STRASSBURG (dpa) — In Europa tobt Krieg, hohe Energie­prei­se setzen Wirtschaft und Verbrau­chern zu. Wie steuert die EU durch die kommen­den Monate? Antwor­ten will die Chefin der Europäi­schen Kommis­si­on geben.

Angesichts galop­pie­ren­der Energie­prei­se und des Kriegs in der Ukrai­ne skizziert EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen an diesem Mittwoch ihre Ideen für die kommen­den Monate.

In ihrer jährli­chen Rede zur Lage der Europäi­schen Union (9.00 Uhr) dürfte die 63-Jähri­ge unter anderem Vorschlä­ge machen, wie Europas Bürge­rin­nen und Bürger trotz hoher Strom­prei­se durch den Winter kommen können. Zugleich dürfte die deutsche Politi­ke­rin der von Russland angegrif­fe­nen Ukrai­ne anhal­ten­de Unter­stüt­zung zusichern. Um den Schul­ter­schluss mit dem Land zu bekräf­ti­gen, wird die ukrai­ni­sche First Lady Olena Selen­s­ka als Ehren­gast im Straß­bur­ger Europa­par­la­ment anwesend sein.

Rede zur Lage der Union immer im September

Die Rede zur Lage der Union wird jedes Jahr im Septem­ber vom EU-Kommis­si­ons­prä­si­den­ten oder der ‑präsi­den­tin gehal­ten. Sie ist an die ameri­ka­ni­sche Rede zur Lage der Nation angelehnt, die als eine der wichtigs­ten Reden des US-Präsi­den­ten gilt.

Ein zentra­ler Aspekt der Rede sind wohl die hohen Energie­prei­se, die Verbrau­cher und Unter­neh­men belas­ten. Von der Leyens Kommis­si­on berei­tet seit Wochen Notfall­maß­nah­men gegen die hohen Strom­prei­se vor. Ein Geset­zes­vor­schlag wird für diesen Nachmit­tag erwar­tet, von der Leyen dürfte erste Details nennen. Der Vorschlag wird wohl darauf abzie­len, insbe­son­de­re die hohen Gewin­ne von Energie­un­ter­neh­men abzuschöp­fen und Verbrau­cher mit dem Geld zu entlasten.

EU-Energie­kom­mis­sa­rin Kadri Simson kündig­te bereits am Diens­tag an, dass Strom­pro­du­zen­ten, die Strom aus billi­ge­ren Quellen als Gas produ­zie­ren — Sonne, Wind, Atomkraft oder Kohle etwa — ihren Erlös ab einer gewis­sen Obergren­ze an den Staat zahlen sollen. Damit sollen dann Entlas­tun­gen für die Verbrau­cher finan­ziert werden. Die Strom­prei­se werden derzeit von den hohen Gasprei­sen getrie­ben. Atomkraft­wer­ke oder Windfar­men machen dadurch große Gewin­ne, die nun abgeschöpft werden sollen.

Maßnah­men gegen Energie­kri­se erwartet

Simson zufol­ge wird von der Leyen zudem Maßnah­men vorstel­len, um große Gewin­ne von Öl- und Gasun­ter­neh­men sowie von Raffi­ne­rien abzuschöp­fen. Das soll über einen sogenann­ten Solida­ri­täts­bei­trag gesche­hen. Vorge­se­hen seien auch verpflich­ten­de Strom­spar­maß­nah­men, um den Verbrauch vor allem in Spitzen­zei­ten wie morgens und abends zu reduzie­ren, sagte Simson.

Es sind teils radika­le Maßnah­men, die noch vor wenigen Wochen beina­he undenk­bar gewesen wären. Nun muss alles ganz schnell gehen — und die Einig­keit unter der 27 EU-Staaten muss ebenso erhal­ten bleiben. Denn Ende des Monats beraten die EU-Energie­mi­nis­ter über die Vorschlä­ge der Kommission.

Wenig geschlos­sen hat die EU sich in den vergan­ge­nen Jahren mit Blick auf Fragen des Rechts­staats gezeigt. Der Streit mit Polen und Ungarn wird schon lange auf offener Bühne ausge­tra­gen. Kriti­ker der Regie­run­gen in Warschau und Budapest werfen den Ländern vor, rechts­staat­li­che Prinzi­pi­en zu unter­gra­ben und demokra­ti­sche Werte immer weiter zu verwäs­sern. Ungarn hatte in den vergan­ge­nen Monaten zudem immer wieder die geschlos­se­ne EU-Haltung gegen­über Russland auf die Probe gestellt. So wurden etwa Sanktio­nen gegen Russland verzö­gert, in Moskau um mehr Gas gebeten oder Straf­maß­nah­men auf Drängen Ungarns abgeschwächt.