Die Helfer in Izmir arbei­ten rund um die Uhr: Inten­siv suchen sie nach dem schwe­ren Erdbe­ben nach Verschüt­te­ten. Auch viele Stunden später können sie noch Überle­ben­de bergen.

Am Samstag bargen Suchtrupps unter Applaus drei Kinder und ihre Mutter lebend aus den Trümmern eines achtstö­cki­gen Gebäu­des, wie der Staats­sen­der TRT berich­te­te. Sie wurden auf Tragen zum Kranken­wa­gen gebracht. Eines der geret­te­ten Kinder sowie ein weite­res, das noch verschüt­tet gewesen sei, sollen jedoch gestor­ben sein, melde­te der Sender später. Eine offizi­el­le Bestä­ti­gung dafür gab es zunächst nicht.

Die Rettungs­kräf­te hatten zuvor Kontakt mit der Frau aufneh­men können. «Wenn du meine Stimme hörst, klopfe drei Mal», rief ein Helfer. Darauf­hin gab die Frau ein Lautzei­chen. Nach Angaben des Umwelt- und Städte­mi­nis­ters Murat Kurum wurden insge­samt 100 Menschen aus den Trümmern geret­tet. Rund 5000 Retter und 20 Suchhun­de seien im Einsatz.

Die Zahl der Toten in der Türkei stieg im Laufe des Tages auf 28, teilte der türki­sche Gesund­heits­mi­nis­ter Fahret­tin Koca auf Twitter mit. Es habe 855 Verletz­te gegeben, 7 von ihnen würden auf der Inten­siv­sta­ti­on behan­delt. Auf der griechi­schen Insel Samos kamen zwei Menschen ums Leben.

Präsi­dent Recep Tayyip Erdogan sprach den Angehö­ri­gen der Opfer sein Beileid aus und versprach, zerstör­te Gebäu­de in der Türkei schnell aufzu­bau­en. «Jedes einzel­ne Beben erinnert uns daran, dass sich unser Land in einem gefähr­li­chen (seismo­lo­gi­schen) Gebiet befin­det», ergänz­te er.

Tausen­de Menschen verbrach­ten die Nacht nach Angaben des Bürger­meis­ters der Stadt Izmir, Tunc Soyer, in Notun­ter­künf­ten. Zelte wurden errich­tet und Helfer teilten in Parks Essen aus, wie auf Bildern zu sehen war. Auch auf Samos schlie­fen Menschen aus Furcht vor Nachbe­ben im Freien, in Autos oder gänzlich ohne ein Dach über dem Kopf, wie griechi­sche Medien berichteten.

Meldun­gen über betrof­fe­ne Touris­ten gab es zunächst nicht — ohnehin ist die Haupt­sai­son an der Ägäis vorbei, und wegen der Corona-Pande­mie sind Reisen nur einge­schränkt möglich.

Die Erde bebte derweil weiter — die ganze Nacht durch und auch am Samstag gab es Hunder­te Nachbe­ben, die zum Teil eine Stärke von 4 und mehr erreich­ten. Nach Angaben der Katastro­phen­schutz­be­hör­de Afad gab es am Samstag­mor­gen in der Region des westtür­ki­schen Bezirks Seferi­hi­sar ein Nachbe­ben der Stärke 5,0.

Das erste Beben Freitag um 14.51 Uhr Ortszeit (12.51 Uhr MEZ) hatte nach Angaben der türki­schen Katastro­phen­be­hör­de eine Stärke von 6,6. Das Zentrum lag demnach in der Ägäis vor der türki­schen Provinz Izmir. Die für Erdbe­ben zustän­di­ge US-Behör­de USGS gab die Stärke des Bebens sogar mit 7 an.

In Izmir stürz­ten nach Angaben des Provinz­gou­ver­neurs mindes­tens vier Gebäu­de komplett ein. Das Viertel Bayra­kli der Küsten­stadt war beson­ders stark getrof­fen. Nach offizi­el­len Angaben suchten die Helfer am Samstag an acht Gebäu­den weiter nach Überle­ben­den. Schulen in Izmir wurden für eine Woche geschlossen.

In der Nacht spiel­ten sich drama­ti­sche Szenen ab. Zum Symbol der Katastro­phe wurde eine Frau namens Buse Hasyil­maz, die nach fast zehn Stunden lebend aus den Trümmern eines sieben­stö­cki­gen Gebäu­des geret­tet wurde und zuvor mit Helfern telefo­nie­ren konnte. Umste­hen­de und Einsatz­kräf­te applau­dier­ten als sie auf einer Kranken­tra­ge wegge­bracht wurden.

Eine weite­re Frau und ein 16-jähri­ges Mädchen wurden nach 17 Stunden aus einem einge­stürz­ten Gebäu­de geret­tet, wie Minis­ter Kurum sagte. Auf TRT-Aufnah­men war zu sehen, wie Helfer auch eine Katze aus den Trümmern rette­ten. Mehr als 26 Stunden nach dem Beben sei in Izmir auch ein 62-Jähri­ger aus den Trümmern eines neunstö­cki­gen Hochhau­ses lebend gebor­gen worden, berich­te­te TRT weiter. Immer wieder mahnten die Einsatz­kräf­te zur Stille, um Stimmen hören zu können. Ein Kran hob Beton­blö­cke von den Trümmern.

Sowohl auf Samos als auch an der türki­schen Westküs­te trat bei einem Tsuna­mi nach dem Beben am Freitag das Wasser über die Ufer. Das Potsda­mer Helmholtz-Zentrum stufte den Tsuna­mi als moderat ein, eine zweite große Welle blieb entge­gen verein­zel­ter Warnun­gen aus. Aufnah­men aus Samos zeigten wegge­spül­te Autos, die anschlie­ßend quer auf der Straße zum Stehen kamen; Läden und Keller wurden überschwemmt. Die Türkei ist stark erdbe­ben­ge­fähr­det. Erst im Januar waren bei zwei Beben in den osttür­ki­schen Städten Elazig und Malatya mehr als 40 Menschen getötet worden.