Vor knapp zwei Jahren schei­ter­te die Pkw-Maut mit Total­scha­den vor Gericht. Um politi­sche Aufklä­rung bemüh­te sich ein U‑Ausschuss. Das Fazit der Opposi­ti­on fällt für den Minis­ter wie erwar­tet scharf aus.

Bei der geplatz­ten Pkw-Maut haben sich aus Sicht von FDP, Linken und Grünen schwe­re Versäum­nis­se von Verkehrs­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er (CSU) bestätigt.

«Was hier an Verfeh­lun­gen vorliegt, das geht weit über das Maß hinaus, was ohne politi­sche Konse­quen­zen bleiben darf», sagte Grünen-Frakti­ons­vi­ze Oliver Krischer zur Bilanz des Unter­su­chungs­aus­schus­ses des Bundes­tags. Es sei ein Unding, dass Scheu­er noch im Amt sei. Die drei Opposi­ti­ons­frak­tio­nen beanstan­de­ten gravie­ren­de Rechts­ver­stö­ße, unzuläng­li­che Prozes­se und mangeln­den Aufklä­rungs­wil­len des Minis­te­ri­ums. Im Juni soll auch der Bundes­tag noch einmal über die Maut-Aufar­bei­tung debattieren.

Der FDP-Verkehrs­exper­te Oliver Luksic hielt Scheu­er «schwers­te Fehler» und Verstö­ße gegen das Haushalts- und Verga­be­recht vor. Linke-Obmann Jörg Cezan­ne sagte, entspre­chen­de Bewer­tun­gen des Bundes­rech­nungs­ho­fes hätten sich «vollum­fäng­lich bewahr­hei­tet». Er sagte mit Blick auf angefor­der­te Dokumen­te für den Ausschuss, er habe bis heute Zweifel, dass alle Unter­la­gen vorhan­den seien. Auch Luksic forder­te dringen­de Refor­men der Abläu­fe im Minis­te­ri­um. «Dazu gehört, dass Regie­rungs­mit­glie­der weder ihre Abgeord­ne­ten-Mail noch ihre priva­te Mail-Adres­se für die dienst­li­che Kommu­ni­ka­ti­on nutzen dürfen.»

Die umstrit­te­ne Pkw-Maut — ein Presti­ge­pro­jekt der CSU in der schwarz-roten Bundes­re­gie­rung — war im Juni 2019 vom Europäi­schen Gerichts­hof (EuGH) als rechts­wid­rig gestoppt worden. Die ursprüng­lich vorge­se­he­nen Betrei­ber fordern 560 Millio­nen Euro Schaden­er­satz, nachdem der Bund die Verträ­ge direkt nach dem Urteil gekün­digt hatte. Dazu läuft ein Schieds­ver­fah­ren. Scheu­er hat die Vorwür­fe und die Forde­run­gen der Betrei­ber mehrfach strikt zurück­ge­wie­sen. Mit dem Ausschuss gab es teils auch Streit um das Bereit­stel­len von E‑Mails.

Das Gremi­um hatte im Dezem­ber 2019 die Arbeit aufge­nom­men und Scheu­er zwei Mal stunden­lang als Zeugen vernom­men. Befragt wurden etwa auch Ex-Verkehrs­mi­nis­ter Alexan­der Dobrindt (CSU), der die Maut-Geset­ze durch­ge­setzt hatte, und Innen­mi­nis­ter Horst Seeho­fer als frühe­rer CSU-Chef.

FDP, Linke und Grüne legten nun ein gemein­sa­mes Sonder­vo­tum für den Abschluss­be­richt vor. Unions-Obmann Ulrich Lange (CSU) sagte, damit sei die Opposi­ti­on ihrem Verhal­ten im Ausschuss treu geblie­ben: «Viel Getöse, wenig Fakten und erwart­bar unaus­ge­wo­ge­ne Schluss­fol­ge­run­gen.» Auch die Koali­ti­on hat eine Bewer­tung vorge­legt. Die SPD erklär­te dazu Mitte April, Scheu­er habe sich durch seine Entschei­dun­gen auf einen «fahrläs­si­gen Blind­flug» begeben. Er trage die Verant­wor­tung für drohen­de Entschädigungsansprüche.

Im Blick des Ausschus­ses standen auch Vorwür­fe gegen Scheu­er, die Betrei­ber­ver­trä­ge trotz des anste­hen­den EuGH-Urteils noch Ende 2018 geschlos­sen zu haben, bevor Rechts­si­cher­heit bestand. Grüne, FDP und Linke kommen laut ihrem Votum «zu dem eindeu­ti­gen Schluss», dass es ein Angebot gab, die Unter­zeich­nung erst nach dem Urteil vorzu­neh­men — und verwei­sen auf sieben entspre­chen­de Zeugen­aus­sa­gen von Managern der Betrei­ber­sei­te. Scheu­er hatte der Darstel­lung wider­spro­chen und gesagt, so ein Angebot habe es nach seiner Erinne­rung nicht gegeben. Eine gefor­der­te Gegen­über­stel­lung kam im Ausschuss nicht zustande.

FDP, Grüne und Linke stell­ten zudem fest, dass das Schei­tern der Maut vor dem EuGH «abseh­bar» gewesen sei. Zentra­ler Knack­punkt war, dass nach dem Modell nur inlän­di­sche Fahrer für Mautzah­lun­gen voll bei der Kfz-Steuer entlas­tet werden sollten. Cezan­ne kriti­sier­te, dass die zwischen­zeit­li­che Einstel­lung eines EU-Verfah­rens gegen Deutsch­land ein «politi­scher Deal» gewesen sei, den das Minis­te­ri­um aber in juris­ti­sche Zustim­mung umzudeu­ten versucht habe. Die Schluss­rech­nung für das Schei­tern der Pkw-Maut werde erst nach der Bundes­tags­wahl präsen­tiert werden, erklär­ten die drei Oppositionsfraktionen.