Öffnungen ja — aber vorsichtig: Das ist der Tenor wenige Tage vor der entscheidenden Bund-Länder-Runde. Bei vielen wächst die Angst, dass die dritte Welle nach Ostern mit voller Wucht durchs Land rollt.
BERLIN (dpa) — Wenige Tage vor den neuen Bund-Länder-Beratungen zur Corona-Pandemie wird der Ruf nach mehr Freiheiten lauter. Gleichzeitig mehren sich eindringliche Warnungen vor einer mit Wucht durch Deutschland rollenden dritten Infektionswelle mit der gefährlicheren Virusvariante.
Bereits am Samstag kletterte die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner um 1,2 auf 63,8. Am Sonntag verharrte diese Inzidenz laut Robert Koch-Institut (RKI) dort. Die Inzidenz war infolge des Lockdowns bis Mitte Februar gesunken und dann mit leichtem Auf und Ab gestiegen.
Verantwortlich für die wachsenden Zahlen machen die Wissenschaftler die ansteckendere und wohl auch tödlichere Mutation B.1.1.7, die zuerst in Großbritannien etwa London lahmgelegt hatte. Ihr Anteil an den Infektionen war laut den führenden Laboren in Deutschland schon vorvergangene Woche auf 30 Prozent gestiegen und dürfte laut Wissenschaftlern absehbar das Geschehen dominieren.
Am 10. Februar hatten Bund und Länder den Winter-Lockdown bis 7. März verlängert — mit Ausnahme von Schulen, Kitas und Friseuren. Den nächsten Schritt sollte es eigentlich erst bei einer stabilen 7‑Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 geben.
ÖFFNUNGSPLÄNE:
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte an, ab Frühling könne es gängige Praxis werden, dass Gaststätten, Museen und Geschäften öffnen. Dafür sollen sie bei Kunden Schnelltests durchführen, wie sie «Bild am Sonntag» sagte. «Wir müssen den Menschen sagen, in welchen Schritten wir vorangehen wollen», sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Schwerin.
Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) setzt auf schnelles Reagieren vor Ort. «Niemand hat etwas davon, wenn wir Geschäfte öffnen und kurz danach wieder schließen», sagte er im Deutschlandfunk. Nötig seien «sehr klare, präzise Festlegungen» von Bund und Ländern inklusive Teststrategie — «eine Lösung aus einem Guss».
Deutschland wird sich dabei nach Einschätzung von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) an seiner Hauptstadt orientieren. «Grundlage wird ein Stufenplan sein, den wir in Berlin schon formuliert haben», sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz der dpa. Der Berliner Plan sieht abgestufte Öffnungen vor, etwa für Sport für Kinder bis 12, für Restaurant-Terrassen, Geschäfte oder Theater. Müller sagte, zu dem Plan zählten Schritte auch bei wieder steigenden Infektionszahlen.
Das RKI hatte bereits einen Plan vorgeschlagen — für regionale Öffnungen und Schließungen. Öffnungen soll es demnach erst bei einem milderen Infektionsverlauf in einem überwiegenden Teil der Kreise geben. Neben der Sieben-Tage-Inzidenz soll es ankommen auf: die Auslastung der Intensivstationen, Klinikfälle bei Älteren und die Chancen auf Nachverfolgen von Kontaktpersonen.
PROGNOSEN ZUR DRITTEN WELLE:
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte der «Bild am Sonntag»: «Öffnen ja — aber mit Vorsicht. Sonst droht ein Blindflug in die dritte Welle.» Der Saarbrücker Experte für Corona-Prognosen, Thorsten Lehr, sagte der dpa: «Auch wenn