KÖLN (dpa) — René Cassel­ly sagt von sich selbst, er sei früher «nie der große Tänzer» gewesen. Dieses Urteil ist nun nicht mehr zu halten. Mit aller­hand waghal­si­gen Hebefi­gu­ren holt er den Sieg bei «Let’s Dance».

Er kam, er sprang und siegte: Der Zirkus­ar­tist René Cassel­ly hat die RTL-Show «Let’s Dance» gewonnen.

Mit einer Mischung aus spekta­ku­lä­ren Akroba­tik-Einla­gen und gefühl­vol­len Tanzbe­we­gun­gen sicher­te sich der 25-Jähri­ge zusam­men mit seiner Tanzpart­ne­rin Kathrin Menzin­ger den Sieg in der 15. Staffel der TV-Sendung. Das Finale glich einem kleinen Triumph­zug: Zuerst setzte die Fachju­ry das Paar auf den ersten Platz, anschlie­ßend bestä­tig­te das Fernseh­pu­bli­kum das Exper­ten­vo­tum. Am frühen Samstag­mor­gen hievte Cassel­ly schließ­lich jubelnd den Sieger-Pokal in Form einer dicken Disco­ku­gel in die Höhe.

Nötige «Gelas­sen­heit» verhalf zum Sieg

Dass er sich nun mit dem Titel «Dancing Star 2022» schmü­cken darf, sicker­te bei dem 25-Jähri­gen zunächst nur langsam ein. «Ich kann es eigent­lich immer noch kaum fassen», bekun­de­te er. Früher sei er «nie der große Tänzer» gewesen — sondern eher der Typ, der bei Partys stets mit einem Glas Wasser in der Ecke saß. Eigent­lich habe er auch nur die erste Show überste­hen wollen. Das habe ihm die nötige «Gelas­sen­heit» gegeben.

Abgegli­chen mit dem Urteil der Juroren musste man diese Selbst­be­schrei­bung als himmel­schrei­en­des Under­state­ment werten. Sie überhäuf­ten den Artis­ten mit Lob. «Ein Traum. Einfach ein Traum», urteil­te etwa Motsi Mabuse, nachdem Cassel­ly mit Menzin­ger einen Tango darge­bo­ten hatte. «Gänse­haut pur», befand Jorge González.

Selbst der gestren­ge und unbestech­li­che Wertungs­rich­ter Joachim Llambi («Sie können so viel buhen, wie Sie wollen — das macht mir nix aus!») war von der Leistung so angetan, dass er sich kaum rühren konnte. «Warum bin ich nicht aufge­stan­den?», fragte er, nachdem Cassel­ly vom Publi­kum in Köln-Ossen­dorf stehend bejubelt worden war. «Weil ich sprach­los war. Weil ich sprach­los war, wie sensa­tio­nell du das hier gemacht hast.» Der Artist selbst sagte: «Ich wollt Herrn Llambi auf jeden Fall stolz machen.» Llambi beschied ihm wie ein Vater: «Du hast mich stolz gemacht.» Aus seiner Sicht hatte Cassel­ly «mit großem Abstand» die beste Leistung im Finale geboten.

Reich­lich Punkte für Janin Ullmann

Das Nachse­hen hatte Modera­to­rin Janin Ullmann (40), die wegen ihrer Vorleis­tun­gen vielen Exper­ten als Favori­tin gegol­ten hatte. Sie bekam auch reich­lich Punkte, aber ebenso kleine­re Kriti­ken. Llambi mahnte etwa mehr «Lässig­keit» an. «Das war ein bisschen drüber», sagte er. Der dritte Platz ging an den ehema­li­gen paralym­pi­schen Sport­ler Mathi­as Mester (35). Er musste sich von Llambi anhören, er habe «vielleicht manch­mal einen Tick zu hart, nicht weich genug» getanzt.

Dafür zeigte der 1,42 Meter große Leicht­ath­let aber den humor­volls­ten Auftritt des Abends. Zusam­men mit Tanzpart­ne­rin Renata Lusin (34) tanzte er als blau bemal­ter Schlumpf über das Parkett — und erwehr­te sich sogar eines Angriffs des fiesen Schlumpf-Feindes Garga­mel. In dem ziemlich blauen Treiben scherz­te Modera­tor Jan Köppen: «Wenn Sie jetzt erst einschal­ten: Hier wird der Aufstieg von Schal­ke gefei­ert.» Köppen vertrat den «Let’s Dance»-Stammmoderator Daniel Hartwich, der krank­heits­be­dingt passen musste. Nach RTL-Angaben handel­te es sich aber nicht um eine Corona-Infektion.

Bei «Let’s Dance» tanzen Promis mit Profi-Tänzern. Im vergan­ge­nen Jahr holte sich der ehema­li­ge Profi-Fußbal­ler Rúrik Gísla­son im Outfit des hammer­schwin­gen­den Donner­gotts Thor den Sieg.

Damals schau­ten noch fast fünf Millio­nen das Finale, diesmal waren 3,94 Millio­nen vor den Bildschir­men dabei, was RTL für die fast vierstün­di­ge Show einen durch­schnitt­li­chen Markt­an­teil von 18,9 Prozent brachte.

Auch mal eine bluti­ge Lippe

Cassel­ly und Menzin­ger griffen diesmal gar nicht so tief in die Kostüm­kis­te, sondern zeigten vor allem bei ihrem letzten Tanz, warum sie es bis ins Finale geschafft hatten: Akroba­ti­sche Verren­kun­gen, Sprün­ge und waghal­si­ge Hebefi­gu­ren — auch unter Einsatz von Feuer­werk — wechsel­ten sich mit inten­si­ven, eher leise­ren Momen­ten ab. Ziel sei gewesen, «Sachen zu zeigen, die es noch nie bei “Let’s Dance”» gegeben habe, sagte Cassel­ly, der Menzin­ger während des Trainings auch schon mal im Eifer der Choreo­gra­phie verse­hent­lich eine bluti­ge Lippe verpasst hatte.

Der 25-Jähri­ge wurde in Hamburg geboren und ist Teil einer Zirkus­fa­mi­lie, die in siebter Genera­ti­on Artis­tik präsen­tiert. Bekannt­heit erlang­te er vor «Let’s Dance» mit Auftrit­ten in der RTL-Show «Ninja Warri­or Germa­ny», in der Kandi­da­ten sehr schwe­re Parcours durch­klet­tern müssen. 2021 holte er sich dort den Sieg. RTL-Shows zu gewin­nen hat in seiner Familie mittler­wei­le eine gewis­se Tradi­ti­on. Cousin Ramon Rossel­ly gelang dies bereits in der Casting-Sendung «Deutsch­land sucht den Superstar».

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa