BERLIN (dpa) — Wenn alles nach Plan läuft, springt die Ampel am Montag auf grün, und der Weg für eine neue Regie­rung ist frei. Bis die so richtig losle­gen kann, stehen aber noch eine Wahl und ein Forma­li­tä­ten an.

Die SPD hat bereits Ja gesagt, die FDP will es heute tun. Und am Montag wird festste­hen, ob Deutsch­land künftig erstmals von einer Ampel-Koali­ti­on regiert wird.

Dann wird das Votum der Grünen-Mitglie­der zum Koali­ti­ons­ver­trag bekannt­ge­ge­ben. An einer Zustim­mung zweifelt niemand. Alles Weite­re für den Regie­rungs­wech­sel ist längst vorbe­rei­tet. Dies ist der Fahrplan für den Fall, dass nichts mehr schief geht:

MONTAG: Grünen-Urabstim­mung und SPD-Personalien

- Bis 13.00 Uhr dürfen die 125.000 Mitglie­der der Grünen über den Koali­ti­ons­ver­trag und das Perso­nal­ta­bleau für die neue Regie­rung abstim­men. Das Ergeb­nis soll um 14.30 Uhr verkün­det werden. Zwar gab es bei den Grünen Streit über die Posten­ver­ga­be, trotz­dem wird ein klares Ja erwartet.

- Die SPD benennt als letzte der drei Ampel-Partei­en ihre Minis­ter. Die spannends­te Frage ist: Wer wird Gesund­heits­mi­nis­ter? Der Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te, Epide­mio­lo­ge und häufi­ge Talkshow-Gast Karl Lauter­bach hat viele Sympa­thien auf seiner Seite. Ob er es wird, ist aber keines­falls sicher. Denn Scholz muss bei der Verga­be der Kabinetts­pos­ten ein Verspre­chen erfül­len: Er will mindes­tens genau­so viele Frauen wie Männer in seiner Regie­rung haben. Dafür müssten von den sieben Minis­ter­pos­ten der SPD fünf mit Frauen besetzt werden.

DIENSTAG: Unter­zeich­nung des Koalitionsvertrags

- Stolze 177 Seiten hat das Werk mit dem Titel «Mehr Fortschritt wagen». Mit der Unter­zeich­nung wird das erste Dreier­bünd­nis auf Bundes­ebe­ne seit den 50er Jahren besiegelt.

MITTWOCH: Kanzler­wahl, Ernen­nung und Verei­di­gung des Kabinetts

- Um 09.00 Uhr kommt der Bundes­tag zusam­men, um Olaf Scholz in gehei­mer Abstim­mung zum Bundes­kanz­ler zu wählen. SPD, Grüne und FDP stellen zusam­men 416 von 736 Abgeord­ne­ten im neuen Parla­ment. Für die Wahl des Kanzlers muss eine Mehrheit aller Mitglie­der des Bundes­tags zustim­men, also 369. 47 Abweich­ler in den Koali­ti­ons­rei­hen kann sich Scholz leisten. In der Vergan­gen­heit lag das Ergeb­nis der Kanzler und Kanzle­rin­nen meistens unter­halb der Zahl der Koali­ti­ons­sit­ze. Es kann aber auch anders­her­um laufen: 1998 stimm­ten sechs Abgeord­ne­te mehr für Gerhard Schrö­der (SPD), als die rot-grüne Koali­ti­on Sitze im Bundes­tag hatte.

- Es folgt ein Hin und Her zwischen Bundes­tag und Schloss Belle­vue, dem Sitz des Bundes­prä­si­den­ten. Zuerst erhält Scholz von Staats­ober­haupt Frank-Walter Stein­mei­er seine Ernen­nungs­ur­kun­de. Danach spricht er im Bundes­tag die festge­leg­te Eides­for­mel, bei der nur eine Varia­ti­ons­mög­lich­keit hat: Er kann sich für oder gegen den Zusatz «so wahr mir Gott helfe» entschei­den. Danach werden die Minis­ter im Schloss Belle­vue ernannt und im Bundes­tag vereidigt.

- Vom Bundes­tag geht es für Scholz ins Kanzler­amt, wo seine Vorgän­ge­rin Angela Merkel ihm die Amtsge­schäf­te überge­ben wird — das Ende einer Ära nach 16 Jahren als erste Regie­rungs­chefin Deutschlands.

- Danach heißt es für die neue Bundes­re­gie­rung: An die Arbeit. Schon am Tag der Verei­di­gung könnte die erste Kabinetts­sit­zung stattfinden.

DONNERSTAG: Bundes­tags­sit­zung und Ministerpräsidentenkonferenz

- Auch in den Bundes­mi­nis­te­ri­en werden die Amtsge­schäf­te übergeben.

- Der Bundes­tag berät über Änderun­gen am Infek­ti­ons­schutz­ge­setz. Gut möglich, dass Scholz seine erste Rede als Kanzler im Parla­ment halten wird. Es ist üblich, dass der Regie­rungs­chef nach seiner Wahl eine Regie­rungs­er­klä­rung zum Regie­rungs­pro­gramm abgibt. Das kann aber auch noch ein paar Tage warten. Merkel gab ihre Regie­rungs­er­klä­rung 2018 erst eine Woche nach ihrer Wahl ab.

- Die Regie­rungs­chefs der Länder kommen zu ihrer turnus­mä­ßi­gen Sitzung zusam­men, an der auch Scholz teilneh­men wird. Dabei wird es wieder um die Corona-Pande­mie gehen, aber auch andere Themen.

FREITAG: Vorstel­lung im Ausland

- Scholz bricht voraus­sicht­lich zu seiner ersten Auslands­rei­se auf. Er hat bereits angekün­digt, dass er zuerst nach Paris will. So hat es auch seine Vorgän­ge­rin Merkel gemacht. Sie war vor 16 Jahren am Tag nach der Verei­di­gung nachein­an­der in Paris und Brüssel — und wurde von ihrem Außen­mi­nis­ter Stein­mei­er (SPD) begleitet.

- Ob es auch diesmal zu einer gemein­sa­men Antritts­rei­se von Kanzler und Außen­mi­nis­te­rin kommen wird, ist offen. Die als Chefdi­plo­ma­tin vorge­se­he­ne Grünen-Vorsit­zen­de Annale­na Baerbock hat Brüssel als erstes Reise­ziel angekün­digt. Es ist gut möglich, dass sie schon Donners­tag oder gar Mittwoch­nach­mit­tag zu ihrer ersten Reise aufbricht.

- Der neue Kanzler dürfte an seinem zweiten vollen Arbeits­tag auch US-Präsi­dent Joe Biden begeg­nen — aller­dings nur per Video. Biden hat für Freitag zu einem virtu­el­len Gipfel für Demokra­tie eingeladen.

SAMSTAG: SPD-Partei­tag und G7-Außenministertreffen

- Baerbock kann am Samstag und Sonntag ihre wichtigs­ten Partner gleich auf einen Schlag treffen. In Liver­pool findet dann das G7-Außen­mi­nis­ter­tref­fen mit ihren Amtskol­le­gen aus den USA, Frank­reich, Großbri­tan­ni­en, Itali­en, Japan und Kanada statt. Ein wichti­ger Termin, denn Deutsch­land übernimmt am 1. Januar den Vorsitz in der Gruppe großer westli­cher Wirtschaftsmächte.

- Scholz taucht für einen Tag in die Partei­po­li­tik ab. Die SPD wählt eine neue Führung. Der bishe­ri­ge General­se­kre­tär Lars Kling­beil und die bishe­ri­ge Partei­che­fin Saskia Esken kandi­die­ren für den Partei­vor­sitz, der frühe­re Juso-Chef Kevin Kühnert will General­se­kre­tär werden.

Von Micha­el Fischer, dpa