Woher stammt das Corona­vi­rus? Das heraus­zu­fin­den kann helfen, ähnli­che Pande­mien in Zukunft zu verhin­dern. Die Suche ist ein politi­sches Minen­feld. Das hat auch mit dem Ex-US-Präsi­den­ten Trump zu tun.

GENF/AMSTERDAM (dpa) — Der Ursprung der weltwei­ten Corona­pan­de­mie liegt aller Wahrschein­lich­keit nach im Tierreich. Diese schon mehrfach geäußer­te These unter­mau­ert auch das Exper­ten­team, das im Auftrag der Weltge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on (WHO) im Januar und Febru­ar im chine­si­schen Wuhan war.

Das Team beurteilt es in seinem mit Spannung erwar­te­ten Abschluss­be­richt zu der Reise als «wahrschein­lich bis sehr wahrschein­lich», dass das Virus von einem Tier über einen Zwischen­wirt auf den Menschen überge­sprun­gen ist. Der Bericht lag der der Deutschen Presse-Agentur in Genf vor. Die These, dass das Virus aus Verse­hen aus einem Viren-Labor entwich und sich verbrei­te­te, gilt demnach als «extrem unwahr­schein­li­cher Weg».

Die drei Labore in Wuhan, die mit Corona­vi­ren arbei­ten, seien gut gemanagt und hätten keiner­lei Fälle von Atemwegs­er­kran­kun­gen in den Wochen und Monaten vor Dezem­ber 2019 verzeich­net, heißt es in dem Bericht. Nach ihren Angaben sei vor dem Ausbruch auch nicht mit diesen Viren gearbei­tet worden. Nicht unter­sucht wurde die Hypothe­se einer absicht­li­chen Verbrei­tung oder absicht­li­chen Herstel­lung des Sars-Cov‑2 zur Verbrei­tung, wie es weiter hieß. «Letzte­res wurde von anderen Wissen­schaft­lern nach Analy­sen der Genome ausgeschlossen.»

Die WHO will den Bericht am Diens­tag zunächst den 194 Mitglieds­län­dern präsen­tie­ren und ihn anschlie­ßend am Nachmit­tag veröf­fent­li­chen. Zuvor hatten einige Medien aus dem Entwurf zitiert.

WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebrey­e­sus wollte sich am Montag noch nicht zu Einzel­hei­ten äußern. Er beton­te aber mehrfach: «Alle Hypothe­sen sind auf dem Tisch und müssen weiter unter­sucht werden.»

Die nieder­län­di­sche Virolo­gin Marion Koopmans, die Teil des Teams war, wies die Darstel­lung zurück, dass die Wissen­schaft­ler in China nicht frei hätten arbei­ten können. Das hätten sie und das Team nicht so empfun­den. «Es ging nun einmal um eine sehr komple­xe Unter­su­chung», sagte Koopmans. Daran seien sehr viele Menschen aus vielen Berei­chen betei­ligt gewesen. Dann könne man nicht einfach schnell alle Daten erwar­ten. «So funktio­niert das nicht.»

Die WHO-Exper­ten­rei­se nach China war im geopo­li­ti­schen Umfeld mit den Spannun­gen zwischen den USA und China von Anfang an höchst heikel. Der frühe­re US-Präsi­dent Donald Trump sprach vom «Wuhan-Virus» oder «China-Virus» und warf China vor, die weltwei­te Ausbrei­tung nicht recht­zei­tig gestoppt zu haben. Peking war deshalb um so mehr darauf bedacht zu verhin­dern, als Urheber der Pande­mie an den Pranger gestellt zu werden. So hat China den Besuch der unabhän­gi­gen Exper­ten monate­lang hinaus­ge­zö­gert. Um die Teilneh­mer und das genaue Arbeits­pro­gramm wurde ewig gefeilscht.

Team-Leiter Peter Ben Embarek räumte spezi­el­le Arbeits­be­din­gun­gen ein. «Die Politik stand immer im Raum», sagte der dänische Wissen­schaft­ler der Zeitschrift «Science». «Wir hatten zwischen 30 und 60 Kolle­gen, und viele von ihnen waren keine Wissen­schaft­ler, nicht aus dem Bereich öffent­li­che Gesund­heit.» Das WHO-Team umfass­te 17 Exper­ten, die die Arbeit teils aus dem Ausland unterstützten.

Das Team hatte zum Ende der Missi­on Anfang Febru­ar gesagt, es sei «extrem unwahr­schein­lich», dass das Virus aus einem Labor in Wuhan entwi­chen sei. Kriti­ker argwöhn­ten, dass dies auf chine­si­schen Druck hin passier­te. In «Science» vertei­dig­te Embarek die Einschät­zung. Das Team habe von dritter Seite keine belast­ba­ren Hinwei­se erhal­ten, um anders­lau­ten­de Vermu­tun­gen zu stützen. Er fügte hinzu: «Die Tatsa­che, dass die die Hypothe­se als extrem unwahr­schein­lich einge­stuft wird, heißt nicht, dass sie unmög­lich ist. Wir schlie­ßen diese Tür nicht.»

China pocht darauf, auch in anderen Ländern nach einem mögli­chen Ursprung des Virus zu suchen. Die Regie­rung propa­giert die These, das Virus könne auch aus dem Ausland über tiefge­fro­re­ne Lebens­mit­tel nach China einge­schleppt worden sein. Auf einigen Import­pro­duk­ten waren Viren gefun­den worden. Das hat Embarek aber schon mehrfach als höchst unwahr­schein­lich zurück­ge­wie­sen. Es stelle sich allen­falls die Frage, ob die Viren über den lokalen Handel mit Tiefkühl­pro­duk­ten aus Südchi­na nach Wuhan gebracht wurden, sagte er Mitte Februar.