Stuttgart/Berlin (dpa) — Ein kleiner Rechts­feh­ler sorgte dafür, dass der neue Bußgeld­ka­ta­log für Verkehrs­sün­der in Teilen annul­liert werden musste. Doch ob die einst vom Bundes­rat beschlos­se­nen schär­fe­ren Regeln nun bald wieder gelten, ist mehr als ungewiss.

Im Streit um eine künfti­ge Fassung des Bußgeld­ka­ta­logs für Verkehrs­sün­der und womög­lich härte­re Strafen für Raser zeich­net sich eine weite­re Hänge­par­tie ab.

Die von den Grünen geführ­ten Verkehrs­res­sorts aus Baden-Württem­berg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen kündig­ten an, sich nicht auf eine von Bundes­ver­kehrs­mi­nis­ter Andre­as Scheu­er (CSU) gefor­der­te Abmil­de­rung gerade verschärf­ter Regelun­gen einlas­sen zu wollen. Die Vorschrif­ten sind wegen eines Formfeh­lers zurzeit in Teilen außer Vollzug gesetzt. Die Grünen schlu­gen vor, der Bundes­rat könne schon bei der nächs­ten Plenar­sit­zung am 18. Septem­ber den Formfeh­ler aus der Welt schaffen.

Hinter­grund sind ursprüng­lich von der Länder­kam­mer beschlos­se­ne Änderun­gen der Straßen­ver­kehrs­ord­nung und des Bußgeld­ka­ta­logs, die unter anderem einen Monat Fahrver­bot schon bei deutlich gerin­ge­ren Geschwin­dig­keits­über­schrei­tun­gen als bisher vorse­hen. Angesichts eines juris­ti­schen Formfeh­lers in der Novel­le gelten aber nun in Teilen die alten, milde­ren Regelun­gen wieder. Nun verhan­deln Bund und Länder seit Wochen darüber, wie es weiter­geht: Soll nur der Formfeh­ler korri­giert werden? Oder sollen auch die härte­ren Strafen abgemil­dert werden, wie es unter anderem Scheu­er fordert?

Die Grünen-Verkehrs­res­sort­chefs kündig­ten an, Anfang Septem­ber zunächst im Bundes­rats-Verkehrs­aus­schuss einen Antrag stellen zu wollen, wonach die bereits verein­bar­ten Verschär­fun­gen beibe­hal­ten werden sollen. Korri­giert werden solle ledig­lich der Formfeh­ler, sagte Baden-Württem­bergs Verkehrs­mi­nis­ter Winfried Hermann (Grüne) in Stutt­gart. «Wir wollen, dass das, was im Bundes­rat schon mal mit großer Mehrheit beschlos­sen worden ist, rechts­kon­form wieder herge­stellt wird», beton­te er. Dass Scheu­er den Rechts­feh­ler nutze, um inhalt­li­che Korrek­tu­ren durch­zu­set­zen, sei «an Dreis­tig­keit nicht zu überbie­ten». Es gehe bei den Refor­men vor allem um die Sicher­heit von Fußgän­gern, Kindern und älteren Menschen.

In der Sache sehen die neuen Reglun­gen einen Monat Führer­schein­ent­zug vor, wenn man inner­orts 21 Kilome­ter pro Stunde zu schnell oder außer­orts 26 km/h zu schnell fährt. Zuvor lagen die Grenzen bei Überschrei­tun­gen von 31 km/h im Ort und 41 km/h außerhalb.

Die Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on BUND kriti­sier­te, die Verkehrs­po­li­tik in Deutsch­land sei «seit Jahrzehn­ten am Auto und an Autofah­re­rin­nen und ‑fahrern ausge­rich­tet». BUND-Geschäfts­füh­re­rin Antje von Broock sagte, es brauche ein Umden­ken und mehr Raum und Sicher­heit für umwelt­freund­li­che Verkehrs­trä­ger und ihre Nutzer. Fahrver­bo­te bei Geschwin­dig­keits­über­schrei­tun­gen von inner­orts 21 Kilome­tern pro Stunde inner­orts seien nicht unverhältnismäßig.

Für eine von Scheu­er angekün­dig­te nächs­te Beratung mit den Verkehrs- und Innen­res­sorts der Länder gibt es indes noch keinen Termin. Dies werde in Kürze gesche­hen, sagte ein Minis­te­ri­ums­spre­cher in Berlin. Austausch finde fortwäh­rend statt. Ziel bleibe, eine rechts­si­che­re Lösung zu finden.

Hermann signa­li­sier­te Gesprächs­be­reit­schaft für den Fall, dass die Grünen-Initia­ti­ve keine Mehrheit im Bundes­rat bekom­me. Er beton­te, die Grünen seien in elf Landes­re­gie­run­gen betei­ligt, ohne die Grünen sei also auch keine Mehrheit im Bundes­rat zu haben. Wenn weder der Grünen-Vorschlag noch ein Vorschlag von Scheu­er eine Mehrheit finden sollte, dann müsse man «sich nochmal zusam­men­set­zen». Von Micha­el Brehme, dpa