BERLIN (dpa) — Vor der Heimrei­se aus den Ferien im Ausland ist für viele Deutsche künftig neben dem Koffer­pa­cken noch etwas anderes zu erledi­gen: ein Corona-Test. Man kann es aber auch einfa­cher haben.

Für Rückkeh­rer aus dem Sommer­ur­laub soll ab diesem Sonntag eine neue Testpflicht zum Schutz vor einer Corona-Ausbrei­tung greifen.

«Alle nicht geimpf­ten Einrei­sen­den nach Deutsch­land müssen sich künftig testen lassen – egal ob sie mit dem Flugzeug, Auto oder der Bahn kommen», sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn (CDU). «Damit reduzie­ren wir das Risiko, dass zusätz­li­che Infek­tio­nen einge­tra­gen werden.» Das Bundes­ka­bi­nett will die Verord­nung, die auch eine neue Einstu­fung für weltwei­te Risiko­ge­bie­te regelt, am Freitag beschlie­ßen — noch kurz vor dem Ende der großen Ferien in den ersten Bundesländern.

Extra-Aufwand bedeu­ten die neuen Vorga­ben vor allem für Menschen, die keine vollstän­di­ge Impfung haben, was auch die meisten älteren Kinder betrifft. Denn die Testpflicht entsteht daraus, dass eine generel­le Nachweis­pflicht einge­führt wird: Ab Sonntag müssen alle ab 12 Jahren bei der Einrei­se belegen können, dass bei ihnen das Übertra­gungs­ri­si­ko verrin­gert ist: mit dem Nachweis einer Impfung, einem Nachweis als Genese­ner oder eben einem negati­ven Testergeb­nis. Eine solche Vorga­be gibt es bisher schon für alle Flugpassagiere.

Spahn warb angesichts des inzwi­schen schwä­che­ren Andrangs auf Impfun­gen in Deutsch­land denn auch noch einmal für den prakti­schen Nutzen. Reisen sei mit Impfung generell leich­ter. Geimpf­te sparten sich Tests und müssten grund­sätz­lich nicht in Quaran­tä­ne. «Das Impfan­ge­bot an alle im Sommer steht. Wir haben genügend Impfstoff.»

Aller­dings soll künftig eine Testpflicht ohne Ausnah­men für alle gelten, die aus Gebie­ten mit neuen, besorg­nis­er­re­gen­den Virus­va­ri­an­ten kommen. Dann ist immer ein Testnach­weis notwen­dig. «Ein Genese­nen­nach­weis oder ein Impfnach­weis sind in diesem Fall nicht ausrei­chend», heißt es in der Endfas­sung der Verord­nung, die in der Regie­rung abgestimmt wurde.

Generell muss man den jewei­li­gen Nachweis bei der Einrei­se dabei haben und bei «stich­pro­ben­haf­ten» Überprü­fun­gen durch die Behör­den vorle­gen. Flugrei­sen­de müssen der Airline den Nachweis schon vor dem Start zeigen, in grenz­über­schrei­ten­den Zügen soll es auch während der Fahrt möglich sein. Direk­te Grenz­kon­trol­len aller einrei­sen­den Autos sind nicht vorge­se­hen — man soll aber zumin­dest mit Überprü­fun­gen rechnen müssen. Für Bayern kündig­te Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder (CSU) verstärkt Stich­pro­ben und Kontrol­len mittels Schlei­er­fahn­dung an. Die Gesund­heits­äm­ter sollten außer­dem 20 Prozent der digita­len Einrei­se­an­mel­dun­gen überprü­fen, sagte er dem Magazin «Der Spiegel».

Ein Überblick über weite­re konkre­te Regeln bei Einreisen:

Tests und Kosten
Um im Ausland einen Testnach­weis zu bekom­men, sind Schnell­tests durch Fachper­so­nal oder PCR-Labor­tests möglich — zu zahlen aus eigener Tasche. Das können durch­aus zweistel­li­ge Beträ­ge pro Kopf sein. Schnell­tests dürfen bei der Einrei­se in Deutsch­land höchs­tens 48 Stunden zurück­lie­gen, genaue­re PCR-Tests höchs­tens 72 Stunden. Bei Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­ten verkürzt sich die Frist für Schnell­tests auf 24 Stunden. Der Nachweis muss auf Deutsch, Englisch, Franzö­sisch, Italie­nisch oder Spanisch sein — digital oder auf Papier. Per Handy abfoto­gra­fier­te Papier­nach­wei­se sollen bei Kontrol­len wegen der Missbrauchs­ge­fahr nicht akzep­tiert werden.

Risiko­ge­bie­te
Künftig soll es statt drei nur noch zwei Katego­rien für weltwei­te Regio­nen mit höherem Risiko geben: Hochri­si­ko­ge­bie­te und Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­te. Als Hochri­si­ko­ge­bie­te gelten Regio­nen mit beson­ders hohen Fallzah­len. Ein Indiz: eine Sieben-Tage-Inzidenz von «deutlich mehr als 100». Betrach­tet werden sollen aber auch andere Fakto­ren wie Testra­ten und Klinik­fäl­le. Die Stufe des «einfa­chen» Risiko­ge­biets mit mehr als 50 gemel­de­ten Neuin­fek­tio­nen pro 100.000 Einwoh­nern in sieben Tagen entfällt. Bisher gab es auch die mittle­re Stufe der «Hochin­zi­denz­ge­bie­te» mit Sieben-Tage-Inzidenz über 200.

Quaran­tä­ne
Vorge­se­hen ist für Hochri­si­ko­ge­bie­te, dass nicht Geimpf­te und nicht Genese­ne nach der Rückkehr zehn Tage in Quaran­tä­ne müssen, die frühes­tens ab dem fünften Tag mit einem negati­ven Test beendet werden kann. Eine zunächst vorge­se­he­ne Vorga­be zu PCR-Tests fiel wieder weg. Für Kinder unter zwölf soll die Quaran­tä­ne generell nach dem fünften Tag nach Einrei­se enden. Bei der Rückkehr aus Virus­va­ri­an­ten­ge­bie­ten sind weiter­hin grund­sätz­lich 14 Tage häusli­che Quaran­tä­ne vorgesehen.

Sonder­fäl­le
Sonder­re­ge­lun­gen sieht die Verord­nung unter anderem für beruf­li­che Grenz­pend­ler und Kurzrei­sen im Grenz­ver­kehr mit weniger als 24 Stunden Aufent­halt vor. Für sie soll die Nachweis­pflicht nur gelten, wenn man aus Risiko­ge­bie­ten wieder einreist. Für nicht Geimpf­te und nicht Genese­ne soll ein Testnach­weis nur zweimal pro Woche nötig sein, nicht bei jeder Einrei­se. Wer nur ohne Zwischen­stopp durch ein Hochri­si­ko- oder Virus­va­ri­an­ten­ge­biet reist, muss deswe­gen bei der Einrei­se in Deutsch­land nicht in Quarantäne.

Anmel­dung
Urlau­ber aus Risiko­ge­bie­ten müssen sich weiter beim amtli­chen digita­len Einrei­se­por­tal anmel­den. Auch Test‑, Impf- oder Genese­nen­nach­wei­se sind dort hochzu­la­den, sobald man sie hat.

Dass man sich rund ums Verrei­sen testen lassen muss, ist für viele nicht ganz neu. Auch für Ferien­woh­nun­gen in Deutsch­land ist oft ein negati­ver Test mitzu­brin­gen. Vizekanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte am Donners­tag­abend in der ARD, viele ließen sich ohnehin im Urlaub testen, etwa weil es für bestimm­te Aktivi­tä­ten nötig sei. «Wir müssen vermei­den, dass es jetzt im Herbst wieder zu Situa­tio­nen kommt wie im letzten Jahr — da hilft uns das Impfen, aber eben auch das Testen.»

Corona-Anste­ckun­gen, die wahrschein­lich auf Reisen passiert sind, spielen laut Robert Koch-Insti­tut (RKI) eine zuneh­men­de Rolle beim Infek­ti­ons­ge­sche­hen in Deutsch­land. Als wahrschein­li­che Infek­ti­ons­län­der in den betrach­te­ten Wochen vom 28. Juni bis 25. Juli wurden Spani­en, die Türkei und die Nieder­lan­de am häufigs­ten genannt, vor Kroati­en und Griechen­land. Der Großteil der Corona-Übertra­gun­gen finde aber weiter im Inland statt — die Rede ist von mindes­tens 81 Prozent.

Von Sascha Meyer, Marti­na Herzog, Anne-Béatri­ce Clasmann und Andre­as Hoenig, dpa