Das Ende des Winters bedeu­tet für viele Menschen den Beginn neuen Leidens: Die Nase läuft, die Augen jucken — mit dem Pollen­flug startet die Heuschnup­fen­zeit. Die gute Nachricht: Corona-Masken schüt­zen nicht nur vor Viren. Sorgen machen die künfti­gen Aussichten.

BERLIN (dpa) — Der Winter ist noch nicht vorbei, doch längst blühen die ersten Pflan­zen — und die Heuschnup­fen­zeit beginnt. Rund 15 Prozent der Menschen in Deutsch­land sind nach Schät­zun­gen betrof­fen. Doch diesmal könnte vielen ein im Kampf gegen Corona etablier­tes Mittel helfen: die Maske.

«Egal welche Maske man trägt, es ist sehr wahrschein­lich, dass Pollen durch das Materi­al abgehal­ten werden», sagte der Aller­go­lo­ge und Leiter der Stiftung Deutscher Pollen­in­for­ma­ti­ons­dienst, Karl-Chris­ti­an Bergmann. Dadurch könne die Menge einge­at­me­ter Pollen zumin­dest reduziert werden.

Pollen­kör­ner werden abgehalten

Errei­chen die Pollen die Schleim­häu­te in Nase und Mund nicht mehr, können sie dort keine Sympto­me auslö­sen. «In den meisten Fällen werden Sympto­me wie eine laufen­de Nase, Juckreiz im Mund oder Niesen deutlich gemil­dert», erläu­ter­te der Aller­go­lo­ge Arthur Helbing in einem Inter­view mit dem Schwei­zer Aller­gie­zen­trum. FFP2-Masken filter­ten zwar kleine­re Parti­kel als Standard-Hygie­ne­mas­ken, die nur Parti­kel über etwa drei Mikro­me­ter abhiel­ten. Da Pollen­kör­ner aber zwischen rund 10 und 100 Mikro­me­ter groß seien, könnten beide Masken­ty­pen Pollen­kör­ner filtern, so Helbling, Leiter der Aller­go­lo­gisch-Immuno­lo­gi­schen Polikli­nik am Insel­spi­tal Bern.

Wer trotz Maske niesen müsse, solle diese regel­mä­ßig wechseln. «Ist die Maske feucht, bietet sie kaum mehr Schutz, weder vor Pollen noch vor Viren.» Den Schutz­ef­fekt von Masken mindert zudem, dass Augen und Haut ungeschützt bleiben. «Die Maske kann rote, tränen­de oder jucken­de Augen nicht verhin­dern», erklär­te Helbing. Ein gewis­ser Schutz vor Pollen lasse sich mitun­ter durch das Tragen einer Brille erreichen.

Ein Blick in die Pollen­flug­pro­gno­se zeigt: Derzeit strömen in großen Teilen des Landes Erlen- und Baum-Hasel-Pollen durch die Luft. Der Beginn der Pollen­sai­son hatte sich in diesem Jahr ein wenig verzö­gert, weil Hasel und Erle wegen des Kälte­ein­bruchs vor einiger Zeit etwas später blühten. Aber: «Der Winter allei­ne nimmt keinen Einfluss auf die Blüte, da spielen noch weite­re Fakto­ren wie Vegeta­ti­ons­be­ginn und Trocken­heit eine Rolle», erklärt Andre­as Matzara­kis, Medizin-Meteo­ro­lo­ge beim Deutschen Wetterdienst.

Pollen können weite Wege zurücklegen

Was für die Pollen­flug­sai­son in diesem Jahr insge­samt zu erwar­ten ist, lässt sich nicht absehen. «Mehr als fünf bis sechs Tage im Voraus kann man keine genau­en Angaben treffen», erklärt Matzara­kis. Forscher der Techni­schen Univer­si­tät München (TUM) haben zudem belegt, dass die regio­na­le Lage durch Pollen mehre­re Hundert Kilome­ter entfernt blühen­der Pflan­zen beein­flusst werden kann. So seien an bayeri­schen Messsta­tio­nen oft Pollen von Pflan­zen aufge­fan­gen worden, bevor diese in der Region blühten, berich­te­te das Team kürzlich im Fachjour­nal «Frontiers in Allergy».

Zum Beispiel wurden Birken-Pollen an einer Teststa­ti­on aufge­fan­gen, obwohl Birken in der Region erst mindes­tens zehn Tage später zu blühen began­nen. Dadurch könnten Aller­gi­ker unter zusätz­li­chen Belas­tun­gen leiden und die Saison länger dauern, als anhand der Blühzei­ten vor Ort anzuneh­men sei, hieß es. Zudem wurden Pollen von Pflan­zen in der Luft gemes­sen, die in der jewei­li­gen Region gar nicht vorkommen.

Wie der Klima­wan­del die Pollen­flug­sai­son beein­flus­sen wird, ist noch nicht im Detail geklärt. Klar ist: Wärme­re Tempe­ra­tu­ren lassen viele Pflan­zen früher blühen, höhere Kohlen­di­oxid-Konzen­tra­tio­nen können zudem die Pollen­pro­duk­ti­on erhöhen. «Bei Experi­men­ten mit krauti­gen Pflan­zen wie der Ambro­sia fanden Forscher heraus, dass sie länge­re Blüten­stän­gel entwi­ckel­ten und dadurch auch mehr Pollen produ­zier­ten», erklärt der Landschafts­öko­lo­ge Matthi­as Werchan vom Polleninformationsdienst.

Einfluss des Klimawandels

Anderer­seits könnten bestimm­te aller­ge­ne Baumar­ten wie die Birke bei wärme­ren Tempe­ra­tu­ren und trocke­ne­rem Klima verstärkt abster­ben — wodurch die Pollen­last sinken würde. Im Gegen­zug wieder­um könnten sich bisher nicht hier heimi­sche aller­ge­ne Pflan­zen verstärkt ausbrei­ten. «Es kommt sehr darauf an, was der Mensch noch macht und wie er den Klima­wan­del beein­flusst», betont Werchan.

Unter­su­chun­gen zeigen, dass die jährli­che Zahl der Tage mit aller­ge­nen Pollen in der Luft in den vergan­ge­nen Jahrzehn­ten deutlich gestie­gen ist. In Nordame­ri­ka zum Beispiel nahm die Zahl solcher Tage von 1990 bis 2018 um etwa 28 zu, zudem stieg die Konzen­tra­ti­on der Pollen in der Luft um 21 Prozent, wie Forscher erst kürzlich im Fachma­ga­zin «PNAS» berich­te­ten. Einen ähnli­chen Trend gebe es auch in Deutsch­land und Europa, hatte Bergmann vom Pollen­in­for­ma­ti­ons­dienst dazu erklärt.

Aller­ge­ne Pollen seien in Deutsch­land inzwi­schen etwa zwei Wochen früher in der Luft unter­wegs als noch vor 20 bis 30 Jahren — das gelte etwa für Hasel­nuss-Pollen, die generell beson­ders früh im Jahr anzutref­fen seien. Im Herbst habe sich die Pollen­sai­son von Beifuß und anderen Kräutern um ebenfalls etwa zwei Wochen verlän­gert. Für die Gesamt­kon­zen­tra­tio­nen der Pollen im Jahr lässt sich demnach hierzu­lan­de noch keine gesicher­te Aussa­ge treffen.

Beson­ders in den Städten könnten weiter steigen­de Tempe­ra­tu­ren die von Heuschnup­fen geplag­ten Menschen wohl stärker belas­ten. «Höhere Tempe­ra­tu­ren führen zu mehr Feinstaub in der Luft, und gemein­sam mit einem starken Pollen­flug könnten die Beschwer­den inten­si­ver wahrge­nom­men werden», erklärt Bergmann. Die Zahl der Aller­gi­ker dürfte wegen des Klima­wan­dels aber nicht steigen: «In den vergan­ge­nen zehn Jahren hat es keinen wirkli­chen Zuwachs mehr gegeben an Kindern oder Erwach­se­nen, die Heuschnup­fen oder Pollen-Asthma entwi­ckelt haben.»