BERLIN (dpa) — Der Pianist Lang Lang gilt als der größte leben­de Star der klassi­schen Musik. Er begeis­tert seit über 20 Jahren Menschen. Trotz allem bleibt er beschei­den. Sein Erfolg nahm schon in der Kindheit Fahrt auf.

Einst ein Wunder­kind, heute ein Weltstar: Der chine­si­sche Star-Pianist Lang Lang ist aus der klassi­schen Musik nicht mehr wegzu­den­ken. Als Virtuo­se und Philan­throp ist der 40-Jähri­ge einer der weltweit einfluss­reichs­ten und engagier­tes­ten Botschaf­ter der Künste im 21. Jahrhun­dert. Egal ob vor ausver­kauf­ten Hallen oder nur vor ein paar hundert Kindern in Schulen — das musika­li­sche Genie bleibt auf dem Boden. Von Staral­lü­ren keine Spur. «Ich fühle mich jedes Mal aufs Neue geschmei­chelt, wenn mich jemand als Genie bezeich­net», sagt Lang Lang im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Er sehe sich eher als Inter­pre­ten bereits existie­ren­der Musik.

Dieser Tage ist er zu Gast in Europa. Seine Konzer­te sind meist ausver­kauft. Um das Publi­kum zu begeis­tern, brauche er immer einen freien Kopf, sagt er. So gönnt sich der Pianist vor jedem Auftritt einen ruhigen Moment und ein Nicker­chen am Nachmit­tag. «Ich denke, das ist die beste Art der Medita­ti­on. Ebenso auch draußen im Park spazie­ren zu gehen, um etwas Luft zu schnap­pen», betont Lang Lang. In seiner Branche sei es für einen Künst­ler extrem wichtig, mental in guter Verfas­sung zu sein, um Burn-outs zu vermeiden.

Liebe für Anima­ti­ons- und Zeichentrickfilme

Als phäno­me­na­ler Musiker, Publi­kums­lieb­ling und reisen­der Künst­ler spielt er auf der Klavia­tur von Boule­vard und Glamour ähnlich virtu­os wie auf dem Flügel – und erscheint damit wie die moder­ne Versi­on des Kompo­nis­ten Franz Liszt, der für den 40-Jähri­gen eine beson­de­re Bedeu­tung hat.

Als Zweijäh­ri­ger habe er seine Liebe für Anima­ti­ons- und Zeichen­trick­fil­me entdeckt, die häufig mit klassi­scher Musik unter­legt worden seien. Etwa bei einer «Tom und Jerry»-Episode, bei der Lizsts «Ungari­sche Rhapso­die Nr. 2» im Hinter­grund spiel­te. Die Melodien beglei­te­ten ihn über seine ganze Karrie­re hinweg. Viele liebte er schon als Kind, einige als Teenager und andere, nachdem er Vater gewor­den war.

Im Alter von drei Jahren begann er mit dem Klavier­spiel, mit Fünf spiel­te er sein erstes Konzert. Einige Jahre später trat er dem Zentra­len Musik­kon­ser­va­to­ri­um in Peking bei und gewann mit 13 Jahren den ersten Preis beim Inter­na­tio­na­len Tschai­kow­ski-Wettbe­werb für junge Musiker.

Freund­schaft mit Alicia Keys und John Legend

Abseits seines Alltags in der klassi­schen Musik­welt ist Lang Lang offen für andere Genres — etwa für Popmu­sik. «Ich liebe Musiker, die zugleich toll kompo­nie­ren können, wie zum Beispiel Alicia Keys oder John Legend», erzählt er. «Beide sind sehr gute Freun­de von mir.»

Gemein­sam mit der Soul- und R&B‑Sängerin Alicia Keys (40, «Super­wo­man», «Fallin’») habe er kürzlich ein Video­pro­jekt zu einem ihrer neuen Songs reali­siert. Auch für den Grammy-Gewin­ner Pharrell Williams (50, «Happy», «Get Lucky») habe er ein Stück für ein aktuel­les Projekt arran­giert. «Er schreibt gerade an einem Album, das mit sympho­ni­scher Musik zu tun hat. Er hat großen Respekt vor klassi­scher Musik und liebt Sinfo­nien, obwohl er kein Musiker aus dem Klassik­gen­re ist.»

Als einer der berühm­tes­ten leben­den Pianis­ten der letzten Jahrzehn­te versucht Lang Lang vor allem der jünge­ren Genera­ti­on die klassi­sche Musik näher­zu­brin­gen. Seine Liebe für Anima­ti­ons­mu­sik führte ihn schließ­lich dazu, sein «Disney»-Album auch live zu präsen­tie­ren: Mit Filmme­lo­dien aus rund 100 Jahren «Disney»-Produktionen, die eigens für ihn neuge­stal­tet wurden, möchte er seinen persön­li­chen Lebens­weg erzäh­len. «Zeichen­trick­fil­me entfach­ten meine ganze Fanta­sie — der erste Moment meiner lebens­lan­gen Liebe zur klassi­schen Musik.» Am 22. Juli tritt er mit «The Disney Book» in der Berli­ner Waldbüh­ne auf.

Von Serhat Koçak, dpa