MANNHEIM (dpa) — Ein 47-Jähri­ger stirbt in Mannheim nach einer Polizei­kon­trol­le — im Inter­net kursie­ren Videos, die Schlä­ge eines Beamten zeigen. Der öffent­li­che Druck ist groß, die Polizei verspricht «restlo­se» Aufklärung.

Trotz der nicht aktivier­ten Bodycams beim Tod eines Mannes nach der Mannhei­mer Polizei­kon­trol­le rechnet die Gewerk­schaft der Polizei (GdP) mit Antwor­ten auf die wichtigs­ten Fragen zum umstrit­te­nen Einsatz.

«Ich gehe davon aus, dass die Hinter­grün­de und Umstän­de dieses Gesche­hens restlos aufge­klärt werden», sagte der baden-württem­ber­gi­sche Landes­vor­sit­zen­de Gundram Lottmann der Deutschen Presse-Agentur. Es gebe sehr viele Zeugen und Videos. «Und ich glaube schon, dass der Einsatz deshalb auch ohne die Kameras rekon­stru­iert werden kann.»

Bei der Kontrol­le am Montag­abend in der Mannhei­mer Innen­stadt war ein 47 Jahre alter Mann zusam­men­ge­bro­chen und zunächst wieder­be­lebt worden, später aber im Kranken­haus gestor­ben. Die abschlie­ßen­den Obduk­ti­ons­er­geb­nis­se sollen in sechs bis acht Wochen vorliegen.

47-Jähri­ger soll sich gewehrt haben

Die Ermitt­ler stehen vor zahlrei­chen ungeklär­ten Fragen — und unter öffent­li­chem Druck. Sie sehen sich seit dem Tod des Mannes hefti­ger Kritik und einer Debat­te über Polizei­ge­walt ausge­setzt. «Wir ermit­teln gründ­lich, aber das erfor­dert Zeit», sagte Romeo Schüss­ler, der zustän­di­ge Staats­an­walt. «Niemand muss uns dazu auffor­dern heraus­zu­fin­den, was passiert ist.»

Der 47-Jähri­ge soll sich nach Angaben von Polizei und Staats­an­walt­schaft gewehrt haben. Gegen die beiden betei­lig­ten Polizis­ten wird inzwi­schen wegen des Verdachts der Körper­ver­let­zung im Amt mit Todes­fol­ge ermit­telt. Sie sind nach Angaben des Mannhei­mer Polizei­prä­si­den­ten Siegfried Kollmar vom Dienst suspendiert.

Nach LKA-Angaben wurden Spuren stump­fer Gewalt an der Leiche des Mannes festge­stellt. Diese seien aber «von gerin­ger Inten­si­tät gewesen», sagte Stenger. Es sei weiter unklar, ob der 47-Jähri­ge eines gewalt­sa­men oder eines natür­li­chen Todes gestor­ben sei. Der Mann habe auch eine Herzin­suf­fi­zi­enz (Herzschwä­che) gehabt.

Im Inter­net kursie­ren Videos, auf denen Schlä­ge eines Polizis­ten gegen den Kopf eines auf dem Boden liegen­den Mannes zu sehen sind.

Bodycams waren nicht angestellt

Laut LKA und Staats­an­walt­schaft hatte zunächst ein Arzt des Zentral­in­sti­tuts für seeli­sche Gesund­heit Mannheim die Polizei über den 47-jähri­gen — einen Patien­ten — infor­miert, der hilfs­be­dürf­tig sei. Die beiden Beamten und der Arzt hätten den Mann gesucht und in der Innen­stadt entdeckt.

Die Schul­ter­ka­me­ras oder «Bodycams» der Beamten seien bei dem Einsatz nicht angestellt worden. «Hilfreich wäre es gewesen, wenn sie durch­gän­gig gelau­fen wären», sagte der Präsi­dent des Landes­kri­mi­nal­am­tes, Andre­as Stenger, in Mannheim. «Dafür ist die Bodycam auch da.» Aus seiner Sicht wäre es laut Dienst­an­wei­sung «angezeigt gewesen», die Kamera einzu­schal­ten. Warum dies nicht erfolgt sei, sei Gegen­stand der Ermittlungen.

GdP-Landes­chef Lottmann erwar­tet aller­dings kein Aufflam­men einer Debat­te über den Einsatz der Kameras, die seit der landes­wei­ten Einfüh­rung des Geräts 2019 bei Zehntau­sen­den Einsät­zen benutzt worden sind. «Wenn aber der konse­quen­te Gebrauch von Bodycams gefor­dert wird, dann stehe ich dahin­ter», sagte er der dpa. «Dann muss sie aber auch überall und ohne Abstri­che genutzt werden dürfen.»

Bodycams sollen vor allem Angrif­fe auf Beamte dokumen­tie­ren. In den meisten Fällen werden sie im sogenann­ten Pre-Recor­ding-Modus genutzt — dabei werden konti­nu­ier­lich kurze Sequen­zen aufge­zeich­net und nach jeweils 45 Sekun­den wieder überschrie­ben. Erst wenn der Beamte ein zweites Mal auf den Knopf drückt, wird die letzte Sequenz nicht gelöscht und auch die weite­re Aufnah­me dauer­haft gespeichert.