HEGGBACH – Geflüch­te­te aus der Ukrai­ne müssen viel zurück­las­sen. So auch Olha, Anna und Katery­na. Für die drei jungen Frauen mit Behin­de­rung tun sich bei allem Unglück jedoch in Heggbach bei der St. Elisa­beth-Stiftung auch neue beruf­li­che Chancen auf, die sie in der Heimat nicht hatten.

Seit dem Sommer sind Anna (22), Olha (24) und Katery­na (26) in Deutsch­land. Sie wohnen in Privat­woh­nun­gen oder im Flücht­lings­heim. Die drei jungen Frauen mit Handi­cap sind mit ihren Müttern und Geschwis­tern aus der Ukrai­ne geflo­hen. Sie sitzen mit Dolmet­sche­rin Tatsia­na Zakre­us­ka­ya, Gruppen­lei­ter Jörg Zieglow­ski und Marti­na Miller, Nieder­las­sungs­lei­tung Teilha­be & Bildung, in der Heggba­cher Werkstatt für Menschen mit Behin­de­rung (WfbM) der St. Elisa­beth-Stiftung. Angesto­ßen wurde das Projekt von der Mutter einer in Heggbach beschäf­tig­ten jungen Frau sowie vom Sozial­amt der Stadt Biber­ach. Marti­na Miller zöger­te nicht, die drei Frauen, deren Art des Handi­caps mangels Dokumen­ten zunächst unklar war, in der Werkstatt aufzu­neh­men. Anna hat zu Hause in einer Kondi­to­rei gearbei­tet, für Olha, die sie schon länger kennt, ist es die erste Arbeitsstelle. 

Gruppen­lei­ter Zieglow­ski konnte mit seiner ruhigen Art viele Ängste der neuen Beschäf­tig­ten zerstreu­en. Alle drei Frauen arbei­ten von Beginn an in unter­schied­li­chen Gruppen mit rund einem Dutzend Menschen verschie­de­nen Alters zusam­men und sind mittler­wei­le gut integriert. Anna berich­tet auf Ukrai­nisch: „Mir gefällt die Arbeit sehr gut. Ich sortie­re und zähle oft Schrau­ben“. Auch Katery­na, die in der Heimat in keinem Arbeits­ver­hält­nis stand und immer bei ihren Eltern und der Oma zu Hause war, findet sich gut zurecht. 

Sie zählt gleich die Namen der Kolle­gin­nen und Kolle­gen auf, die beson­ders nett sind. Zieglow­ski ist froh über einen Kolle­gen aus Russland, der mit seinen Sprach­kennt­nis­sen helfen kann. Er freut sich sehr, dass die neuen Mitar­bei­te­rin­nen Anschluss gefun­den haben. Olha kann sich sogar schon ein bisschen auf Deutsch verstän­di­gen. Sie übersetzt schon mal für ihre Freun­din­nen. „Aber nur, wenn sie mich nicht ärgern. Sonst sage ich, sie sollen selbst Deutsch lernen“. Bei gelegent­lich auftre­ten­den kleinen Strei­tig­kei­ten, wenden sich die Frauen gerne an Marti­na Miller, bei der sich Olha ausdrück­lich bedankt für die stets offene Tür. Olha lobt auch überschwäng­lich das Heggba­cher Essen: „In der Ukrai­ne ist es nicht so lecker“. 

Um die Weichen für die Ausbil­dung zu stellen, wechsel­te das Trio zum 1. Dezem­ber nach Laupheim ins Beruf­li­che Bildungs­zen­trum der St. Elisa­beth-Stiftung. Mögli­cher­wei­se kann sich die eine oder andere dort sogar für den allge­mei­nen Arbeits­markt quali­fi­zie­ren, hofft Miller. Olha würde gerne mit Holz arbei­ten, wenngleich sie auch bei der Metall-Monta­ge gut zurechtkommt. 

Bei der Bespre­chung mit Dolmet­sche­rin einige Tage zuvor waren die Mütter der jungen Frauen und der mittler­wei­le nach Deutsch­land gekom­me­ne Vater von Olha in Heggbach. Bei dieser Bespre­chung seien einige Tränen geflos­sen, berich­tet Miller. Die Heggba­cher Werkstatt ist den Ukrai­ne­rin­nen schon ein wenig zur Heimat gewor­den, beobach­tet sie und ergänzt: „Die Drei haben auch etwas mit uns gemacht. Wir haben viel gelernt, wie man sich ohne gemein­sa­me Sprache verstän­di­gen kann“.

Katery­na macht sich angesichts des Wechsels nun ein bisschen Sorgen. Sie zweifelt, ob sie künftig im Beruf erfolg­reich sein kann, und weiß noch nicht, was sie in Laupheim lernen wird. Vielleicht komme sie nach der Orien­tie­rungs­pha­se in Laupheim ja wieder nach Heggbach, hofft sie. „Aber am liebs­ten wäre ich zu Hause“, fügt Olha kaum hörbar an und wischt sich ein paar Tränen aus den Augen. „In der Ukraine“.