BERLIN (dpa) — Die Ukrai­ne ruft nach weite­ren Waffen. Es geht dabei auch um Panzer. Koali­ti­ons­po­li­ti­ker unter­stüt­zen das und machen weiter Druck. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz bleibt bei seiner Linie.

In der Debat­te über mögli­che Panzer­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne hat Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) auf bereits erfolg­te Liefe­run­gen schwe­rer Waffen verwie­sen und bekräf­tigt, dass es keine deutschen Allein­gän­ge geben werde. Im «Inter­view der Woche» des Deutsch­land­funks sagte Scholz, die Bundes­re­gie­rung tue sehr viel. Gerade die Waffen, die Deutsch­land zur Verfü­gung gestellt habe, hätten «den Unter­schied gemacht und die Erfol­ge, die jetzi­gen Erfol­ge, die die Ukrai­ne verzeich­net auch ermög­licht». Deshalb mache es «Sinn, dass wir dort weitermachen».

Die von Russland angegrif­fe­ne Ukrai­ne fordert den Westen und konkret Deutsch­land seit Wochen auf, ihr auch Kampf­pan­zer westli­cher Bauart und Schüt­zen­pan­zer zu liefern. Bisher hat kein Nato-Land Kampf­pan­zer westli­cher Bauart in die Ukrai­ne gelie­fert. Scholz betont stets, dass es in dieser Frage keinen deutschen Allein­gang geben werde. Die Koali­ti­ons­part­ner FDP und Grüne zeigen sich aller­dings offen für eine Auswei­tung der Waffenlieferungen.

«Wir müssen das Momen­tum nutzen, dass sich die Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner im wahrs­ten Sinne erkämpft haben», schrieb der stell­ver­tre­ten­de FDP-Chef Johan­nes Vogel in einem Gastbei­trag für «Zeit Online». Die Ukrai­ne müsse den Krieg um ihr Terri­to­ri­um gewin­nen und Putin so zum Frieden zwingen. «Unsere Aufga­be ist es, die Ukrai­ne dabei zu unter­stüt­zen — mit der Liefe­rung weite­rer schwe­rer Waffen, auch abseits des zähen Ringtau­sches. Das schließt die Panzer Marder und Fuchs nach meiner Überzeu­gung ausdrück­lich ein.»

FDP fordert weite­re Waffenlieferungen

Die FDP-Vertei­di­gungs­exper­tin Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann sagte dem «Mannhei­mer Morgen» (Samstag), nun müsse weite­res Materi­al folgen — unter anderem auch der Schüt­zen­pan­zer Marder, «mit dem die ukrai­ni­sche Armee nachrü­cken und gezielt russi­sche Stellun­gen bekämp­fen könnte». «Zeiten­wen­de drückt sich im Krieg auch durch Schüt­zen- und Trans­port­pan­zer aus», schrieb auch der FDP-Vertei­di­gungs­po­li­ti­ker Marcus Faber am Samstag bei Twitter.

Bundes­tags­vi­ze­prä­si­den­tin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) twitter­te mit Blick auf Gräber und Folter­stät­ten, die nach ukrai­ni­schen Angaben in zuletzt zurück­er­ober­ten Gebie­ten entdeckt wurden: «Wieder Massen­grä­ber. Offen­bar Folter. Immer noch jemand, der jetzt verhan­deln will? Oder liefern wir doch schnells­tens, was nötig ist? An jedem Tag, den wir warten sterben Menschen, die auch für unsere Freiheit kämpfen.»

Aus der Opposi­ti­on kommt ebenfalls Druck. Nach Berich­ten von «Spiegel» und «Frank­fur­ter Allge­mei­ner Sonntags­zei­tung» will die Unions­frak­ti­on in der kommen­den Woche einen Antrag für eine Auswei­tung der Waffen­hil­fe für die Ukrai­ne im Bundes­tag einbringen.

Deutsch­land hat bisher unter anderem Luft- und Panzer­ab­wehr­waf­fen und Artil­le­rie gelie­fert. Bei Artil­le­rie handelt es sich um Geschüt­ze, die aus der Ferne auf Stellun­gen des Gegners oder auch hinter feind­li­che Linien schie­ßen können, etwa um Muniti­ons­de­pots zu treffen. Auch Panzer­hau­bit­zen gehören dazu, sie sind im Gegen­satz zu festen Geschüt­zen fahrbar, ihre Besat­zung durch die Panze­rung geschützt.

Die von der Ukrai­ne gefor­der­ten Kampf­pan­zer könnten vorran­gig bei Vorstö­ßen und der Rückerobe­rung von Gebie­ten einge­setzt werden. Sie haben eine große Feuer­kraft und sind für den Einsatz im direk­ten Gefecht gebaut. Schüt­zen­pan­zer, die ebenfalls in der Diskus­si­on sind, dienen dazu Solda­ten möglichst sicher ins Kampf­ge­biet zu trans­por­tie­ren und diese im Gefecht zu unterstützen.

Bundes­wehr­ver­band: Keine Abgabe aus Truppen­be­stän­den mehr

Der Deutsche Bundes­wehr­ver­band als Inter­es­sen­ver­tre­tung der Solda­ten zeigte sich offen für die Liefe­rung von Schüt­zen­pan­zern an die Ukrai­ne, aller­dings nicht aus Bundes­wehr­be­stän­den. «Wir verste­hen den Wunsch der Ukrai­ne nach schwe­ren Waffen nur zu gut. Wir können uns vorstel­len, beispiels­wei­se Schüt­zen­pan­zer aus den Bestän­den der Indus­trie abzuge­ben», sagte Verbands­chef André Wüstner dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND/Samstag). Was aus Sicht des Verbands aber nicht mehr gehe, sei die Abgabe von Waffen und Muniti­on der Bundes­wehr. «Viele in der Bundes­wehr fürch­ten, dass diese Politik der weite­ren Kanni­ba­li­sie­rung unserer Truppe negati­ve Auswir­kun­gen haben wird», sagte Wüstner.

«Wir werden bei allem, was wir tun, keine Allein­gän­ge machen», beton­te Scholz im Deutsch­land­funk-Inter­view. Liefe­run­gen habe man «klug, beson­nen und abgewo­gen» ausge­wei­tet und mit anderen abgestimmt. «Ich will das ganz klar sagen: Wir haben die Ukrai­ne unter­stützt, wir werden das tun, wir tun es in sehr großem Umfang und auch mit sehr relevan­ten Waffen, die wir zur Verfü­gung stellen, und gleich­zei­tig bleibt es unser Ziel, dass es nicht zu einer Eskala­ti­on des Krieges zwischen Russland und der Nato kommt.»

Scholz: Gesprä­che mit Putin «immer im Ton freundlich»

Der Kanzler hatte nach mehrmo­na­ti­ger Unter­bre­chung am Diens­tag wieder mit Russlands Präsi­dent Wladi­mir Putin telefo­niert, nach Angaben der Bundes­re­gie­rung 90 Minuten lang. Es war eines von mehre­ren Telefo­na­ten seit Beginn des Angriffs auf die Ukrai­ne. Es bliebe «immer im Ton freund­lich», auch wenn es «in der Sache sehr, sehr unter­schied­li­che, ja weit unter­schied­li­che Ansich­ten» gebe, die er klar vorge­tra­gen habe, sagte Scholz. Wenn er alle Gesprä­che zusam­men­fas­se, die er in letzter Zeit mit Putin geführt habe, so habe es «durch­aus Bewegun­gen gegeben». Diese seien nur nicht sehr weitrei­chend gewesen.