STUTTGART (dpa/lsw) — Nach sehr heißen Tagen ziehen Unwet­ter über Baden-Württem­berg. Bäume stürzen um, Bahnstre­cken sind gesperrt, Zeltla­ger und Camping­plät­ze müssen geräumt werden. Für einen 62-Jähri­gen wird das Unwet­ter zum Verhäng­nis. Entwar­nung gibt es noch nicht.

Bei hefti­gen Gewit­tern in Baden-Württem­berg am Donners­tag­abend und in der Nacht ist ein Mensch ums Leben gekom­men, mehre­re Menschen wurden verletzt. Der 62-Jähri­ge wurde in seinem Zelt in Hechin­gen (Zollern­alb­kreis) von einem Baum erschla­gen, wie die Polizei mitteil­te. Durch den Sturm sei ein Teil des Baumes entwur­zelt worden und auf das Zelt des Mannes gestürzt. Eine Frau habe die Leiche am Freitag­mor­gen entdeckt.

In Fried­richs­ha­fen und Lindau am Boden­see mussten Hunder­te Camper wegen Orkan­bö­en in Hallen übernach­ten. Auch ein Pfadfin­der-Zeltla­ger in Tuttlin­gen musste wegen Sturms geräumt werden. Das Kreis­forst­amt warnte am Freitag Waldbe­su­cher im Schwarz­wald-Baar-Kreis vor herab­fal­len­den Ästen und eventu­ell noch umstür­zen­den Bäumen. «Wer jetzt in den Wald geht, riskiert sein Leben», hieß es auch vom Forst­amt in Villingen-Schwenningen.

Ein 78-Jähri­ger bei Althüt­te im Rems-Murr-Kreis wurde am Donners­tag­abend von einem umstür­zen­den Baum getrof­fen und einge­klemmt. Bei der kompli­zier­ten Rettung in einem Waldge­biet wurde auch ein Hubschrau­ber einge­setzt. Der Mann kam den Angaben zufol­ge in ein Krankenhaus.

Die brisan­te Wetter­la­ge sorgte auch für die Räumung eines Zeltla­gers in Fried­richs­ha­fen. Laut Polizei verbrach­ten rund 300 Menschen die Nacht auf Feldbet­ten in der Turnhal­le einer Schule. Verletzt wurde niemand. Auch die 24 Jugend­li­chen des Zeltla­gers in Tuttlin­gen kamen glimpf­lich davon. Sie und mehre­re Betreu­er wurden wegen einstür­zen­der Zelte laut Stadt in Sicher­heit gebracht. Die Jugend­li­chen wurden demnach über Nacht in einer Sport­hal­le unter­ge­bracht und am Freitag von ihren Eltern abgeholt.

Anders dagegen sah es in Lindau am bayeri­schen Boden­see­ufer aus. Dort wurden laut Polizei sechs Camper verletzt, einer von ihnen schwer. Rund 900 Menschen mussten den Camping-Platz aus Sicher­heits­grün­den verlas­sen. Sie übernach­te­ten in der Insel­hal­le, wie ein Polizei­spre­cher am Freitag­mor­gen sagte.

Orkan­bö­en hatten in Lindau Geschwin­dig­kei­ten von bis zu 144 Kilome­tern in der Stunde erreicht, wie der Deutsche Wetter­dienst (DWD) mitteil­te. Im nahe gelege­nen Fried­richs­ha­fen waren es demnach 137 Stundenkilometer.

Bei Unwet­tern auf Camping-Plätzen sei es wichtig, schnell Schutz zu suchen und sich in Gebäu­de oder Fahrzeu­ge zu retten, erklär­te ein Sprecher der Stutt­gar­ter Feuer­wehr. Um nicht überrascht zu werden, sollte man sich laut dem Exper­ten vorab schon per App oder mit anderen Mitteln über die Wetter­la­ge informieren.

Von dem Unwet­ter überrascht wurden in der Nacht zu Freitag zahlrei­che Menschen bei einem Motor­rad­tref­fen im schwä­bi­schen Nördlin­gen. Zehn Menschen seien von umher­flie­gen­den Teilen verletzt worden, teilte die Polizei mit. Drei von ihnen kamen ins Kranken­haus. Nach Polizei­an­ga­ben hatten sich ersten Erkennt­nis­sen zufol­ge bei dem Treffen auf dem Nördlin­ger Flugplatz auch Teile einer Bühne gelöst.

Auch auf Autobah­nen und anderen Straßen kam es wegen des Gewit­ters immer wieder zu Unfäl­len. Auf der A864 im Schwarz­wald-Baar-Kreis geriet ein Auto gegen die Mittel­leit­plan­ke. Drei Menschen wurden laut Polizei verletzt.

Unwet­ter­schä­den sorgten bis in den Freitag für Störun­gen auf Regio­nal­bahn­stre­cken im Südwes­ten: Einglei­sig befah­ren werden musste laut einer Bahnspre­che­rin auch am Nachmit­tag noch die Strecke zwischen Stotzi­gen und Albstadt. Die Lage habe sich insge­samt aber wieder beruhigt, sagte die Sprecherin.

Stark­re­gen überflu­te­te am Donners­tag­abend in Freiburg Keller und Straßen und löste zahlrei­che Feuer­wehr­ein­sät­ze aus. Laut DWD fiel im Schwarz­wald mit bis zu 40 Litern pro Stunde der meiste Regen in Baden-Württem­berg. In Freiburg waren es demnach 37 Liter in einer Stunde.

Vermut­lich durch einen Blitz­ein­schlag geriet ein Bauern­haus in Pfullen­dorf (Landkreis Sigma­rin­gen) in Brand. Es entstand ein Schaden von rund 700.000 Euro. Das Dach der Scheu­ne sei einge­stürzt, das Wohnhaus in Mitlei­den­schaft gezogen worden, erklär­te ein Polizei­spre­cher. Verletzt wurde demnach niemand.

Der Deutsche Wetter­dienst (DWD) zählte während des Unwet­ters am Donners­tag­abend mehr als 230.000 Blitze über Baden-Württem­berg. Dies sei schon eine ordent­li­che Anzahl, sagte ein DWD-Meteo­ro­lo­ge am Freitag. Es habe eine sehr große Blitz­ak­ti­vi­tät gegeben, so der Exper­te weiter. Auch am Freitag­mor­gen habe es noch geblitzt — und das mehre­re Tausend Mal.

Wegen der Unwet­ter­fol­gen ist die Burg Hohen­zol­lern in Hechin­gen seit Freitag geschlos­sen und bleibt auch am Samstag zu. Die Zufahrts­stra­ße sei oberhalb der B27-Anschluss­stel­le gesperrt, teilte die Verwal­tung mit. «Grund sind die Auswir­kun­gen des Sturmes im Wald unter­halb der Burg. Viele Bäume sind umgestürzt und haben die Zufahrts­stra­ße, die Waldwe­ge und Fußwe­ge blockiert.» Außer­dem bestehe weiter­hin hohes Baumbruch­ri­si­ko. Es wurde empfoh­len, die Wald- und Fußwe­ge nicht zu betre­ten. Am Sonntag sollte die Burg voraus­sicht­lich wieder öffnen. Besucher sollten weiter­hin nicht zu Fuß durch den Wald gehen, sondern den Pendel­bus vom Parkplatz zum Burg-Eingang zu nutzen.

Im Südwes­ten blieb es auch am Freitag unbestän­dig. Der Deutschen Wetter­diens­tes warnte für den Abend vor Gewit­ter mit Stark­re­gen, Hagel und Sturm sowie örtli­chen Unwettern.