BERLIN (dpa) — Ein Vorstoß des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums soll Kinder und Schwan­ge­re künftig vor dem Passiv­rau­chen im Auto schüt­zen. Doch es melden sich auch kriti­sche Stimmen zu den Verbotsplänen.

Rauchen im Auto soll nach dem Willen des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums künftig nicht mehr erlaubt sein, wenn Kinder oder Schwan­ge­re mitfah­ren. Dieses bereits seit länge­rem von den Bundes­län­dern gefor­der­te Verbot ist in einem Referen­ten­ent­wurf zur Ergän­zung des Bundes­nicht­rau­cher­schutz­ge­set­zes vorge­se­hen, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Das Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND) hatte zuerst berich­tet. Der Entwurf aus dem Haus von Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) müsste noch mit anderen Ressorts abgestimmt werden, bevor er dem Kabinett vorge­legt wird.

Bußgel­der in Höhe von bis zu 3000 Euro

Demnach soll das Rauch­ver­bot, das zum Beispiel bereits im öffent­li­chen Nahver­kehr gilt, künftig auch «in geschlos­se­nen Fahrzeu­gen in Anwesen­heit von Minder­jäh­ri­gen oder Schwan­ge­ren» umgesetzt werden. Mehre­re Bundes­län­der hatten schon seit Jahren Initia­ti­ven gestar­tet, um diese Erwei­te­rung durch­zu­set­zen, und bei einem Verstoß Bußgel­der in Höhe von bis zu 3000 Euro ins Spiel gebracht. Zuletzt entschied der Bundes­rat im März 2022, einen entspre­chen­den Gesetz­ent­wurf in den Bundes­tag einzubringen.

Die nieder­säch­si­sche Landes­re­gie­rung hatte dies mit Verweis auf das Deutsche Krebs­for­schungs­zen­trum damit begrün­det, dass die Konzen­tra­ti­on von Tabak in Autos fünfmal so hoch sein könne «wie in einer durch­schnitt­li­chen verrauch­ten Gaststät­te». Für Kinder und Jugend­li­che könnte dies Schädi­gun­gen an der Lunge sowie Atemwegs­er­kran­kun­gen und Mittel­ohr­ent­zün­dun­gen verursachen.

Rund eine Milli­on Minder­jäh­ri­ge Tabak­rauch im Auto ausgesetzt

Bei Säuglin­gen steige die Gefahr des plötz­li­chen Kinds­to­des. Neuge­bo­re­ne, deren Mütter in der Schwan­ger­schaft geraucht haben oder Passiv­rau­che­rin­nen waren, hätten häufig ein deutlich gerin­ge­res Geburts­ge­wicht und Längen­wachs­tum sowie eine vermin­der­te Lungen­funk­ti­on. Schät­zung des Deutschen Krebs­for­schungs­zen­trums zufol­ge seien derzeit rund eine Milli­on Minder­jäh­ri­ge in Deutsch­land Tabak­rauch im Auto ausgesetzt.

Lauter­bach schrieb auf Twitter zum gefor­der­ten Verbot: «Es hätte schon früher einge­führt werden müssen; gerade in Schwan­ger­schaft und bei kleinen Kindern können bleiben­de Schäden entste­hen». Kinder und Schwan­ge­re bräuch­ten besse­ren Schutz in der Gesellschaft.

«Neure­ge­lun­gen, die in der Praxis kaum umsetz­bar sind»

Der FDP-Gesund­heits­po­li­ti­ker Lars Linde­mann äußer­te sich kritisch zu den Verbots­plä­nen. Er hält «Ansät­ze zur Unter­stüt­zung und Förde­rung der Rauch­ent­wöh­nung für einen besse­ren Weg», wie er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur sagt. Dazu bräuch­te es starke Aufklä­rungs­kam­pa­gnen, die vor allem die Schäd­lich­keit für Kinder in den Fokus bringen. «Hier könnte Gesund­heits­mi­nis­ter Lauter­bach sensibilisieren.»

Der stell­ver­tre­ten­de Unions-Frakti­ons­vor­sit­zen­de Ulrich Lange plädier­te ebenfalls für eine verstärk­te Aufklä­rung. «Damit kommen wir weiter als mit neuen Verbo­ten», sagte der CSU-Politi­ker der «Rheini­schen Post». Er appel­lie­re «an die Vernunft von Autofah­rern und ihre Rücksicht­nah­me gegen­über Mitfah­ren­den». Der Unions-Gesund­heits­exper­te Tino Sorge sprach von «Neure­ge­lun­gen, die in der Praxis kaum umsetz­bar sind». Vor den gefähr­li­chen Einflüs­sen des Passiv­rau­chens zu schüt­zen, sei richtig, sagte der CDU-Politi­ker der Zeitung. «Regelun­gen müssen sich aber auch an ihrer Prakti­ka­bi­li­tät und Umsetz­bar­keit messen lassen.»

Kinder­hilfs­werk begrüßt Pläne

Unter­stüt­zung für Lauter­bachs Vorstoß kam vom Deutschen Kinder­hilfs­werk. «Der Schutz von Kindern und Jugend­li­chen muss hier endlich gesetz­lich abgesi­chert werden», sagte Bundes­ge­schäfts­füh­rer Holger Hofmann. Studi­en in Kanada, wo es in weiten Teilen des Landes bereits seit länge­rer Zeit ein entspre­chen­des gesetz­li­ches Rauch­ver­bot gäbe, hätten gezeigt, dass das Rauchen in Autos in Anwesen­heit von Kindern dadurch deutlich abgenom­men hat.

Auch Baden-Württem­bergs Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha, derzeit Vorsit­zen­der der Gesund­heits­mi­nis­ter­kon­fe­renz, begrüß­te die Verbots­plä­ne. «Gerade Kinder müssen unbedingt vor Folgen des Passiv­rau­chens geschützt werden», erklär­te der Grünen-Politiker.

Die Gewerk­schaft der Polizei (GdP) ist skeptisch, was die Durch­set­zung eines solchen Verbots angeht. Ihr Bundes­vor­sit­zen­der, Jochen Kopel­ke sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Grund­sätz­lich ist es gut, Menschen vor unnöti­gen Gefah­ren zu schüt­zen, eine solche Absicht muss jedoch durch­führ­bar sein.» Das wäre aus seiner Sicht nur möglich, wenn Lauter­bach dafür sorgen würde, dass im Haushalt für 2024 die notwen­di­gen Mittel für die polizei­li­che Verkehrs­über­wa­chung bereit­ge­stellt werden. Über den sogenann­ten Pakt für den Rechts­staat — der eine Unter­stüt­zung der Länder durch den Bund beinhal­tet — wäre dies möglich.

Auf die Frage, wie ein Verbot kontrol­liert werden solle, sagte ein Sprecher des Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­ums: «Wir haben auch ein Handy-Verbot im Auto, und auch das wird kontrol­liert und auch das funktioniert.»

Das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um will dort, wo ein Rauch­ver­bot per Gesetz gilt, dies auch auf E‑Zigaretten und Canna­bis-Produk­te ausweiten.