Die Corona-Krise stellt auch die Bestatter in Bayern und deutschlandweit vor große Herausforderungen. Das liegt nicht nur an der hohen Zahl der Toten, wie der Chef des bayerischen Bestatterverbands sagt.
MÜNCHEN (dpa/lby) — Der Bestatterverband fordert schnelle Corona-Impfungen für Bestatter und Mitarbeiter in Krematorien. Bislang seien diese in keiner der Gruppen vorgesehen, die in Deutschland jetzt besonders schnell geimpft werden sollen. «Viele Kollegen berichten mir von ihrer Sorge, sich beim Umgang mit den Verstorbenen oder deren Angehörigen anzustecken», sagte der Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Bestatter und Vorsitzender des Bestatterverbandes Bayern, Ralf Michal, der Deutschen Presse-Agentur in München. «Diese Sorge halten wir für sehr begründet und brauchen deshalb dringend die Priorität bei den Impfungen.»
Derzeit kämen «unüberschaubare Risiken auf die Bestatter in Deutschland» zu, sagte Michal. Als Beispiele nannte er, dass infizierte Verstorbene nicht gekennzeichnet werden und aus dem Umfeld von an oder mit Corona gestorbenen Menschen eine Gefahr ausgehe. «Insbesondere von unerkannt infizierten Angehörigen und Mitarbeitern von Einrichtungen wie Altenheimen, Hospizen, Krankenhäusern gehen zunehmend erhebliche Infektionsrisiken aus.» Bestatter und Krematoriumsmitarbeiter müssten derzeit mit sehr hohen Sterbezahlen umgehen.
Das Krematorium in Bayerns zweitgrößter Stadt kommt zurzeit kaum hinterher, obwohl dessen Beschäftigte inzwischen in drei Schichten arbeiten. «Wir haben einen Überhang von 30, 40 Leichen, manchmal 50 pro Tag», sagte der Leiter der städtischen Friedhofsverwaltung, Gerhard Kratzer. «Die Sterberate ist in dieser Jahreszeit traditionell hoch.» Doch in diesem Jahr seien es mehr Tote als üblich. 30 Prozent davon seien Menschen, die an oder mit Covid-19 gestorben seien, sagte er.
Die Friedhofsverwaltung hat jetzt vier Kühlcontainer aufgestellt, in denen sie die Leichen aufbewahren kann. Fünf weitere sollen am Montag folgen. Die Bestattung von Urnen hat sie gerade ganz ausgesetzt. Dafür fehle zurzeit einfach die Kapazität, sagte Kratzer. «Wir machen die Termine wieder, wenn sich die Lage entspannt hat.» Zurzeit ist vor allem beim Bestattungsdienst das Personal knapp, weil sich eine Beraterin bei Angehörigen eines Verstorbenen mit dem Coronavirus angesteckt hatte und auch Kollegen zur Sicherheit in Quarantäne mussten.
Auch in Coburg sei die Situation angespannt, aber nicht dramatisch, sagte Stadtsprecher Louay Yassin. Das Krematorium äschere derzeit täglich knapp 20 Tote ein und sei damit nahezu ausgelastet. Natürlich hätten die Beschäftigten der Friedhofsverwaltung auch Sorgen, dass sie sich selbst mit Corona infizieren könnten. Die Särge der Toten seien allerdings wie bei anderen Infektionskrankheiten gekennzeichnet und das Personal trage Schutzkleidung. «Problematischer ist die Dunkelziffer», sagte Yassin.
In Bayern wird wie in ganz Deutschland seit dem 27. Dezember gegen das Virus geimpft. Zunächst sind Bewohner von Seniorenheimen und Bedienstete aus dem Gesundheits- und Pflegebereich an der Reihe.
«Der Ausfall auch nur von einzelnen Bestattungsunternehmen oder Krematorien würde aktuell ganz konkret zur Gefährdung der Funktion dieser Infrastruktur führen», warnte Michal. «Sollte auch nur ein kleiner Teil unseres Fachpersonals infiziert werden, so kann die würdige Versorgung der Verstorbenen in Deutschland nicht mehr geleistet werden.»
Die Lage sei «derzeit absolut außergewöhnlich». Das zeige sich besonders bei Lieferanten von Urnen und Särgen. «Sie schilderten mir eine Nachfrage, die sie in den letzten 50 Jahren von Seiten der Bestattungsunternehmen noch nicht erlebt hätten. Ich denke, dieser Umstand sagt doch einiges aus.» In seinem eigenen Bestattungsunternehmen in Schweinfurt sieht er einen Zuwachs der Todesfälle von 20 Prozent zum normalen Betrieb. «Das sind zwar nicht überwiegend Corona-Verstorbene, aber zu 10 Prozent schon.»