ESSEN (dpa) — «Feuer! Feuer!» Am frühen Montag­mor­gen gerät in Essen ein großer Wohnkom­plex in Brand, Sturm­bö­en fachen das Feuer zusätz­lich an. Ein Anwoh­ner schil­dert eine drama­ti­sche Rettungsaktion.

Einen solchen Brand hat die Essener Feuer­wehr noch nicht erlebt: Ein riesi­ger Wohnkom­plex mit etwa 100 Bewoh­nern steht seit dem frühen Montag­mor­gen plötz­lich in Flammen.

Die Windbö­en von Sturm «Antonia» fachen den Brand zusätz­lich an, so dass das Gebäu­de binnen kürzes­ter Zeit ausbrennt. Fast ein Wunder: Es wurden zunächst nur drei Verletz­te gemel­det. Sie kamen mit Rauch­ver­gif­tung ins Krankenhaus.

Etwa 100 Perso­nen seien aus dem Komplex in Sicher­heit gebracht worden, schil­der­te ein Feuer­wehr­spre­cher. Das entspre­che ungefähr der Zahl der dort wohnen­den Menschen. Man habe das zwar noch nicht genau überprü­fen können, «aber das kommt ungefähr hin». Die Feuer­wehr war mit 150 Einsatz­kräf­ten vor Ort. Ein Ende der Lösch­ar­bei­ten sei noch nicht abzuse­hen, sagte der Sprecher. «Das ist sehr schwie­rig und teilwei­se gefähr­lich für die Einsatz­kräf­te momen­tan, da in jede Wohnung reinzu­ge­hen.» Die Bewoh­ner wurden in einem nahege­le­ge­nen Hörsaal der Univer­si­tät untergebracht.

Der 35 Jahre alte Lennart Diedrich war als direk­ter Anwoh­ner einer der ersten Augen­zeu­gen des Feuers. «So um zwei Uhr war’s, als ich ins Bett gehen wollte und so die letzten Lichter ausge­macht habe und draußen “Feuer! Feuer!” geschrien wurde», berich­tet Diedrich der Deutschen Presse-Agentur. «Und dann hab ich aus dem Fenster geschaut, und da kam da, wo die Jalou­sien so auf Halbmast hängen, Rauch raus. Da hab ich gesagt: “Ok, das ist ernster.”»

Wind facht die Flammen an

Er versuch­te, die Feuer­wehr zu rufen, zog sich an und rannte raus. «Dann kamen schon von der ganzen anderen Gebäu­de­sei­te Flammen hochge­lo­dert. Es glich einem Infer­no. Der Wind peitsch­te die Flammen an — Funken.» Kurz darauf traf der erste Feuer­wehr­wa­gen ein. Die Feuer­wehr­leu­te liefen ins Haus und riefen dann: «Wir brauchen mal Hilfe!» Diedrich folgte dem Aufruf zusam­men mit zwei anderen Perso­nen. «Dann sind wir hochge­lau­fen in dem Treppen­haus da, zu dritt. Und da war ein Rollstuhl­fah­rer, der den Fahrstuhl natür­lich nicht mehr benut­zen konnte und nicht runter­ge­kom­men ist. Da haben wir den zu dritt runter­ge­tra­gen. Zwei hinten, ich hab vorne angepackt, haben ihn runter­ge­tra­gen. Dann kam die Polizei, und es wurde alles evakuiert.»

Es sei dann unheim­lich schnell gegan­gen. «Inner­halb von 20 Minuten stand das ganze Haus komplett in Flammen. Man hat das Gefühl, das ist ein Feuer-Infer­no, in dem man sich hier befin­det.» Am Montag­mor­gen schlu­gen immer noch Flammen aus dem ausge­brann­ten L‑förmigen Gebäudekomplex.

Aufgrund der Lösch­ar­bei­ten kam es zu Behin­de­run­gen im Berufs­ver­kehr. Die Segeroth­stra­ße und die Fried­rich-Ebert-Straße im Essener Westvier­tel waren nach Feuer­wehr-Angaben voll gesperrt. Das Westvier­tel grenzt unmit­tel­bar westlich an den Essener Stadt­kern an.

Erst kürzlich hatte die «WAZ» über eine Serie von Bränden in der Stadt berich­tet. Dreimal habe es inner­halb einer Woche im Elting­vier­tel nördlich des Stadt­kerns gebrannt.

Man werde so schnell wie möglich Ermitt­lun­gen dazu aufneh­men, sagte am Montag eine Polizei­spre­che­rin. Zurzeit werde noch gelöscht und dann müsse man sehen, wie schnell man die Brand­rui­ne betre­ten könne. «Aber danach ermit­teln wir natür­lich, wie es dazu kommen konnte.»

Von Helge Toben und Chris­toph Dries­sen, dpa