BERLIN (dpa) — Das Minis­te­ri­um von Spahn soll versucht haben, Masken mit schma­ler Prüf-Sicher­heit für benach­tei­lig­te Menschen einzu­set­zen. Das Minis­te­ri­um weist die Vorwür­fe zurück — die Aufre­gung ist trotz­dem groß.

Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU) steht nach einem Bericht über den Umgang mit angeb­lich minder­wer­ti­gen Corona-Masken in der Kritik.

Demnach sollten nach Plänen des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums Masken nach schma­len Prüfun­gen an Menschen mit Behin­de­rung oder Obdach­lo­se gehen. SPD-General­se­kre­tär Lars Kling­beil zeigte sich in Berlin «geschockt» über den entspre­chen­den «Spiegel»-Bericht. Das Gesund­heits­res­sort hatte die Darstel­lung aller­dings bereits in weiten Teilen zurückgewiesen.

Kling­beil sagte bei einer Wahlkampf­ver­an­stal­tung seiner Partei: «Das muss umgehend aufge­klärt werden, aber es muss dann auch klar sein, wenn das stimmt (…), dann muss es Konse­quen­zen im Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um geben.» Es sei «unmensch­lich, was dort passiert ist». Der parla­men­ta­ri­sche Geschäfts­füh­rer der Links­frak­ti­on, Jan Korte, sagte: «Nun also noch ein Masken­skan­dal und wieder kein Rücktritt oder irgend­wel­che Konse­quen­zen.» Kritik kam auch aus der FDP und von den Grünen.

Das wird Spahn vorgeworfen

Der «Spiegel» berich­te­te, dass die Regie­rung im Frühjahr 2020 angesichts des großen Mangels an Schutz­mas­ken nach Beginn der Pande­mie Millio­nen Masken in China bestellt habe, die nicht nach hohen Standards getes­tet worden seien. Teils seien sie beim TÜV Nord mit einem Verfah­ren geprüft worden, bei dem auf bestimm­te Prüfschrit­te verzich­tet worden sei. Nicht geprüft worden sei, was mit den Masken passie­re, wenn sie 24 Stunden lang 70 Grad ausge­setzt seien und wenn sie 20 Minuten getra­gen seien. Auch seien bei Masken, die per Sonder­zu­las­sung nach Deutsch­land geholt worden seien, zunächst ledig­lich Dokumen­te geprüft worden, nicht aber die Masken selbst. Diese seien zumin­dest teilwei­se nachge­tes­tet worden.

Das Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um habe mit dem für Arbeits­schutz zustän­di­gen Arbeits­mi­nis­te­ri­um über die Verwen­dung der Masken verhan­delt, so der «Spiegel» unter Berufung auf einen Schrift­wech­sel von Gesund­heits­staats­se­kre­tär Thomas Steffen und dessen Amtskol­le­gen im SPD-geführ­ten Arbeits­res­sort, Björn Böhning. Bei diesem Austausch habe das Gesund­heits­res­sort solche Masken auch für Menschen mit Behin­de­rung und für Obdach­lo­se vorse­hen wollen. Die Masken nachzu­tes­ten dauere zu lange, dann sei eine «kosten­freie zeitna­he Belie­fe­rung» dieser Menschen «nicht mehr realis­tisch», habe das Gesund­heits­res­sort geschrie­ben. Dann seien doch nachge­tes­te­te Masken dafür verwen­det worden.

Gesund­heits­mi­nis­te­ri­um wider­spricht dem Bericht

Das Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­te­ri­um (BMG) wies die Darstel­lung zurück, dass es dem Minis­te­ri­um hierbei um eine «Vertriebs­idee» für die Masken gegan­gen sei. «Bei der kosten­lo­sen Vertei­lung bzw. Liefe­rung von Masken an Einrich­tun­gen der Obdach­lo­sen- und Einglie­de­rungs­hil­fe stand jeder­zeit der bestmög­li­che Schutz der dort leben­den Bürge­rin­nen und Bürger und der Beschäf­tig­ten im Vorder­grund», beton­te die BMG-Presse­stel­le in Berlin. «Andere Erwägun­gen haben seitens des BMG keine Rolle gespielt.»

Laut «Spiegel» gibt es aktuell den Plan, die Masken in einer natio­na­len Notre­ser­ve des Bundes zu lagern. Nach dem Ende ihres Verfalls­da­tums sollten sie vernich­tet werden. Auch dies wies das BMG zurück: «Entschei­dun­gen über die Vernich­tung von Waren­be­stän­den hat die Bundes­re­gie­rung nicht getrof­fen.» Vom Bund beschaff­te Masken, wie die fragli­chen Masken, die zum Infek­ti­ons­schut­zes voll einsatz­fä­hig seien, würden in die neue Natio­na­le Reser­ve Gesund­heits­schutz überführt, so die Presse­stel­le des Spahn-Ressorts. Das Minis­te­ri­um habe bei seinen Beschaf­fun­gen in der Notla­ge 2020 «strikt» auf Quali­tät geach­tet. Mangel­haf­te Masken habe das Minis­te­ri­um nicht bezahlt.

Zu den Prüfun­gen teilte das Minis­te­ri­um mit: «Die in einzel­nen Berei­chen des Arbeits­schut­zes relevan­te Tempe­ra­tur­kon­di­tio­nie­rung (Erhit­zung auf 70 Grad C) wurde nicht vorge­nom­men, da sich diese Konstel­la­ti­on im pande­mi­schen Gesche­hen nicht stellt.»

FDP-Frakti­ons­vi­ze Micha­el Theurer forder­te von den Koali­ti­ons­frak­tio­nen, sie sollten verhin­dern, «dass mangel­haf­te Masken in der Natio­na­len Reser­ve Gesund­heits­schutz einge­la­gert werden». Nach Ansicht der Grünen-Gesund­heits­exper­tin Maria Klein-Schmeink trägt Spahn die Verant­wor­tung, wenn Menschen mit Behin­de­rung und benach­tei­li­gen Menschen minder­wer­ti­ge Masken angedreht werden sollten. Treffe das zu, wäre das mit seinem Amt «nicht vereinbar».