefacht.

Der nordrhein-westfä­li­sche Minis­ter­prä­si­dent Hendrik Wüst (CDU) hat nach einem vielbe­ach­te­ten Inter­view von Altkanz­ler Gerhard Schrö­der (SPD) Konse­quen­zen von der SPD-Spitze gefordert.

«Das Inter­view in der «New York Times» ist schon ziemlich verstö­rend und es muss Folgen haben», sagte Wüst am Sonntag im Politik-Talk «Die richti­gen Fragen» bei Bild TV. «Die gesam­te SPD-Führung hat gesagt: Wenn Gerhard Schrö­der an seinen gut bezahl­ten Manda­ten bei Putin festhält, kann er nicht mehr Mitglied der SPD sein.» Jetzt sage er, dass er genau das vorha­be. «Deshalb ist die SPD jetzt aufge­ru­fen, ihren Worten Taten folgen zu lassen.»

Schrö­der steht in Deutsch­land massiv in der Kritik, weil er sich trotz des russi­schen Angriffs auf die Ukrai­ne nicht von seinen Posten bei russi­schen Energie­un­ter­neh­men trennt. Die SPD-Spitze hat sich schon lange von Schrö­der distan­ziert. Die SPD-Vorsit­zen­den Saskia Esken und Lars Kling­beil haben ihn Ende Febru­ar in einem Brief aufge­for­dert, seine Posten bei den Staats­un­ter­neh­men niederzulegen.

In einem am Samstag veröf­fent­lich­ten Artikel der «New York Times» sagte Schrö­der, er würde zurück­tre­ten, sollte der russi­sche Präsi­dent Wladi­mir Putin Deutsch­land und der Europäi­schen Union das Gas abdre­hen. Mit einem solchen Szena­rio rechne er nicht. Sollte es aber doch dazu kommen, «dann würde ich zurück­tre­ten». Von welchen Posten, sagte er nicht.

Schrö­der ist Aufsichts­rats­chef beim staat­li­chen russi­schen Energie­rie­sen Rosneft und Vorsit­zen­der des Gesell­schaf­ter­aus­schus­ses der Pipeline-Gesell­schaft Nord Stream. Außer­dem ist er im zustän­di­gen Handels­re­gis­ter nach wie vor als Verwal­tungs­rats­prä­si­dent der Nord Stream 2 AG eingetragen.

Wüst regte bei «Bild TV» im Zuge der Debat­te über Schrö­ders Posten eine Neure­ge­lung bei den Bezügen von Altkanz­lern an. Kiews Bürger­meis­ter Vitali Klitsch­ko sagte «Bild», es sollte über das Einfrie­ren von Schrö­ders Konten nachge­dacht werden, wenn er seine Posten fortfüh­re. Klitsch­ko kriti­sier­te demnach auch Schrö­der-Aussa­gen in der «New York Times». «Angesichts seiner Propa­gan­da für den Kreml fragt man sich, warum Schrö­der in Hanno­ver wohnt und nicht in Moskau.»