HAMBURG/MAGDEBURG/KIEL (dpa) — In allen Bundes­län­dern wird mit Blick auf sinken­de Corona-Zahlen langsam wieder geöff­net. Auch Sexar­bei­te­rin­nen können sich vieler­orts Hoffnung machen. Doch nicht in allen Regio­nen geht es voran.

Licht und Schat­ten für die Prosti­tu­ier­ten in Deutsch­land. Während zahlrei­che Sexar­bei­te­rin­nen ihre Arbeit in Sachsen-Anhalt und Schles­wig-Holstein bereits wieder aufneh­men können und in Berlin auf einen baldi­gen Start warten, bleibt das Rotlicht in anderen Bundes­län­dern vorerst aus.

«Das fühlt sich erstmal gut an, dass es Bundes­län­der gibt, die uns mit reinneh­men in die Öffnungs­plä­ne. Die Freude darf aber nicht darüber hinweg­täu­schen, dass es ebenso Bundes­län­der gibt, die unver­rück­bar bei einer Schlie­ßung bleiben», sagte Johan­na Weber vom Berufs­ver­band für eroti­sche und sexuel­le Dienst­leis­tun­gen der Deutschen Presse-Agentur.

Vor allem in Mecklen­burg-Vorpom­mern, Baden-Württem­berg, dem Saarland, Sachsen, Hamburg und Bayern sei ein Neustart noch nicht abseh­bar, sagte die politi­sche Spreche­rin des Verban­des. «Da müssen wir wirklich noch Druck machen.» Die Branche ist wie viele andere auch seit Novem­ber im Lockdown. In Hessen und Mecklen­burg-Vorpom­mern müssen Bordel­le seit März 2020 geschlos­sen bleiben.

Dass Bordel­le bei einer hohen Sieben-Tage-Inzidenz an Corona-Infek­tio­nen nicht geöff­net werden, sei logisch. «Aber wenn alle im Biergar­ten sitzen und in die Restau­rants reinge­hen können, ist das auch der Zeitpunkt, dass wir wieder arbei­ten können», so Weber weiter. Alle Etablis­se­ments arbei­te­ten mit Hygie­ne­kon­zep­ten. Nach der Öffnung im Sommer habe es keine Corona-Ausbrü­che in Bordel­len oder Sauna­clubs gegeben. In der Regel sei das Geschäft aber auch keine Massen­ver­an­stal­tung. «Die meisten Bordel­le sind ganz kleine Wohnungs­bor­del­le mit zwei oder drei Frauen. Wenn die mal drei Gäste haben, sind die schon froh. Im Moment wäre es eher einer am Tag, wenn überhaupt.»

Die Prosti­tu­ier­ten von der Hambur­ger Reeper­bahn warten indes noch auf eine klare Öffnungs­an­sa­ge von den Behör­den. «Wir wissen immer noch nicht, wann wir wieder arbei­ten dürfen», sagte Hanna von der Gruppie­rung Sexy Aufstand Reeper­bahn. «Wir hatten eigent­lich gehofft, dass wir uns 2020 mit einem guten Konzept bewie­sen hatten. Aber im Moment sieht es so aus, also ob es wieder einer der letzten Öffnungs­schrit­te wird. Da sind wir sehr enttäuscht von der Politik. Wo bleibt denn da die Weltof­fen­heit für Hamburg?» Massage‑, Tattoo- und Kosme­tik­stu­di­os dürften in der Hanse­stadt bereits wieder öffnen. «Wir sind da nicht gleich gestellt.» In Hamburg arbei­ten den Angaben zufol­ge rund 2000 Sexar­bei­te­rin­nen und Sexarbeiter.

Bei einer Öffnung gelten für die Bordel­le und Prosti­tu­ier­ten meist die gleichen Hygie­ne- und Corona-Schutz­re­geln wie für andere Unter­neh­men mit körper­na­hen Dienst­leis­tun­gen — also ein negati­ver Corona-Test, ein Schutz­kon­zept und die Erfas­sung der Kontaktdaten.

Die Corona-Zwangs­pau­se habe viele Kolle­gin­nen und Kolle­gen in Existenz­nö­te und teilwei­se auch in die Illega­li­tät getrie­ben. «Viele Sexar­bei­ten­de sind durch alle Raster gefal­len, zum Beispiel weil sie keinen festen Wohnsitz haben», sagte Weber vom Berufs­ver­band weiter. Andere haben Corona-Hilfen oder Grund­si­che­rung bekom­men. Dem Berufs­ver­band zufol­ge sind in Deutsch­land rund 40 000 Männer und Frauen als Prosti­tu­ier­te angemel­det. Weber geht davon aus, dass nochmal so viele ohne den sogenann­ten Prosti­tu­ier­ten­schutz­aus­weis arbei­ten, weil sie beruf­li­che und priva­te Nachtei­le fürchten.

Am 2. Juni ist der Inter­na­tio­na­le Huren­tag. Der seit 45 Jahren began­ge­ne Tag soll auf die Situa­ti­on von Prosti­tu­ier­ten aufmerk­sam machen. Auf die sonst üblichen Demons­tra­tio­nen und Veran­stal­tun­gen wird in diesem Jahr coronabe­dingt meist verzich­tet. Statt­des­sen gibt es beispiels­wei­se das Hör-Event «Huren Hören» mit Geschich­ten aus dem Spektrum der Sexar­beit von der Berli­ner Beratungs­stel­le Hydra. Und der Berufs­ver­band hat in den sozia­len Netzwer­ken eine Bilder­ak­ti­on «gegen die hartnä­cki­ge Vorstel­lung, dass Prosti­tu­ier­te “ihre Körper verkau­fen”» gestartet.