BERLIN (dpa) — Olaf Scholz spricht bei der Wieder­auf­bau­kon­fe­renz in Berlin von einer «Genera­tio­nen­auf­ga­be», mit der man bereits jetzt begin­nen müsse. Auch Präsi­dent Selen­skyj drängt auf rasche Investitionen.

Bundes­kanz­ler Olaf Scholz hat sich dafür ausge­spro­chen, schon vor Ende des russi­schen Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne einen «Marshall­plan» für den Wieder­auf­bau aufzu­stel­len. Dies sei «eine Genera­tio­nen­auf­ga­be, mit der man jetzt begin­nen müsse», sagte der SPD-Politi­ker am Diens­tag bei einer inter­na­tio­na­len Wieder­auf­bau­kon­fe­renz in Berlin. Scholz versprach der Ukrai­ne erneut Unter­stüt­zung, solan­ge dies notwen­dig sei. «In ihrem Kampf für Freiheit, Unabhän­gig­keit und Souve­rä­ni­tät ist die Ukrai­ne nicht alleine.»

Bei der Konfe­renz gehe es darum, Wege für die Gestal­tung der Zukunft des Landes zu finden, «nicht nur für die kommen­den Monate, sondern für die kommen­den Jahre», sagte Scholz. Um dieser Heraus­for­de­rung gerecht zu werden, müssten priva­te und staat­li­che Inves­to­ren auf der ganzen Welt zusam­men­ge­bracht werden.

Auf Einla­dung von Scholz und EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen beraten in Berlin inter­na­tio­na­le Exper­ten über den Wieder­auf­bau der Ukrai­ne. An der Tagung nehmen auch der ukrai­ni­sche Minis­ter­prä­si­dent Denys Schmyhal und der polni­sche Minis­ter­prä­si­dent Mateusz Morawi­ecki teil.

Von der Leyen: Breite Allianz für Wieder­auf­bau nötig

EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen hat zu weltwei­ten Bemühun­gen für einen Wieder­auf­bau der Ukrai­ne aufge­ru­fen. Es sei keine Zeit zu verschwen­den, das Ausmaß der Zerstö­rung sei beacht­lich, sagte sie mit Blick auf die Folgen des russi­schen Angriffs­kriegs. Kein Land oder keine Union könne dies allei­ne stemmen, man brauche starke Partner wie die USA, Kanada, Japan, Großbri­tan­ni­en, Austra­li­en und andere Länder sowie Insti­tu­tio­nen wie die Weltbank. Jeder Euro, jeder Dollar, jedes Pfund, jeder Yen sei eine Inves­ti­ti­on in die Ukrai­ne, aber auch in die demokra­ti­schen Werte weltweit.

Es seien Milli­ar­den­sum­men notwen­dig für den Wieder­auf­bau. Tausen­de Häuser seien zerstört worden, ebenso Schulen, Brücken, Straßen, Kraft­wer­ke und Bahnhö­fe. Für viele Ukrai­ne­rin­nen und Ukrai­ner gehe es darum, im Winter ein warmes Zuhau­se zu haben. Mit Blick auf den Wieder­auf­bau von Infra­struk­tur sagte von der Leyen, dies müsse einge­bet­tet werden in den Weg der Ukrai­ne in die EU. Die Europäi­sche Union werde das Land so lange unter­stüt­zen wie nötig.

Selen­skyj dringt auf rasche Investition

Der ukrai­ni­sche Präsi­dent Wolodym­yr Selen­skyj hat für rasche inter­na­tio­na­le Inves­ti­tio­nen in den Wieder­auf­bau seines durch den russi­schen Krieg stark zerstör­ten Landes gewor­ben. Wer in den Wieder­auf­bau der Ukrai­ne inves­tie­re, inves­tie­re in ein künfti­ges EU-Mitglieds­land, sagte er am Diens­tag laut Simul­tan­über­set­zung. «Europa kann man nur mit der Ukrai­ne gemein­sam denken.» Das Land trete für die Sicher­heit Europas ein, indem es den russi­schen Schlag abfan­ge, beton­te er demnach.

Beson­ders dringend seien Inves­ti­tio­nen in Kranken­häu­ser, Schulen, Verkehrs­we­ge und andere lebens­wich­ti­ge Infra­struk­tur, erläu­ter­te Selen­skyj. Durch Raketen­an­grif­fe sei mehr als ein Drittel der ukrai­ni­schen Energie­infra­struk­tur zerstört worden. Dieser Teil des Wieder­auf­baus könne nicht auf die Zeit nach dem Krieg verscho­ben werden, dafür brauche die Ukrai­ne jetzt Geld. Der von der Gruppe sieben führen­der demokra­ti­scher Indus­trie­staa­ten (G7) erwoge­ne Aufbau­fonds müsse bereits im kommen­den Monat seine Arbeit begin­nen, forder­te Selenskyj.

Der Präsi­dent nannte einen Finanz­be­darf von 38 Milli­ar­den Dollar, um das Staats­de­fi­zit im kommen­den Jahr auszu­glei­chen. Das Geld werde benötigt, um Lehrer und Ärzte zu bezah­len sowie Renten auszuzahlen.

Zerstör­te Infra­struk­tur muss schnell aufge­baut werden

Vor der Wieder­auf­bau­kon­fe­renz in Berlin hatte die Ukrai­ne auf schnel­le Inves­ti­tio­nen in die stark zerstör­te Infra­struk­tur des Landes gedrun­gen. «Es ist wichtig zu verste­hen, dass ungeach­tet des Krieges der Wieder­auf­bau jetzt begin­nen muss», sagte der Minis­ter für regio­na­le Entwick­lung, Oleksij Tscher­ny­schow, der Deutschen Presse-Agentur. Die Versor­gung mit Strom und Energie müsse vor dem Winter gesichert und Wohnraum geschaf­fen werden.

Die Ukrai­ne wurde in den vergan­ge­nen zwei Wochen von fast 300 russi­schen Raketen und Drohnen getrof­fen. Nach ukrai­ni­schen Angaben wurde die Energie-Infra­struk­tur zu 40 Prozent zerstört.