GÜTERSLOH (dpa) ‑Jedes Grund­schul­kind hat ein Recht auf Ganztags­be­treu­ung. In einer Studie wird aber Alarm geschla­gen: Wenn die Politik nicht handelt, bleibt das ein leeres Verspre­chen — denn es fehlt am Personal.

Jedes einzel­ne Grund­schul­kind hat künftig einen Anspruch auf Ganztags­be­treu­ung — für die Umset­zung bis Ende des Jahrzehnts fehlen einer Studie zufol­ge aber Zehntau­sen­de Erzie­he­rin­nen und Sozial­päd­ago­gen in Deutschland.

Die Bundes­län­der müssten gemein­sam mit allen Verant­wort­li­chen schon jetzt handeln, um dem steigen­den Perso­nal­man­gel in Grund­schu­len und Horten vorzu­beu­gen, sagte Anette Stein von der Bertels­mann Stiftung, die die Studie am Diens­tag veröffentlichte.

In diesen Regio­nen fehlen die meisten Fachkräfte

Insge­samt könnten mehr als 100.000 pädago­gi­sche Fachkräf­te fehlen. Vor allem im Westen wird die Umset­zung des Rechts­an­spruchs demnach schwie­rig, im Osten sollte dagegen der vergleichs­wei­se schlech­te­re Perso­nal­schlüs­sel auf West-Niveau verbes­sert werden. Am Geld schei­tert es der Studie zufol­ge nicht — es gibt schlicht zu wenige Menschen, die den Beruf ergrei­fen wollen.

Bund und Länder hatten im vergan­ge­nen Septem­ber einen Rechts­an­spruch auf Ganztags­be­treu­ung in der Grund­schu­le beschlos­sen, der schritt­wei­se einge­führt wird. Ab dem Schul­jahr 2026/2027 greift die Regelung bei Kindern der 1. Klasse, ab 2029/2030 bei allen Klassen.

Die Ausgangs­la­gen in den Bundes­län­dern unter­schei­den sich stark: Im Osten nutzen bereits heute im Schnitt 83 Prozent der Grund­schul­kin­der ein Ganztags­an­ge­bot. Dazu kommen 3,5 Prozent, die ein Übermit­tags­an­ge­bot bis 14.30 Uhr besuchen. Im Westen sind es dagegen nur 47 Prozent im Ganztag und 18 Prozent im Übermit­tags­an­ge­bot. Dafür hinkt die Perso­nal­aus­stat­tung im Osten hinter­her: In Horten etwa muss eine Vollzeit-Fachkraft dort rechne­risch mehr als doppelt so viele Kinder betreu­en wie eine Kolle­gin oder Kolle­ge im Westen.

Progno­se

Ein gutes Zeugnis stellt die Studie nur Berlin, Hamburg und Thürin­gen aus. Dort gibt es bis Ende des Jahrzehnts laut der Progno­se genügend Perso­nal, um jedem einzel­nen Grund­schul­kind einen Ganztags­platz anzubie­ten — und das bei einem guten Betreuungsschlüssel.

Auch alle weite­ren ostdeut­schen Bundes­län­der können bis 2030 jedem Kind ein Ganztags­an­ge­bot machen. Aller­dings plädiert die Bertels­mann Stiftung dafür, die perso­nel­le Situa­ti­on an Grund­schu­len und Horten zu verbes­sern. Würde man sich an Westdeutsch­land orien­tie­ren, wären laut der Progno­se dafür rund 26.000 zusätz­li­che Fachkräf­te nötig. Die könnten laut der Studie mit Bundes­mit­teln aus dem Ganztags­för­de­rungs­ge­setz finan­ziert werden.

Die westdeut­schen Bundes­län­der müssten sich dagegen auf den Platz­aus­bau konzen­trie­ren. Sollte jedem einzel­nen Kind in der Grund­schu­le ein Ganztags­an­ge­bot gemacht werden, bräuch­te es bis 2030 aber mehr als eine Milli­on zusätz­li­che Plätze und rund 76.000 Fachkräf­te. Selbst wenn nur die heuti­ge Quote Ostdeutsch­lands — wo mehr als vier von fünf Grund­schü­lern ganztags betreut werden — angepeilt würde, fehlten noch 55 000 Fachkräf­te. Und auch wenn ein Teil der Kinder weiter das Übermit­tags­an­ge­bot nutze, bliebe noch ein Minus von 34 000 Fachkräf­ten, heißt es in der Studie.

Exper­tin Stein von der Bertels­mann Stiftung forder­te eine «langfris­tig angeleg­te Fachkräf­te­of­fen­si­ve von Bund und Ländern». Für eine besse­re und bundes­ein­heit­li­che Ausstat­tung müsse die Politik jetzt gesetz­li­che Rahmen­be­din­gun­gen, genügend Ausbil­dungs­ka­pa­zi­tä­ten und Anrei­ze für den Einstieg ins Berufs­bild schaffen.