Nach den Krawal­len am Kapitol ging alles blitz­schnell. Präsi­dent Donald Trump muss sich nun in einem Impeach­ment-Verfah­ren im Senat für seine Rolle bei den Ausschrei­tun­gen verant­wor­ten. Die Demokra­ten hoffen auf ein politi­sches «Erdbe­ben» im Senat.

Nach der Attacke seiner Anhän­ger auf das Kapitol muss sich Donald Trump als erster Präsi­dent in der US-Geschich­te einem zweiten Amtsent­he­bungs­ver­fah­ren stellen.

Neben allen 222 Demokra­ten stimm­ten am Mittwoch (Ortszeit) auch zehn von Trumps Republi­ka­nern im Reprä­sen­tan­ten­haus für die Eröff­nung eines neuen Impeach­ment-Verfah­rens. 197 Republi­ka­ner votier­ten dagegen. Trump muss sich damit im Senat wegen «Anstif­tung zum Aufruhr» verant­wor­ten. Der obers­te Republi­ka­ner im US-Senat, Mitch McCon­nell, will das Verfah­ren dort erst nach der Verei­di­gung von Trumps Nachfol­ger, Joe Biden, in der kommen­den Woche starten. Biden sagte, er hoffe, der Senat werde paral­lel noch genug Zeit haben, seine Kabinetts­mit­glie­der zu bestä­ti­gen und wichti­ge Geset­zes­vor­ha­ben zu beraten.

Aufge­brach­te Trump-Unter­stüt­zer waren am Mittwoch vergan­ge­ner Woche nach einer aufsta­cheln­den Rede des Präsi­den­ten in das Kapitol einge­drun­gen. Dort war zu dem Zeitpunkt der Kongress zusam­men­ge­kom­men, um den Wahlsieg Bidens formell zu bestä­ti­gen. Fünf Menschen kamen bei den Krawal­len ums Leben, darun­ter ein Polizist.

In der Resolu­ti­on zur Eröff­nung des Impeach­ment-Verfah­rens wird Trump für den Angriff persön­lich mitver­ant­wort­lich gemacht. Trump muss sich nun einem Impeach­ment-Verfah­ren im Senat stellen, das einem Gerichts­pro­zess ähnelt. Im Senat wäre eine Zweidrit­tel­mehr­heit nötig, um Trump am Ende zu verur­tei­len. Dafür müssten sich mindes­tens 17 republi­ka­ni­sche Senato­ren auf die Seite der Demokra­ten schla­gen. Ob es dazu kommen könnte, ist derzeit unklar.

Trump schei­det mit Bidens Verei­di­gung am Mittwoch kommen­der Woche automa­tisch aus dem Amt. Mit dem Impeach­ment-Verfah­ren wollen die Demokra­ten auch errei­chen, dass Trump für künfti­ge Regie­rungs­äm­ter gesperrt werden soll. Damit würde ihm eine etwaige Präsi­dent­schafts­kan­di­da­tur 2024 verwehrt. Deswe­gen ist die Impeach­ment-Initia­ti­ve mehr als ein symbo­li­scher Schritt. Führen­de Demokra­ten hatten außer­dem argumen­tiert, es sei wichtig, ein Beispiel zu setzen, um Trumps Vorge­hen zu verur­tei­len und damit auch mögli­chen ähnli­chen Verfeh­lun­gen künfti­ger Präsi­den­ten vorzubeugen.

McCon­nell teilte mit, angesichts der knappen Zeit sei es nicht möglich, ein Impeach­ment-Verfah­ren im Senat noch vor Bidens Verei­di­gung abzuschlie­ßen. Daher sei dem Land am meisten gedient, sich zunächst auf eine geord­ne­te Amtsüber­ga­be zu konzentrieren.

Biden sagte, er hoffe, der Senat werde einen Weg finden, das Amtsent­he­bungs­ver­fah­ren zu führen und gleich­zei­tig an anderen dringen­den Angele­gen­hei­ten für das Land zu arbei­ten. Es sei wichtig für seine Regie­rung, Schlüs­sel­po­si­tio­nen im Kabinett schnell zu beset­zen — dazu ist Biden auf den Senat angewie­sen, der diese Perso­na­li­en abseg­nen muss. Biden nannte auch den Kampf gegen die Corona-Pande­mie und Hilfen für die Wirtschaft als Themen, mit denen sich der Senat gleich zu seinem Amtsan­tritt beschäf­ti­gen müsse.

Wann genau das Verfah­ren im Senat begin­nen wird und wie lange es dauern könnte, ist unklar. Vor allem stellt sich die Frage, wie sich Trumps Republi­ka­ner in der Kammer positio­nie­ren werden. Einzel­ne Republi­ka­ner im Senat haben sich bereits offen gegen Trump gestellt, aber bisher kein Ja zum Impeach­ment zugesagt.

Der demokra­ti­sche Vorsit­zen­de des Geheim­dienst­aus­schus­ses im Reprä­sen­tan­ten­haus, Adam Schiff, sagte, es könne womög­lich ein politi­sches «Erdbe­ben» im Senat geben, das zur Mehrheit für ein Impeach­ment führen könnte. Schiff bezog sich auf einen Bericht der «New York Times», wonach McCon­nell intern erken­nen ließ, dass er ein Impeach­ment-Verfah­ren gegen Trump für gerecht­fer­tigt halte. Unter Berufung auf nicht näher genann­te Quellen aus McCon­nells Umfeld schrieb die Zeitung, dieser sei froh, dass das Verfah­ren angesto­ßen sei. Das könne es seiner Partei erleich­tern, sich von Trump zu lösen.

Bei der Sitzung im Reprä­sen­tan­ten­haus bezeich­ne­te die demokra­ti­sche Vorsit­zen­de der Kammer, Nancy Pelosi, Trump als eine «Gefahr für das Land». Der Republi­ka­ner habe «inlän­di­sche Terro­ris­ten» angesta­chelt, um sich gegen seine Wahlnie­der­la­ge zu wehren.

Auch der Minder­heits­füh­rer der Republi­ka­ner im Reprä­sen­tan­ten­haus, Kevin McCar­thy, sagte zwar: «Der Präsi­dent ist nicht ohne Schuld.» Der Präsi­dent trage Verant­wor­tung für den Angriff auf den Kongress durch einen aufrüh­re­ri­schen Mob. Es sei aber falsch, ihn deswe­gen in den letzten Tagen seiner Amtszeit des Amtes zu enthe­ben. Dies würde die politi­sche Spaltung des Landes nur verstär­ken, warnte er.

Kurz nach der Einlei­tung eines Amtsent­he­bungs­ver­fah­rens wandte sich Trump mit einem Aufruf zur Versöh­nung an die Nation. «Ich verur­tei­le eindeu­tig die Gewalt, die wir in der vergan­ge­nen Woche gesehen habe», sagte Trump in einer gut fünfmi­nü­ti­gen Video­bot­schaft, die das Weiße Haus veröf­fent­lich­te. «Gewalt und Vanda­lis­mus haben überhaupt keinen Platz in unserem Land.» Er rief die Bevöl­ke­rung dazu auf, Spannun­gen abzubau­en, Gemüter zu beruhi­gen und zum Frieden im Land beizu­tra­gen. Trump war bemüht, sich von seinen Anhän­gern zu distan­zie­ren, die das Kapitol erstürmt hatten. Mit Blick auf Berich­te über mögli­che weite­re gewalt­tä­ti­ge Protes­te in der Haupt­stadt Washing­ton und anderen Teilen des Landes in den nächs­ten Tagen rief Trump zum Gewalt­ver­zicht auf. Das Amtsent­he­bungs­ver­fah­ren erwähn­te er in dem Clip nicht.

Trump hatte bereits zuvor ein Amtsent­he­bungs­ver­fah­ren über sich ergehen lassen müssen — als erst dritter Präsi­dent in der US-Geschich­te. In dem ersten Verfah­ren musste er sich in der Ukrai­ne-Affäre wegen Macht­miss­brauchs und der Behin­de­rung von Kongress­ermitt­lun­gen verant­wor­ten. Am Ende wurde er mit der Mehrheit seiner Republi­ka­ner im Senat von allen Vorwür­fen freige­spro­chen. Seitdem haben sich jedoch einige Partei­kol­le­gen von ihm abgewandt. Die Krawal­le am Kapitol lösten auch unter ihnen große Empörung aus.